Kalix - Die Werwölfin von London
magst sie bestimmt, wenn du sie ein paar Mal gehört hast«, meinte Moonglow, an der jede Kritik einfach abprallte, wenn es um Kate Bush ging.
Zwischen zwölf und fünfzehn hatte Moonglow viel zu viel Zeit in ihrem Zimmer damit verbracht, ehrfurchtsvoll Kate Bush zu hören, um irgendwelche Kritik an ihr ernst zu nehmen.
»Jay mochte sie früher auch nicht, aber jetzt schon«, erzählte Moonglow.
»Wer ist Jay?«, fragte Kalix und zeigte damit zum ersten Mal Interesse an Daniels oder Moonglows Leben. »Mein Freund.« »Wie ist er so?«
»Er ist nett«, schwärmte Moonglow. »Er sieht gut aus und ist klug und wir gehen zusammen zu Konzerten, und er hat wirklich Ahnung von Astrologie.«
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»Was ist Astrologie?«, frage Kalix.
»Die Kunst, in den Sternen und Planeten die Zukunft zu lesen«, antwortete Moonglow etwas überrascht darüber, dass Kalix so etwas nicht wusste.
»Was wird denn passieren?«, fragte Kalix.
»Wann?«
»In der Zukunft.«
Moonglow brachte mühsam eine Antwort zusammen.
»Na ja, das ist eher so eine Art persönlicher Leitfaden.«
»Das ist totaler Mist«, platzte es aus Daniel heraus. »Die saugen sich das alles aus den Fingern.«
Kalix verlor das Interesse und fing an, eine Pizzaschachtel auszulecken. Ihre Zunge war erschreckend lang, passend zu ihren Zähnen. Aber nachdem Daniel und Moonglow sich an Kalix' Stimme gewöhnt hatten und sie verstanden, machte die Werwölfin ihnen keine Angst mehr. Sie fanden ihre pelzige Gestalt mittlerweile niedlich und hübsch. Moonglow verspürte den Drang, Kalix über das lange Fell zu streicheln, gab ihm aber klugerweise nicht nach. Sie machte sich Gedanken über Kalix' Gestalt. Eine Art Mensch-Tier-Mischung. Oder genauer Frau-Tier.
»Sehen alle Werwölfe gleich aus?«
»Was?«
»Na, halb Mensch, halb Wolf. Ich frage mich nur, ob sich manche Werwölfe auch in Wölfe verwandeln können. Also, ganz in einen Wolf.«
»Ich kann das«, sagte Kalix. »Alle reinblütigen MacRinnalchs können sich in Wölfe verwandeln, wenn sie wollen.« »Und warum machst düs nicht?«
»Weil man dann nicht so gut kämpfen kann«, antwortete Kalix. »Und Pfoten sind zu nichts zu gebrauchen. Damit ist es sogar schwer, Türen aufzumachen.
Man kann nicht sprechen. Und man kann nicht so klar denken.«
»Wann warst du das letzte Mal ganz Wolf?«
»Darüber will ich nicht reden«, sagte Kalix. »Das geht Menschen nichts an.«
»Tut mir leid.«
Unerwartet klingelte es an der Tür. »Haben wir die Nachbarn gestört?« Kalix war aufgesprungen und schnupperte. »Das ist diese dumme Hiyasta-Königin«, sagte sie und setzte sich wieder.
Moonglow ging zur Tür, um zu öffnen. Unten stand die Feuerkönigin. Sie trug ein elegantes blaues Kleid und war tränenüberströmt. Sie war so mitgenommen, dass sie nicht einmal sprechen konnte. Moonglow musste ihr ins Haus und die Treppe hinauf helfen. Als sie das Wohnzimmer erreichten, brach Malveria einfach auf dem Sofa zusammen und lag schluchzend da.
»Als Feuerkönigin hat man es wohl wirklich schwer«, flüsterte Daniel Moonglow zu. »Jedes Mal, wenn wir sie sehen, ist sie vollkommen hysterisch.«
Moonglow holte ein paar Taschentücher.
»Kann ich dir sonst noch etwas holen?«, fragte sie.
Malveria schüttelte den Kopf.
»Es hilft alles nichts«, weinte sie. »Nichts kann diesen Schmerz lindern.«
»Wie wäre es mit einem Tee?«
»Eine Tasse Tee wäre schön«, schluchzte Malveria, dann vergrub sie das Gesicht in den Taschentüchern und fing wieder an, unkontrollierbar zu weinen.
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Als Moonglow mit einer Kanne aus der Küche zurückkam, schluchzte die Feuerkönigin immer noch. Daniel wollte sie trösten und tätschelte ihr den Kopf, den sie gegen seine Schulter gelehnt hatte.
»Na, na, schon gut«, sagte Daniel. Er bemerkte, dass Moonglow ihn amüsiert beobachtete. Verlegen rückte er ein Stückchen weg, woraufhin Malveria noch lauter schluchzte und dann ihren Kopf auf seinen Schoß legte.
»Tee?«, fragte Moonglow.
Malveria konnte sich die Augen so weit trocken tupfen, dass sie die Tasse annehmen konnte, aber sie blieb mit dem Kopf auf Daniels Schoß liegen, was zum Trinken nicht die günstigste Position war. Eine Zeit lang kamen die einzigen Geräusche von Malveria, die zwischen vereinzelten Schluchzern an ihrem Tee nippte. Sie bot einen herzzerreißenden Anblick. Schließlich sah Malveria auf.
»Ich sehe bestimmt schrecklich aus«, sagte sie, und tatsächlich war ihr Gesicht dick von Make-up verschmiert. Ihr
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