Kalix - Die Werwölfin von London
aufgestoßen wurde und ein fremdes Mädchen ins Zimmer kam.
»Dachte ich doch, dass ich hier drinnen einen Werwolf gespürt habe«, sagte es.
Kalix sah auf. Das Mädchen war etwa siebzehn, schlank, knabenhaft und hübsch, es hatte braune Haut und kurze, in Spitzen hochstehende Haare, die beinahe weiß blondiert waren. Und das so schlecht, dass der dunkle Ansatz deutlich zu sehen war. Sie war recht seltsam gekleidet, zu einem glänzend silberfarbenen Korsett, das teuer wirkte, trug sie eine abgerissene Cargohose, die aussah, als hätte sie eine ganze Reihe schlimmer Unfälle hinter sich.
»Hi! Ich bin Vex«, sagte sie mit strahlendem Lächeln. Offenbar fiel ihr nicht auf, dass Kalix schwitzend und zitternd auf dem Boden kauerte.
Kalix kämpfte sich hoch. Ihr war es peinlich, dass eine Fremde sie in einem so jämmerlichen Zustand sah.
»Mein Gott, wie dünn du bist!«, rief Agrivex. »Großartig! Ich würde sterben, um so dünn zu sein!«
Kalix starrte sie überrascht an. Sie konnte spüren, dass ihre Besucherin eine Hiyasta war, ebenso wie Vex sie als Werwölfin erkannte. Was hatte noch eine Hiyasta hier zu suchen?
Daniel kam herein. »Tut mir leid, Kalix«, sagte er. »Sie ist einfach vor mir die Treppe raufgelaufen.«
»Du hast total tolle Haare«, meinte Vex begeistert. »Sie sind so lang. Durch Zauberei? Oder ist das nur so eine Werwolfsache?«
Sie drehte sich zu Daniel um.
»Sind ihre Haare nicht toll? Hast du so was schon mal gesehen? Sind sie nicht großartig?«
Daniel nickte zweifelnd. Er sah, dass es Kalix nicht gerade gut 266
ging, und machte sich Sorgen, weil sie unangekündigt in ihr Zimmer gestürmt waren. Agrivex sah sich inzwischen neugierig um.
»Das Zimmer ist aber klein. Wohnst du hier? Hat dir deine Mutter das Taschengeld gestrichen? Tante Malvie gibt mir so gut wie gar nichts, weißt du, das ist wirklich schlimm.«
Vex stockte mit besorgter Miene, weil ihr eingefallen war, dass sie Malveria nicht erwähnen sollte. Agrivex' Auftrag, Daniel zu verführen, sollte ein Geheimnis bleiben.
»Wer bist du?«, fragte Kalix.
»Nur eine Austauschstudentin, die mit Daniel nach Hause gekommen ist. Wir schlafen gleich miteinander.«
Daniel errötete bei diesen Worten. Vex plauderte fröhlich weiter.
»Es ist so cool, eine Werwölfin kennenzulernen, vor allem eine so dünne. Nicht, dass ich fett wäre, findest du mich fett? Wie hast du deine Haare so lang und dick bekommen? Sie sind einfach fantastisch. Du bist unheimlich hübsch!«
Ohne dass Kalix es merkte, klang ihre schlimme Angstattacke ab. Unter dem ständigen Ansturm von Vex' Komplimenten schien ihre Angst einfach dahinzuschmelzen.
»Können wir Freundinnen sein?«, fragte Vex. »In meinem Reich mag ich niemanden, die nerven alle nur. Gefällt dir mein Nagellack?«
»Moment mal«, sagte Daniel. »Was meinst du mit >in meinem Reich Du hast gesagt, du wärst aus Indien.«
Vex wirkte verwirrt. Malveria hatte sie noch einmal losgeschickt, um Daniel zu verführen, und sie sollte niemanden wissen lassen, dass sie kein normales Mädchen war.
»Vergiss das einfach«, sagte sie und grinste.
»Wieso kannst du eine Werwölfin erkennen?«
Vex runzelte die Stirn.
»Was soll das werden, ein Verhör? Bin ich nicht jung, schön und im Begriff, mit dir zu schlafen? Ist das der richtige Moment, mir tausend Fragen zu stellen?«
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»Wir haben uns bei einem Gig im College getroffen«, erklärte Daniel Kalix.
»Moonglow ist nicht aufgetaucht.«
»Malveria hat gar nicht erzählt, dass du mit einer Werwölfin zusammenwohnst«, sagte Vex. Sie stockte. »Vergiss das wieder.«
»Malveria? Bist du eine Hiyasta?«, fragte Daniel.
»Natürlich nicht! Was für eine lächerliche Vorstellung. Ha ha ha. Ich bin nur eine ganz durchschnittliche -«
»- totale Dummköpfin«, erklang eine vertraute Stimme. Als sich alle umdrehten, standen Malveria und Thrix in der Zimmertür. Die Feuerkönigin runzelte die Stirn.
»Agrivex, du bist eine Idiotin.«
Daniel trat hastig einen Schritt zurück.
»Du bist also wirklich eine Hiyasta.«
»He«, protestierte Vex. »Bei dir klingt das ja, als hätte ich die Pest.«
»Ich habe meine noch nicht adoptierte Nichte hergeschickt, um auf eure Sicherheit zu achten«, improvisierte Malveria sofort. »Ich war besorgt um das Wohlergehen von Kalix' Freunden. Ihr wisst ja, dass es gefährlich sein kann, sich mit den MacRinnalchs einzulassen.«
Vex versuchte mitzukommen. Als sie schließlich begriff, worauf Malveria
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