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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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dass Thrix offenbar nicht überzeugt war.
    »Meine Güte, liebste Thrix, warum starrst du mich so an? Du machst mir Angst, das ist ja wie bei einem Verhör. Kann eine gute Freundin sich nicht einfach auf deinem Sofa entspannen, ohne so gnadenlos ausgefragt zu werden?«
    Thrix zog leicht die Augenbrauen hoch.
    »Nun gut«, sagte Malveria. »Wenn du mir keine Ruhe lässt, gebe ich eben zu, dass ich gerne mit dir über eine Nebensächlichkeit reden würde.«

    Nachdem Malveria endlich auf den Punkt gekommen war, schilderte sie knapp die Ereignisse des Tages. Nach der ganzen Geschichte war Thrix über ihren Ausgang überrascht.
    »Vex ist weinend weggelaufen?«
    »Allerdings«, antwortete Malveria. »Es war sehr seltsam. Nor 401
    malerweise würde meine Nichte endlos Widerworte geben. Natürlich weint Agrivex manchmal auch wegen alberner Dinge und greift sogar zu hysterischen Auftritten, um sich bei neuen Stiefeln oder Ähnlichem durchzusetzen, aber dieses Mal war es irgendwie anders.«
    »Sie ist unglücklich verliebt«, sagte Thrix. »Das ist wahrscheinlich eine neue Erfahrung für sie.«
    Damit gab Malveria sich nicht zufrieden.
    »Das stimmt vielleicht. Aber ich bin nicht ganz überzeugt. Ich bin eine Expertin darin, die Auren unglücklich Verliebter zu deuten. Ich glaube, diese lächerliche Einbildung, wegen Daniel verzweifelt zu sein, ist ein Symptom für eine tiefer sitzende Traurigkeit. Allerdings weiß ich nicht, woher sie stammen könnte.«
    Die Feuerkönigin ließ die Flasche hochschweben und schenkte ihnen beiden Wein nach.
    »Ich bin bestürzt. Dabei weiß ich nicht einmal, warum. Agrivex ist ein solcher Hohlkopf - um deinen absolut passenden Ausdruck zu verwenden -, dass es ihr nur gut tun kann, wenn man sie an ihre Dummheit erinnert. Aber aus irgendeinem Grund, den ich nicht recht verstehe, wünschte ich, ich hätte sie nicht zum Weinen gebracht.«
    Malveria starrte in ihr Glas. Es überraschte Thrix, die Feuerkönigin richtig deprimiert zu sehen. Dieses Gefühl war bei ihr ungewohnt, es sei denn, es ging um Kleider.
    »Na ja«, sagte Thrix. »Ich glaube, das Problem könnte sein, dass du Vex mehr magst, als du zugibst. Ihr habt eine familiäre Bindung, würde ich sagen. Damit bin ich denkbar ungeeignet, dir einen Rat zu geben, weil alle Bindungen in meiner Familie destruktiv, schädlich und vielleicht sogar tödlich sind und ich seit Jahren versuche, ihr aus dem Weg zu gehen.«
    »Natürlich«, stimmte Malveria zu. »Das ist nur vernünftig.«
    Einen Moment lang saßen sie schweigend da und sahen sich ein hübsches japanisches Model an, das schwungvoll über den
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    Laufsteg marschierte. Sie trug ein enges, rotes Kleid, das beiden nicht besonders gefiel.
    »Vielleicht ist das tatsächlich das Problem«, sagte Malveria nachdenklich. »Das war sehr nachlässig von mir. Ich kann kaum glauben, dass ich mir gestattet habe, meine alberne Nichte so sehr zu mögen, dass ich jetzt bestürzt bin, weil ich sie zum Weinen gebracht habe. Habe ich erwähnt, dass sie behauptet hat, ich wäre zu alt, um ihre Probleme zu verstehen? Für diese unerhörte Beleidigung hätte ich sie völlig zu Recht hinrichten können.«
    Die Feuerkönigin sah Thrix an.
    »Findest du, ich bin zu streng mit ihr?«
    Darauf zu antworten fiel Thrix schwer. Sie wusste nicht, wie man normalerweise im Reich der Hiyastas mit jüngeren Verwandten umging.
    »Vielleicht ein wenig.«
    »Aber ich habe ihr ganzes Leben verwandelt. Vielleicht adoptiere ich sie sogar eines Tages offiziell. Sie war nur zu einem Leben als Tempelprostituierte oder rituellem Opfer bestimmt, und jetzt wohnt sie in meinem Palast im Luxus.«
    »Wahrscheinlich ist Luxus nicht alles«, sagte Thrix. »Ich habe noch nie gehört, dass du etwas anderes als idiotische Nichte oder elende Nichte oder Ähnliches zu ihr gesagt hast.«
    »Aber sie ist eine Idiotin. Das kann niemand abstreiten.«
    Thrix lachte.
    »Ich glaube, Vex hat auch ihre guten Seiten. Genau wie du, sonst würdest du dich nicht schon so lange um sie kümmern.« »Das könnte sein.«
    Sie leerten die Weinflasche und gingen zu Thrix' Whisky über. »Vielleicht ist Vex' Aura so seltsam, weil sie von jemandem kritisiert wird, vor dem sie große Achtung hat«, vermutete Thrix. Dieser Gedanke verwunderte Malveria.
    »Wenn Agrivex wirklich große Achtung vor mir haben sollte, hat sie sich bisher sehr gut verstellt. Bitte, Thrix, du machst mir 402
    ein schlechtes Gewissen, und das ist für die Königin der Hiyastas ein höchst

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