Kalix - Die Werwölfin von London
Tochter von Kaiserin Asaratanti, aber das heißt nichts. Asaratanti hat viele Kinder, und man möchte gar nicht wissen, wer die Väter wohl sind. Aber diese sogenannte Prinzessin hat meine Kleider in letzter Zeit bei so vielen Gelegenheiten ausgestochen, dass es kein Zufall sein kann. Sieh dir nur dieses blaue Kleid an. Hast du je etwas so Schönes gesehen?«
Daniel war in puncto Frauenkleidern nicht gerade ein Experte, aber selbst er musste zugeben, dass dieses lange, seidige und hautenge Kleid sehr schön und außergewöhnlich war.
»Thrix hat geschworen, sie hätte das Kleid exklusiv für mich entworfen. Aber als ich zu der Cocktailparty von Hexe Livia zum Tod ihres drittgeborenen Sohnes erschienen bin, hat diese verhurte Prinzessin Kabachetka genau das gleiche Kleid getragen. Ich wusste gar nicht, was ich tun sollte. Bestimmt haben alle hinter meinem Rücken über mich geredet. Ich musste von dort einfach flüchten.«
Die Feuerkönigin seufzte.
»Bald bin ich das Gespött sämtlicher Königreiche.« Sie verzog das Gesicht zu einer böswilligen Miene. »Aber Königin Malveria wird von einer Werwolfzauberin keinen Verrat hinnehmen. Ich werde sie vernichten.«
Moonglow war besorgt. Thrix hatte sich ihr gegenüber zwar nicht besonders freundlich verhalten, aber sie war Kalix' Schwester, und sie hatte ihr das alte Amulett gegeben, um sie zu schützen.
»Ohne dich ärgern zu wollen: Es könnte noch eine andere Erklärung geben. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Thrix dich verraten würde.«
»Welche andere Erklärung könnte es geben?«
»Vielleicht einen Spion.«
»Einen Spion?«
Moonglow nickte.
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»Die gibt es in der Modewelt recht häufig. Das habe ich in der Elle gelesen.«
Malveria war sichtlich interessiert.
»In der Ausgabe mit Elle MacPherson auf dem Titelblatt?«
»Ich glaube, in der mit Kate Moss. In dem Artikel stand, dass einige Modehäuser zusätzliche Wachleute einstellen, weil andere Designer bei ihnen spioniert haben. Vielleicht hat diese Prinzessin einen Spion zu Thrix Fashions geschickt.«
Die Feuerkönigin überdachte das, einen Moment lang war sie tief in Gedanken versunken.
»Das wäre möglich. Ein so widerliches und erbärmliches Verhalten würde zu Prinzessin Kabachetka durchaus passen. Ich muss Thrix sofort benachrichtigen.
Ich werde einen Feuergeist rufen, der ihr meine Worte übermittelt. Allerdings wird ein Bote der Hiyastas nicht willkommen sein, während in Burg MacRinnalch eine Beerdigung stattfindet.«
Malveria ließ sich den Namen MacRinnalch so exotisch über die Zunge rollen, dass er richtig magisch klang.
»Oder du schreibst ihr einfach eine Mail«, schlug Moonglow vor.
»Diesen Vorgang begreife ich nicht.«
»Wenn du willst, zeige ich dir, wie es geht«, sagte Moonglow.
Als Feuergeist war Malveria menschliche Technologie nicht ganz geheuer, aber in dieser tiefen Krise nahm sie Moonglows Angebot an und folgte ihr nach oben in ihr Zimmer. Neugierig sah sie sich in Moonglows kleinem Schlafzimmer um.
Düstere Poster und jede Menge Ketten, Kerzen, Federn, Konzertkarten und anderes Sammelsurium hingen an den Wänden oder bedeckten den Tisch. Der kleine, dunkle Raum erinnerte Malveria an eine Höhle.
»Magst du kein Licht?«
Moonglow zuckte mit den Schultern.
»Ich find's gemütlich.«
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Das konnte die Feuerkönigin gut nachvollziehen. Als sie noch jünger und auf der Flucht war, hatte sie zu ihrer Sicherheit oft in Höhlen geschlafen.
»Tut mir leid, dass Kalix sich nicht bedankt hat«, sagte Moonglow plötzlich.
»Wie bitte?«
»Sie hat sich nicht dafür bedankt, dass du ihr das Leben gerettet hast. Und auch nicht für das neue Amulett. Das war ganz schön unhöflich, ich weiß, aber sie ist noch nicht wieder die Alte.«
Die Feuerkönigin winkte ab.
»Ich hatte nicht erwartet, dass sie mir danken würde. Ich weiß, wie Kalix ist. Sie hat immer Probleme. Wenn ich Thrix besuche, ruft oft ihre Mutter an, weil Kalix Schwierigkeiten macht. Thrix interessiert das nicht, aber ihre Mutter will das nicht einsehen. Hast du eine Mutter?«
»Ja.«
»Seid ihr verfeindet?«
»Ganz im Gegenteil«, antwortete Moonglow. »Wir verstehen uns prima.«
»Wirklich?«, fragte Malveria. »Ich habe mit meiner Mutter beinahe zwanzig Jahre lang Krieg geführt. Du ahnst ja nicht, welche Listen und Bündnisse nötig waren, um sie zu besiegen.«
In ihrem Blick lag ein Hauch Wehmut.
»Damals ging es in meiner Dimension wirklich viel aufregender zu. Einmal haben sechs
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