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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Händen am Sitz fest, stemmte die Füße gegen das dafür vorgesehene Brett und entspannte die Muskeln. In den ersten Tagen der Reise hatte sie so steif und hölzern in der Kutsche gesessen, als bewege sie sich über die gepflegte Hauptstraße einer Großstadt. Das war ihr teuer zu stehen gekommen; ihr ganzer Körper war voller grüner und blauer Flecke, voller Beulen und Brauschen. Inzwischen hatte sie gelernt, sich locker und elastisch zu halten; jetzt machte ihr das unausgesetzte Stoßen und Rütteln des Wagens nichts mehr aus. Die Kutschenräder glitten in das von Büffeln gebildete tiefe Schlammloch hinein; der Wagen ächzte und stöhnte, als wolle er auseinanderbrechen. Oliver schrie auf die Maulesel ein, die alle Mühe hatten, das schwere Gefährt wieder aus der Senke herauszuziehen. Aber schließlich schafften sie es, und die Kutsche schaukelte wieder in ihrem gewöhnlichen Rhythmus dahin.
    »In Ordnung?« fragte Garnet.
    »In Ordnung«, sagte Oliver.
    Garnet setzte sich seufzend zurecht. Diese Schmutzlöcher hatten es in sich, sie waren eine schreckliche Plage. Garnet fragte sich, was wohl Tausende von Büffeln veranlassen konnte, sich an ein und derselben Stelle herumzusielen. Offenbar waren Büffel die dümmsten Tiere der Welt. Garnet hatte beobachtet, wie sie in endlosen Reihen, den ganzen Horizont verdunkelnd, quer über die Prärie einem Wasserloch entgegenzogen. Schwerfällig schwankend, ruhig, stetig und unaufhaltsam kamen sie heran. Plötzlich fiel es dem an der Spitze trottenden Büffel ein, sich am Boden zu wälzen und seinen Buckel zu scheuern. Er rollte sich mehrmals hin und her, erhob sich wieder und trottete weiter. Aber nun war es, als hätte der Leitbüffel mit seinem Tun einen unzweideutigen Befehl gegeben. Der nächste Büffel nämlich wälzte sich auf genau dem gleichen Fleck. Der dritte folgte unverzüglich seinem Beispiel, und der vierte, fünfte und sechste und alle weiteren Tiere taten es ihm nach. Wenn dann der tausendste Büffel sich dort herumsielte, war längst eines dieser ungeheuren Löcher entstanden. Natürlich versuchte Oliver diese Schlammlöcher zu umfahren, aber das gelang ihm nur selten, denn wenn er sie durch die dichten Staubwolken erblickte, war es in der Regel zu spät, das schwere Gefährt noch herumzulenken.
    Olivers Stirn war tief gebräunt und vom Staub verkrustet. Er hatte sich seit dem Beginn der Reise nicht mehr rasiert, so daß ein wilder, zottiger Bart sein Gesicht überwucherte. Der Staub hatte sich in den Haaren so festgefressen, daß es aussah, als hinge der Bart voller Spinnweben. Ein alter verbeulter Hut schützte seinen Kopf vor der Sonne, und auch der Hut war von dichten Staubschichten bedeckt. Die Farbe seines Hemdes war ausgebleicht und die rauhen Hosen aus handgewebtem Stoff schienen völlig farblos. Er trug die Hemdärmel hochgerollt; seine Arme waren so tief gebräunt, daß die lichtbraunen Härchen auf der Haut beinahe weiß erschienen. Die Muskeln lagen unter der Haut wie Knoten und Stricke. Die Männer hatten auf dem Zug durch die Prärie harte Arbeit zu leisten; Garnet wußte jetzt, worauf die rauhen Hände zurückzuführen waren, die sie so befremdet hatten, als sie Oliver in New York zum erstenmal sah.
    Sie sah an sich selber herunter. Ihre Ärmel spannten sich um die Gelenke und die Nähte drückten. Die Kleider hatten ihr in New York tadellos gepaßt. Aber inzwischen hatte auch sie mit den Händen arbeiten müssen; ihre Muskeln hatten sich verstärkt; sie wirkte nicht mehr sehr damenhaft.
    Sie lächelte, während sie ihre gebräunten Hände betrachtete. »Ich hoffe, ich enttäusche deinen Bruder nicht gar zu sehr«, sagte sie. »Ich habe mich ziemlich verändert unterwegs und passe kaum noch in einen Salon.«
    Oliver streifte sie mit einem flüchtigen Blick. »Charles erwartet überhaupt nichts«, sagte er. »Er weiß doch gar nichts von dir.«
    »Natürlich nicht. Ich hatte nicht daran gedacht. Was meinst du: ob er mich leiden mag?«
    »Mache dir keinerlei Gedanken über Charles.« Das war so kurz, beinahe abweisend gesagt, daß Garnet unwillkürlich aufsah.
    »Wieso?« sagte sie, »was meinst du damit? Machst du dir – Sorgen seinetwegen?«
    »Nun, es könnte sein, daß er zunächst – ein bißchen schwierig ist«, sagte Oliver.
    »Aber warum?«
    »Oh, er wird natürlich – überrascht sein, mich verheiratet zu sehen. Das ist alles. Lieber Gott, Garnet, wir bleiben nicht in Kalifornien und wir fahren auch nicht wieder hin. Mach dir

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