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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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jener Zeit nannte die Person sich jedenfalls Charline Evans.«
    »Und ihre Verbrechen sind also immerhin schlimm genug, daß die New Yorker Polizei eine kleine Armee hinter ihr herschickt«, sagte Oliver. Mr. Kimball schüttelte den Kopf. »O nein, Sir«, sagte er, »wir sind keine reguläre Polizei. Der Polizei könnte man in einer solchen Sache nicht vertrauen. Diese Burschen sind in der Regel so dumm, daß sie nicht einmal die Dinge wahrnehmen, die mit ihnen im gleichen Raum sind.« Er blähte sich ordentlich vor Wichtigkeit. »Nein, Sir«, sagte er, »wir arbeiten privat, im Auftrag und für Rechnung eines Mannes, der uns zu diesem Zweck eigens angestellt hat.«
    »Privat?« wiederholte Oliver und runzelte die Stirn.
    »Ja, Sir. Sehen Sie, einer der Männer, die von dieser Person erschossen wurden, war eine bekannte Persönlichkeit. Ein angesehener, reicher Mann; er besaß ein schönes Haus und die reizendste junge Frau, die Sie jemals gesehen haben. Die Dame ist, wie Sie sich leicht denken können, völlig gebrochen. Ihr Name ist Selkirk.« Garnet war innerlich so erregt, daß sie nicht einmal hörte, was Oliver antwortete. Es war nicht wahr, was der Mann da behauptete; es konnte nicht wahr sein.
    »Ja, Sir, so ist das«, fuhr der Feiste fort. »Ich sage es Ihnen wie es war. Die Person schoß Mr. Selkirk über den Haufen, weil – nun, ich will offen sein – er hatte sie ausgehalten, solange er Junggeselle war. Sie wissen, wie reiche junge Männer es zuweilen mit Künstlerinnen dieser Art halten. Tja. Aber als Mr. Selkirk dann geheiratet hatte, brach er mit dieser Person; er benahm sich eben so, wie sich ein gebildeter Mann in solchen Fällen benimmt. Aber sehen Sie, sie wollte ihn nicht gehen lassen, die Person. Er war sozusagen ihre letzte Chance. Sie war im ›Schmuckkasten‹ fertig. Nicht, daß die Mädchen im ›Schmuckkasten‹ dazu angehalten werden, sich wie die Engel zu benehmen, natürlich nicht, aber sie war selbst für ein so zweifelhaftes Theater zu liederlich. Trunksüchtig und liederlich, das war sie, die Person.«
    Garnet fühlte, wie der Zorn in ihr aufstieg. Was dieser Kerl schwätzte! Florinda war nicht trunksüchtig und nicht liederlich. Gestern abend hatte sie sich Milch bestellt, und heute morgen hatte sie ein Glas Wein verweigert. Sie sah ängstlich auf Oliver. Oliver sah sie nicht an, aber sie gewahrte die winzigen Fältchen in seinen Augenwinkeln. Sie hatte diese Fältchen nun schon oft gesehen. Sie zeigten an, daß Oliver nach außen höfliche Kühle wahrte, während er sich innerlich amüsierte.
    Mr. Kimball fuhr fort: »Diese Person hörte nicht auf, den armen Mr. Selkirk zu belästigen, aber er ließ ihr keinen Zweifel daran, daß er mit ihr fertig sei und nichts mehr mit ihr zu tun haben wolle. Nun, und als sie schließlich dahinter kam, daß es ihm ernst war, da folgte sie ihm eines Abends in den Spielpalast Alhambra in Park Row. Tja, sie folgte ihm, zog die Pistole und schoß ihn tot.« Er bewegte gewichtig den roten Kopf mit dem feisten Gesicht. »Nun hören Sie«, sagte er, »ist das nicht eine entsetzliche Sache?«
    »Entsetzlich, allerdings«, stimmte Oliver zu. Sein Gesicht schien ernst und unbewegt, aber die kleinen Fältchen in seinen Augenwinkeln zuckten hin und her. »Aber wie ist das«, sagte er, »sprachen Sie nicht von zwei Männern, die sie erschossen haben soll? Wer war der andere?«
    »Tja, Sir, den kennt man nicht weiter. Ein Mann namens Mallory. Einer der Männer, die in jener Nacht im Alhambra-Palast spielten; irgendein Bummler. Ich nehme an, die Person hat ihn nicht absichtlich erschossen. Hat mit der Pistole herumgeknallt. Wahrscheinlich ging einer der Schüsse fehl.« Wieder schüttelte Mr. Kimball sein gewichtiges Haupt. »Nun stellen Sie sich vor«, sagte er, »Sie werden es nicht glauben. Nach all diesen Geschichten ließ die Polizei diese Person ungeschoren. Sie kam tatsächlich unangefochten aus New York heraus. Sie verschwand und hielt sich höchstwahrscheinlich auch für völlig sicher.« Er legte eine Kunstpause ein, als wollte er den Höhepunkt seiner Erzählung vorbereiten und fuhr dann fort: »Aber was vermuten Sie, Sir, geschah nun?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Oliver trocken, »ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen.«
    »Nun, Sir, ich will es Ihnen sagen. Der arme Mr. Selkirk hatte einen Freund. Einen ausgezeichneten Gentleman, einen Mr. Reese. Dieser Ehrenmann vermochte den Gedanken einfach nicht zu ertragen, daß die

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