Kalifornische Sinfonie
doch werde er gegen sechs Uhr zurück sein, um seine trauernde Cousine zum Schiff zu bringen.
Garnet erzählte der Verkäuferin im Geschäft, daß sie die Trauersachen für eine Freundin kaufe, deren Mann heute morgen durch einen Unfall ums Leben gekommen sei. Die Verkäuferin kam gar nicht auf den Gedanken, diese Angaben anzuzweifeln. Das Geschäft, in dem sie bediente, war ja eben für Fälle dieser Art eingerichtet.
Es war alles sehr aufregend. Als Garnet zum Hotel zurückkam, mit Paketen, Kartons und Päckchen beladen, glich sie einer strahlenden Braut, die ihre Aussteuer zusammengekauft hat. Florinda erklärte, Oliver sei bereits dagewesen und habe Schiffskarte und Reisetaschen gebracht. »Kommen Sie«, sagte sie, »lassen Sie sehen, was Sie zusammengekauft haben.«
Sie hob ihre Röcke auf und setzte sich auf den Fußboden dicht neben den Berg von Paketen und Schachteln. Garnet begann ganze Lagen von Packpapier abzuwickeln; nach und nach kamen die Schmerz und Trauer erweckenden Dinge zum Vorschein. Florinda brach in schallendes Lachen aus, als sie die schwarze Pracht sah. Während Garnet das Kleid auf dem Bett ausbreitete, rumorte sie in den anderen Schachteln herum; staunend sah sie, daß Garnet offenbar an alles gedacht hatte. Sogar Haarbürste, Handspiegel und Handtücher hatte sie nicht vergessen. »Oh, Liebling, ich werde mit einer vollendeten Luxusausstattung reisen«, rief sie entzückt. »Ach, du lieber Himmel, nun sehen Sie sich diese Pracht von schwarzen Baumwollstrümpfen an! Und gleich so viele!«
»Sie können doch nicht mit einem Paar Strümpfen bis St. Louis reisen«, sagte Garnet. Sie ging zur Kommode und zog eine Schublade auf. »Fertige Wäsche, die Ihnen zuzumuten wäre, konnte ich nicht auftreiben«, sagte sie, »ich gebe Ihnen deshalb von mir ein Nachthemd –
»Aber Garnet, das kann ich nicht annehmen.«
»Selbstverständlich können Sie das, und auch einige Hemden und Hosen.« Sie lächelte über die Schultern zurück. »Ich sah ja vorhin, was für tadellose Wäsche Sie tragen. An Ihre eigenen Sachen können Sie nicht heran, und natürlich können Sie nicht ohne Wäschewechsel eine so große Reise machen.«
»Lieber Gott, Garnet, woran Sie alles denken!« kicherte Florinda, »sogar an meine Hosen. Sie sind wahrhaftig ein Engel!«
»Soll ich Ihnen nicht beim Packen helfen?«
»Aber nein. Wenn man bei der Bühne ist, ist man daran gewöhnt, zu packen. Lassen Sie mich nur machen.« Sie nahm ganze Hände voll Einwickelpapier aus den Kartons und Schachteln heraus. »Das wird gut sein, um das Zeug vor dem Zerdrücktwerden zu bewahren«, sagte sie. »Ich werde jetzt erst mal das Marderpelzcape einpacken. Wie gut, daß ich es heute gerade trug.«
»Wenn Sie das Kleid wechseln, wird es vielleicht gut sein, ein paar Unterröcke auszuziehen«, sagte Garnet. »Röcke von Trauerkleidern werden nicht so weit getragen. Wieviel Unterröcke haben Sie an?«
»Sieben.«
»Legen Sie vier davon in eine Reisetasche.«
»Ausgezeichnet. Ich werde Platz dafür lassen.«
Florinda faltete das Pelzcape über ihren Knien. Garnet sah, daß sie noch immer die Handschuhe trug. Sonderbar! dachte sie. Es muß doch sehr hinderlich sein, mit behandschuhten Händen zu packen. Florinda schien das offenbar nicht zu finden. Garnet rollte sich auf dem Bett zusammen und gab einige Ratschläge für die Reise.
»Wenn Sie die meiste Zeit in Ihrer Kabine bleiben«, schloß sie, »wird niemand etwas dabei finden. Trotzdem sollten Sie bei gutem Wetter dann und wann an Deck sitzen, um frische Luft zu bekommen.«
»Ich verstehe.« Florinda drehte ein Stück Papier zwischen Daumen und Zeigefinger. »Garnet«, sagte sie leise, »ich kann mich schlecht ausdrücken, aber wenn ich Sie ansehe, wird mir ganz warm. Ich könnte Sie umarmen.«
Garnet antwortete nicht gleich. Schließlich sagte sie: »Aber Sie brauchen mir wirklich nicht zu danken. Sie haben mir zu einer großartigen Zeit verholfen. Sie haben eine so wundervolle Art, das Leben zu sehen und zu nehmen. Dazu kommt die Atmosphäre des Theaters, Ihr Äußeres, die Luft, die um Sie herum ist. Es strahlt etwas von Ihnen aus, das jedermann dazu zwingt, Ihnen zuzujubeln.«
Florinda legte den Pelz in die Reisetasche und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Garnet«, sagte sie, »wie leben Sie denn? Was tun Sie? Was haben Sie getan, bevor Sie Oliver heirateten?«
»Was soll ich getan haben? Was alle Mädchen tun. Das wissen Sie doch schließlich.«
»Ich habe keine Ahnung,
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