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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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sehr still und wachsam, jederzeit bereit, zu fliehen, wenn es nötig sein sollte. Sie fühlten, es wurde gefährlich.
    Und als Kalle, der vorausging, sich plötzlich hinter eine Tanne warf, wurde Anders blaß vor Angst. Er folgte ihm blitzschnell und ohne Zeit für Fragen zu verschwenden.
    »Da!« flüsterte Kalle und zeigte zwischen die Tannen. »Da sieh mal!«
    Aber es war nichts Entsetzliches zu sehen, als Anders langsam, ganz langsam und vorsichtig hinter den Tannen hervorlugte, im Gegenteil. Ein Wochenendhaus, ein wirklich vornehmes Wochenendhaus, und eine offene, sonnenbeschienene Grasfläche davor. Eine schöne kleine Fläche mit samtweichem grünem Gras, ringsum gegen harte Winde durch dichte Tannen geschützt. Und mitten auf der Grasfläche saß der Professor und hatte Rasmus auf dem Knie. Ja, tatsächlich, da saßen sie. Rasmus und der Professor und noch irgend so ein anderer.
    »Ich finde, Sie sind sehr unvernünftig, Herr Professor Rasmusson«, sagte der andere.
    Besonders vernünftig wirkte der Professor im Augenblick wirklich nicht. Er schien in allernächster Zeit vor Wut explodie-ren zu wollen. Deutlich war auch, daß er sich am liebsten auf sein Gegenüber gestürzt hätte. Nur die Tatsache, daß er gebundene Hände hatte, schien ihn daran zu hindern.
    »Wirklich, riesig unvernünftig«, sprach der andere weiter.
    »Jaja, ich gebe zu, mein Vorgehen ist etwas ungewöhnlich. Aber war ich nicht dazu gezwungen? Es war sehr wichtig. Ich mußte mich einmal mit Ihnen aussprechen.«
    »Nun aber Schluß!« sagte der Professor. »Sie haben sicher zu viele Groschenhefte gelesen. Oder Sie sind nicht richtig klug.«
    Der andere lachte, ein trockenes, überlegenes, kurzes Lachen, und begann, auf dem Gras hin und her zu promenieren.
    Es war ein großer Mann mit einer guten Figur, wohl in den Vierzigern, und sein Gesicht hätte man schön nennen können, wenn nicht ein unmenschlich harter Zug darin gewesen wäre.
    »Es braucht Sie nicht zu interessieren, ob ich klug bin oder nicht«, sagte er. »Mich aber interessiert: Nehmen Sie meinen Vorschlag an?«
    »Und das einzige, was mich interessiert, ist, wann und wo ich Ihnen aufs Maul schlagen kann.«
    »Ich finde, das sollte er gleich machen«, flüsterte Kalle hinter der Tanne, und Anders nickte zustimmend.
    Der Fremde sah den Professor an, als sähe er auf ein kleines unvernünftiges Kind.
    »Warum wollen Sie eigentlich hunderttausend Kronen wegwerfen, völlig unnötig wegwerfen?« sagte er. »Ich biete Ihnen für die Formeln hunderttausend – der Preis ist doch wohl mehr als anständig. Dabei brauchen Sie mir die Papiere, falls es Ihr Gewissen zu sehr belastet, nicht einmal selbst in die Hände zu geben. Ein kleiner Hinweis, wo ich sie finde, genügt, und die Auszahlung kann beginnen.«
    »Hören Sie, Ingenieur Peters, oder wie zum Teufel Sie sich nennen, Ihr Spatzengehirn hat wohl noch nicht begriffen, daß diese Formeln Eigentum des schwedischen Staates sind.«
    Peters zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Niemand braucht zu wissen, daß es Ihre Erfindung ist, die aus dem Lande geht. Verstehen Sie doch, man wird bald auch in anderen Ländern unzerstörbares Leichtmetall herstellen können. Das ist nur noch eine Frage der Zeit. Nur um Zeit zu gewinnen, will ich die Formeln jetzt von Ihnen kaufen.«
    »Nun aber Schluß«, sagte der Professor wieder.
    Peters’ Augen wurden schmal.
    »Ich
muß
sie haben«, sagte er. »Ich
muß
Ihre Formeln haben.«
    Rasmus hatte bis jetzt stillgesessen, nun aber mischte er sich in das Zwiegespräch. »›Muß haben‹ und ›muß haben‹, so sagt man doch wohl nicht. ›Ich bitte sehr darum‹, sagt man.«
    »Ruhig, Rasmus«, sagte der Professor.
    Der Ingenieur Peters sah die beiden nachdenklich an.
    »Netten kleinen Jungen haben Sie«, meinte er. »Ihn möchten Sie sicher nicht gern verlieren?« Der Professor schwieg.
    Voller Abscheu sah er den Mann an, der vor ihm stand. »Wollen wir nicht trotzdem einen kleinen Kuhhandel miteinander machen?« fuhr Peters fort. »Berichten Sie mir, wo sich diese Papiere befinden. Ich schicke einen Mann los und lasse sie holen. Sie bleiben so lange hier, bis ich mich davon überzeugt habe, daß die Dokumente echt sind, und dann sind Sie frei und außerdem um hunderttausend Kronen reicher.«
    »Halten Sie den Mund«, sagte der Professor. »Ich will nichts mehr hören.«
    »Wie gesagt, um hunderttausend Kronen reicher«, fuhr Peters unberührt fort. »In Ihrem eigenen Interesse rate ich Ihnen, auf

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