Kalix - Die Werwölfin von London
entfernt, sondern auch die Zauber, mit denen sie ihre Verbindung zu Gawain verdeckt hatte. Obwohl Gawains Aura nur noch schwach an Thrix haftete, hatte Vex sie erkannt. Thrix hatte einfach Pech, dass Malveria Agrivex zum Lernen getrieben hatte.
»Du jämmerlichstes aller jämmerlichen Mädchen«, fauchte die Feuerkönigin.
»Kannst du denn gar nichts richtig machen?«
»He«, sagte Vex. »Du hast mir gesagt, ich soll -«
Vorne im Saal erklang ein Knurren. Ein Knurren, das eigentlich nur aus der Kehle eines Werwolfs hätte stammen können, aber von einem Mädchen kam.
Kalix stand der Mund offen, ihre Augen funkelten wild. Sie trat einen Schritt von Gawain zurück, starrte erst ihn und dann Thrix an.
»Ich bringe dich um«, sagte sie. »Ich -«
Ihre restlichen Worte gingen unter, als der Notausgang aufgebrochen wurde und eine heulende Bande von Werwölfen in den Saal strömte, angeführt von den Douglas-MacPhees. Gleichzeitig brachen Sarapen, Andris und eine weitere Schar Werwölfe durch den Haupteingang und stürzten sich auf ihre Beute.
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Der Krämer legte den Telefonhörer auf. Ebenso wie alles andere in seinem Geschäft war das Telefon sehr alt, ein schwarzes Bakelitgerät, wie man sie heutzutage kaum noch fand. So war es MacDoig am liebsten.
»Es ist seltsam«, sagte er zu seinem Sohn, »wenn ein Mann -oder ein Werwolf -
vom Schlachtfeld aus anrufen und so rasch vom Stand der Dinge berichten kann. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als die Frauen wochenlang auf Nachricht von der Schlacht warteten und erst wussten, ob ihre Männer lebten oder tot waren, wenn ein berittener Bote kam.«
»Wie lauten denn die Neuigkeiten?«, fragte der junge MacDoig.
»Markus MacRinnalch hat Wallace MacGregor besiegt.« Der Krämer kratzte sich am Kinn. »Alles offen und ehrlich, heißt es.«
MacDoig nahm den Schürhaken aus Messing zur Hand und stocherte im Feuer.
Im Winter zog es in seinem alten Laden, und das Feuer brannte durchgehend.
»So heißt es«, wiederholte er.
»Glaubst du es nicht?«
»Ich halte die Wahrscheinlichkeit, dass die Herrin der Werwölfe Markus einen offenen und ehrlichen Kampf gegen Wallace MacGregor erlaubt hat, für sehr gering, mein Junge. Ich habe keinen Zweifel, dass sie mit einem Trick nachgeholfen hat. Verasa MacRinnalch ist eine gerissene Wölfin.«
MacDoig grübelte über die Neuigkeiten nach. Verasa hatte eine weitere Runde gewonnen.
»Die Burg gehört immer noch ihr. Uns schadet es nicht. Sie ist eine gute Kundin.«
»Aber Sarapen ist auch ein guter Kunde, Vater.«
»Wie wahr, wie wahr. Er knausert nicht, wenn es etwas zu erledigen gibt.«
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Der Krämer kicherte.
»Er wird noch Fürst, mein Sohn. Hör auf meine Worte.« Der Krämer nippte an seinem Whisky.
»Setz die Bestellung für Silberkugeln herunter. Soweit ich gehört habe, besitzt die Gilde deutlich weniger Jäger, die Nachschub brauchen.«
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Der Kampfrausch packte Kalix wie noch nie zuvor. Sie war schon wahnsinnig, bevor der Kampf überhaupt anfing. Die Entdeckung, dass Gawain mit Thrix geschlafen hatte, hatte sie niedergeschmettert. Als ein Werwolf sie ansprang, biss Kalix ihn so grimmig in den Hals, dass sie ihm fast den Kopf abriss. Sie brüllte auf, als sie Blut schmeckte, dann warf sie sich auf ihren nächsten Gegner.
Der kleine Saal war ein einziges blutiges Schlachtfeld voll grausamer Werwölfe.
Die Verteidiger waren zahlenmäßig unterlegen, aber es stand nicht ganz so hoffnungslos, wie es zuerst ausgesehen hatte. Sarapen hatte fünf Werwölfe an die Gilde verloren. Butix und Delix hatten sich unerwartet verwandeln können.
Es stand immer noch zwanzig gegen neun zu Sarapens Gunsten, aber zu seinen Gegnern gehörten Kalix, deren Wahnsinn im Kampf sie beinahe unaufhaltsam machte, Dominil mit ihrem unbeugsamen Willen und Gawain, der ebenso gut kämpfen konnte wie seine Kriegerahnen. Thrix, die älteste Tochter des Fürsten, zeigte sich im Kampf äußerst stark und schonungslos, und selbst die Zwillinge waren als Werwölfinnen mächtig. Außerdem hatten die Verteidiger noch Malveria. Wer die Feuerkönigin bisher nur gesehen hatte, wie sie wegen einem Paar Schuhe schluchzte, hätte sie nicht wiedererkannt. Malveria besaß ebenso viel Kraft wie ein Werwolf
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und hatte mehr Kampferfahrung als jeder andere im Saal. Sie schwang ihre Keule so geschickt, dass sie einen freien Bereich vor Agrivex schaffen, sie hochheben und nach hinten auf die Bühne in Sicherheit werfen konnte.
»Bleib da und
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