Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
Körper zu durchlaufen; sie atmete kurz und schwer. »Mr. Hale«, flüsterte sie, »ist es Ihnen nie geschehen, daß Sie über eine Sache nicht sprechen konnten? Gab es nie in Ihrem Leben etwas, das Sie tief in Ihr Inneres hinabstoßen mußten, um es zu vergessen? Von dem Sie wußten, daß es Sie verrückt machen würde, wenn Sie es nicht vergäßen?«
    Oliver antwortete nicht, aber er rückte auf seinem Stuhl hin und her, als ob er sich unbehaglich fühlte. Er kannte ganz offensichtlich nichts dergleichen; Dinge dieser Art waren ihm in seinem ganzen Leben nicht widerfahren. Garnet las das in seinem Gesicht. Sie ertappte sich bei der heimlichen Frage, ob Oliver wohl jemals im Leben irgendeine tiefere Erfahrung gemacht habe. Freilich, sie hatte solch eine Erfahrung auch noch nicht gemacht; dennoch hatte sie jetzt, da sie über diese Dinge nachdachte, das sichere Gefühl, das alles zu verstehen. Florinda sagte, ohne den Kopf zu heben: »Bitte helfen Sie mir, hier herauszukommen. Ich kann bezahlen, was es kostet. Es ist völlig gleichgültig, wohin ich gehe. Ich kann beispielsweise nach Europa gehen. Ich kann nach Südamerika gehen oder in irgendein kleines Nest stromauf, und mein Leben mit Näharbeiten fristen. Ich werde jedenfalls nie irgendeinem Menschen Ungelegenheiten machen. Nur helfen Sie mir, daß man mich nicht nach New York zurückschafft.«
    Oliver stand auf. »Mein Gott, Florinda«, rief er, »was denken Sie denn von mir? Sie haben mich mißverstanden. Es tut mir leid.« Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Ich bin überzeugt, daß Sie das New Yorker Staatsgefängnis nicht verdient haben«, sagte er. »Und ich bin der Meinung, daß mich alles andere nichts angeht.«
    Florinda hob den Kopf. »Ich danke Ihnen«, sagte sie still. »Ich danke Ihnen. Und bitte –; ein schmerzliches Lächeln umspielte ihre Lippen – »verzeihen Sie mir, daß ich Ihnen lästig fiel. Ich möchte nicht noch einmal scheitern.«
    Oliver lächelte nun auch. »Halten Sie ein!« rief er; »seien Sie um Gottes willen nicht sentimental!« Er sah zu Garnet hinüber; das Zucken in seinen Augen-und Mundwinkeln war wieder da. »Laßt uns also überlegen«, sagte er; »das Hotel ist von Spionen umstellt wie ein belagertes Fort, und in Florindas Zimmer sitzt einer und wartet; wir können nicht hinein, um ihre Sachen herauszuholen. Wir werden also nachdenken müssen, wie wir Florinda aus dem Hotel und aus der Stadt herausbringen.«
    Achtes Kapitel
    Sie untersuchten das Problem von allen Seiten. Florinda wußte nicht, was für Männer als Wachen an den Hoteltüren aufgestellt waren, aber sie vermutete, daß Reese Männer gedungen hatte, die sie vom Ansehen kannten. Sie hatte ihr Leben lang auf Bühnen gestanden; Tausende von Menschen wußten, wie sie aussah.
    Oliver sagte: »Hier liegt die Schwierigkeit. Ich glaube nicht, daß es schwer ist, Sie auf irgendein Schiff zu bringen. Wichtig ist nur, daß wir Sie durch die Hoteltür und in eine Kutsche schaffen. Ich fürchte, daß wird nicht ganz einfach sein.«
    Florinda stützte ihr Kinn mit der Hand. »Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit, mich in eine etwas weniger auffällige Erscheinung zu verwandeln?« sagte sie. Garnet mußte unwillkürlich lachen. Es war ja wohl auch schwierig, sich jemand wie Florinda als unauffällige Erscheinung vorzustellen.
    Florinda sah, quer durch das Zimmer blickend, an der gegenüberliegenden Wand ihr juwelengeschmücktes Spiegelbild. »Ein Kostüm«, sagte sie, »irgendein anderes Kostüm könnte vielleicht helfen.«
    Oliver schüttelte den Kopf. »Ein unauffälliges Kleid ließe sich natürlich ohne weiteres besorgen«, sagte er, »aber –; seine Augen glitten über ihr weißleuchtendes Haar und über ihre schlanke Figur – »ich fürchte, das reicht nicht.«
    »Hölle und Schinkenspeck!« fluchte Florinda.
    Sie schwiegen alle drei. Plötzlich stieß Garnet einen kleinen Schrei aus. »Ich hab’s!« rief sie, »o Florinda, ich hab’s! Wollen Sie alles tun, was ich Ihnen sage?«
    Florinda sah sie an. »Aber ja, Liebling«, sagte sie, »selbstverständlich will ich. Was meinen Sie?«
    »Hören Sie zu. Wenn Sie es fertigbringen, den Mund zu halten, vor allem auf Worte wie ›Verdammt‹ und ›Hölle und Teufel‹ und ›Whisky und Gin‹ zu verzichten –
    »Aber Liebe! Ich werde wie ein Pensionatsfräulein reden, wenn es sein muß. Was sonst noch?«
    »Es gibt nur eine einzige Gattung von Frauen, die mit verdecktem Gesicht und in einer die Figur

Weitere Kostenlose Bücher