Kalix - Die Werwölfin von London
Assistentin meiner Freundin Thrix? Dass die Zauberin mit einem Werwolf geschlafen hat, der so eng mit ihrer Schwester Kalix verbandelt ist, steckt so voller Verwicklungen, dass man sich kaum vorstellen kann, wohin es führen mag.«
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»Es wird nirgendwohin führen«, antwortete Thrix. »Weil niemand davon erfahren wird. Du darfst keinem ein Wort sagen.«
»Aber Thrix, meine Liebe«, protestierte Malveria. »Jetzt wirst du aber unvernünftig. Ich bin eine Hiyasta. Wir sind nicht gerade für unsere Diskretion bekannt.«
»Kein einziges Wort, Malveria, oder ich schwöre, ich werde nie wieder ein Kleid für dich entwerfen.«
Die Feuerkönigin zog einen Schmollmund und sah damit genau wie ein Model in einer Zeitschrift aus.
»Also wirklich, Zauberin, wie kaltherzig. Was ist nur aus der berühmten Werwolfleidenschaft geworden? Das ist eine gute Geschichte, und trotzdem verpflichtest du mich zur Verschwiegenheit, und nicht nur das, du weigerst dich auch noch, mir Einzelheiten zu verraten. Habe ich dich nicht erst letzten Monat damit unterhalten, dir von meinem intimen Erlebnis mit den drei Frost-geistern zu erzählen?«
Bei der Erinnerung musste die Feuerkönigin lächeln.
»Sie werden noch eine Weile abkühlen müssen, bevor sie wieder Frost machen können!«
Malveria lachte herzhaft über ihren eigenen Scherz.
»Drei gleichzeitig?«, fragte Ann.
»Ja. Haben Sie so etwas noch nie gemacht?«
»Es reicht!«, brüllte Thrix. »Kein Gerede mehr über Sex. Ich muss zu einem Meeting. Ann, holen Sie meine Unterlagen. Und tratschen Sie das nicht im Büro herum.«
»Nicht mal im Traum«, sagte Ann.
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I20
Moonglow fand es beunruhigend, dass Kalix Daniel geküsst hatte. Oder dass Daniel Kalix geküsst hatte, je nach Blickwinkel. Instinktiv wollte sie Daniel als dem Älteren die Schuld geben, aber vielleicht war das nicht fair. Kalix hatte ihre starke Persönlichkeit schon früher bewiesen.
Nach dem Kuss herrschte im Haus eine etwas angespannte Atmosphäre. Daniel war verlegen, und Kalix blieb in ihrem Zimmer, weil sie annahm, dass Moonglow böse auf sie war. »Wahrscheinlich trinkt sie Laudanum«, dachte Moonglow. Noch ein Problem. Moonglow überlegte, ob sie Kalix darauf ansprechen sollte, aber es war schwierig, mit der jungen Werwölfin über Probleme zu reden. Bei der leisesten Kritik zog sie sich in ein wütendes Schweigen zurück. Vielleicht sollte sie Kalix einfach machen lassen, was sie wollte.
Nach Herzenslust Laudanum nehmen, sich schneiden und nie essen. Aber Moonglow war dabei unbehaglich zumute. Kalix würde sicher zu Schaden kommen, wenn sie so weitermachte.
Jay hatte bemerkt, dass Moonglow oft geistesabwesend war. Es belastete ihre Beziehung und verschaffte ihr noch ein Problem. Sie fühlte sich erleichtert, als sie im College ankam. Die Keilschrift war schwierig genug, um ihre ganze Aufmerksamkeit zu beanspruchen. Weil Daniel erst nachmittags ins College kommen wollte, ging Moonglow zum Mittagessen allein in die Cafeteria und setzte sich mit einem Buch an einen Tisch. Sie war so vertieft in ihre Lektüre, dass sie es nicht bemerkte, als sich jemand an ihren Tisch setzte.
»Du lernst sogar beim Essen?«
Moonglow blickte sofort auf, als sie den schottischen Akzent erkannte. Vor ihr saß Markus. »Was machst du denn hier?«
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»Ich wollte mich bei dir bedanken«, sagte Markus mit sanfter Stimme.
Markus war jetzt sauber und gut gekleidet, seine Wunden waren verheilt. Sein haselnussbraunes Haar hing ihm dick und seidig in die Stirn. Er hatte leichte Schatten unter den Augen, sah aber bis auf die Trauer in seinen Zügen ebenso gut aus wie früher. Eine Weile lang sahen sie sich stumm an.
»Meine Freundin wurde getötet«, sagte Markus plötzlich.
Moonglow wusste nicht, was sie sagen sollte.
»Weißt du über unsere Familienprobleme Bescheid?«, fragte Markus.
Moonglow nickte.
»Sie ist zwischen die Fronten geraten. Ich glaube, wir hätten irgendwann geheiratet.«
Markus wollte noch etwas sagen, aber die Worte erstarben ihm auf den Lippen.
In einem Augenwinkel bildete sich eine Träne. Moonglow war von Mitgefühl überwältigt. Sie streckte die Hand aus und legte sie zum Trost auf seine Hand.
Markus ließ verzweifelt den Kopf hängen.
»Bist du in Gefahr?«, fragte Moonglow.
»Meine Freunde haben mich in ein sicheres Haus gebracht. Aber ich ertrage es nicht zurückzugehen. Ich sitze nur dort und denke an Talixia.«
Die Leute an den umliegenden Tischen beobachteten sie, aber Moonglow
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