Kalix - Die Werwölfin von London
dekorative Gegenstände. Dominil hielt nicht viel von buntem Plunder.
Unter ihrem schwarzen Ledermantel trug sie eine schwarze Hose und eine schwarze Bluse und kein einziges Schmuckstück.
Uber Rockmusik wusste Dominil beinahe nichts. Sie hatte sich mehrere Websites über Musik angesehen, um einen Einblick in die Welt zu erhalten, die sie bald betreten sollte. Sie war nicht beeindruckt. Schlechtes Design, schlechte Grammatik und schlechter Sprachgebrauch, lautete ihr Urteil. Sie hoffte, die Musik wäre besser.
Vom Flughafen Heathrow aus fuhr sie mit einem Mietwagen in die Londoner Innenstadt. Zuerst hielt sie vor einem Apartment in der Nähe vom Regent's Park, das der Familie gehörte und zu dem Verasa ihr die Schlüssel gegeben hatte. Das Apartment war groß, gut ausgestattet und genügte ihren Ansprüchen. Sie rief bei den Schwestern an, aber da niemand abnahm, machte sie sich auf den Weg nach Camden zum dekadenten Zweig der Familie.
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Sarapen starrte über die Zinnen seines Wohnturms. Unter ihm bauten Handwerker die alte Ostmauer wieder auf. Menschliche Handwerker, aber von einer Firma, die einem Werwolf aus dem MacAndris-Clan, seit jeher Verbündete der MacRinnalchs, gehörte. Sarapens Wohnturm wurde im vierzehnten Jahrhundert erbaut, und sein letzter Bewohner, ein Onkel des verstorbenen Fürsten, hatte ihn nicht in gutem Zustand gehalten. Sarapen kümmerte sich nun um die Instandsetzung, die sich so weit wie möglich dem Originalzustand annähern sollte. Die Arbeiten waren aufwendig und gingen nur langsam voran, aber Sarapen fand, dass der Clan seine historischen Gebäude erhalten sollte. Er zog den Kopf zurück und wandte sich seinen Begleitern zu.
»Kalix muss sterben.«
Davon war er überzeugt. Kalix' Tod würde ihm Dulupinas Stimme sichern. Die Alternative, sie zurück in die Burg zu bringen, wäre schwierig. Wer wusste, was geschehen würde, wenn sie erst einmal dort war. Sarapen traute seiner Mutter zu, Kalix irgendwie frei zu bekommen, damit sie am nächsten Ratstreffen teilnehmen und gegen ihn stimmen konnte. Das Beste wäre, sie zu beseitigen. In diesem Punkt stimmten Sarapens Interessen mit seinen Wünschen vollkommen überein. Kalix hatte den Fürsten angegriffen. Sie hatte auch Sarapen angegriffen, als er seinen Vater retten wollte. Dafür verdiente sie den Tod.
»Damit bekommst du eine weitere Stimme, die von Dulupina«, sagte Mirasen.
»Und falls Kalix noch vor der nächsten Sitzung des Großen Rats stirbt, wird Decembrius in den Rat berufen. Noch eine Stimme für dich. Acht insgesamt.«
Sarapens schwarzer, steinerner Wohnturm lag gute sechzig Kilometer westlich von Burg MacRinnalch. Ein kalter, düsterer Bau, der mehr Schutz als Behaglichkeit bot. Es war Zufall, dass Sarapen
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gerade jetzt die Außenmauern instand setzen ließ. Er hatte nicht vorhergesehen, dass er vielleicht Krieg führen müsste. Aber es war ein glücklicher Zufall; in solchen Zeiten konnte es nicht schaden, die eigenen Befestigungen in gutem Zustand zu halten.
Die Restaurierung war sündhaft teuer. Jeder Stein musste von Steinmetzen behauen werden, die traditionelle Handwerkstechniken beherrschten. Einfache Instandsetzungen wären Sarapen billiger gekommen, aber er hätte es unsinnig gefunden, Arbeiten ausführen zu lassen, wenn sie seinen Wohnturm nicht in den Ursprungszustand zurückversetzten. Dafür bekam Sarapen auch horrende Rechnungen, was ihn wütend machte. Er fand, der Clan sollte die Arbeiten bezahlen, aber die Herrin der Werwölfe willigte nicht ein. Sie kontrollierte die Finanzen des Clans. Sarapen glaubte, seine Mutter hätte ihm im Laufe der Jahre nicht seinen gerechten Anteil am Familienreichtum ausgezahlt, obwohl Verasa beharrlich behauptete, Sarapen hätte alles erhalten, was ihm zustand.
Um die Schultern trug Sarapen einen üppigen Umhang mit Pelzbesatz, ein traditionelles Kleidungsstück der herrschenden MacRinnalchs, das mit Stoff im Clan-Tartan von den eigenen Ländereien gefüttert war. Er hielt den kalten Wind ab, der über die Zinnen pfiff. Sarapens Wohnturm stand auf dem Gipfel eines steilen Hügels. Das umliegende Ackerland wurde von Werwölfen bewirtschaftet, die alle hinter Sarapen standen. Falls nötig, konnte Sarapen zahlreiche Werwölfe für seine Sache zusammenrufen.
Wenn er bei der nächsten Sitzung neun Stimmen auf sich vereinen konnte, würde es nicht zum Krieg kommen müssen. Die Aussicht auf Krieg schreckte Sarapen nicht, aber er war bereit, für den Moment auf seine
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