Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
Zwischenräume sah man auf eine Sommerlandschaft von überwältigender Schönheit. Der Fjord lag im glitzernden Sonnenschein und hielt kleine grüne Inselchen in seinen blauen Armen. Eva-Lotte holte tief Luft. Denkt nur, jetzt den nadeldünnen Pfad zwischen den Tannen entlang zur Brücke laufen können, kopf-
    über in das kristallklare Wasser tauchen, auf der Brücke liegen und sich sonnen, die Augen schließen und nur noch das gleichmäßige, leise Schwabben hören, wenn die Boote an ihrer Vertäuung zerren!
    Ja, die Boote, die Boote der Kinderräuber! Sie hatten mehrere. Eva-Lotte konnte das Motorboot sehen, in dem man sie über den Sund gebracht hatte. Ganz nahe schaukelten in der schwachen Dünung drei Ruderboote. Auf der Brücke lag außerdem ein großes kanadisches Kanu.
    Die Insel muß für Kinderräuber höchst bequem sein, dachte Eva-Lotte. Und Platz war hier, wenn es nötig sein sollte, für eine ganze Schwadron. Zu drängen brauchte sich hier niemand.
    Viele kleine Häuschen lagen wie spielerisch hingeworfen im Gelände. Alle hatten den rechten Abstand zu dem großen, feinen, wo der Kidnapperchef residierte. Vielleicht wohnten in all den vielen kleinen Häuschen Kidnapper. Jeder für sich sein eigenes kleines Bienennest. Klopfte man gegen die Tür, kam möglicherweise ein aufgeregter kleiner Kidnapper herausgesurrt und erschreckt einen zu Tode!
    Als Eva-Lotte so weit gedacht hatte, machte sie den Nacken steif und sah sehr bestimmt aus. Sie würde sich nicht erschrek-ken lassen. Niemand dürfte hier kommen und sich auf die Nase von Eva-Lotte Lisander setzen! Dieser Nicke sollte wissen, daß Eva-Lotte lebendig war. Mit ihren Fäusten ging sie auf die verschlossene Tür los.
    »Nicke«, schrie sie. »Nicke, herkommen! Ich will etwas zu essen haben. Sonst kippe ich das Haus um!«
    Anders und Kalle, die unter den Bäumen dem Gespräch zwischen dem Professor und Peters zuhörten, nahmen den Lärm mit Zufriedenheit zur Kenntnis. Gott sei Dank! Eva-Lotte war am Leben und, wie zu hören war, in keiner Weise angebrochen!
    Nicke hörte den Lärm natürlich auch. Bei ihm war die Zufriedenheit darüber wesentlich geringer. Verärgert brummend, machte er sich auf, den Lärm zu beenden. Eva-Lotte wurde still, als sie den Schlüssel im Schloß hörte. Nicke kam näher, bereit, sie ordentlich abzukanzeln. Aber seine Zunge war nicht besonders schnell, und Eva-Lotte kam ihm zuvor.
    »Die Bedienung in diesem Hotel läßt aber zu wünschen übrig!« sagte sie mit spitzer Betonung jedes einzelnen Wortes.
    Nicke hatte plötzlich alles vergessen, was er ihr hatte sagen wollen. Er glotzte Eva-Lotte an, erstaunt und beinahe ein wenig verletzt.
    »Nee du, hör du mal«, sagte er. »Nee du, hör …«
    »Ja du, hör du mal«, sagte Eva-Lotte. »Reiner Mist ist das hier mit der Bedienung in diesem Hotel. Ich will mein Essen haben! Essen! Falls du Schwedisch verstehst!«
    »Dich haben wir unserer Sünden wegen bekommen«, sagte Nicke bitter. »Und daran hat der zweimal dumme Svanberg schuld, der nicht richtig auf das Auto achten konnte. Es wird wirklich interessant sein zu hören, was der Chef davon hält.«
    »Na, mit mir habt ihr schließlich einen guten Fang gemacht«, sagte Eva-Lotte. »Für einen Kinderräuber muß es doch wundervoll sein, plötzlich an zwei Kinder zu kommen, wo er nur mit einem gerechnet hat.«
    »Nee du, hör du mal«, sagte Nicke wieder. »Der Quatsch gefällt mir nicht. Für dich bin ich noch lange kein Kinderräuber.«
    »Bist du nicht? Ja, aber genau bist du für mich der Kinderräuber Nicke. Wenn man Kinder klaut, ist man ein Kinderräuber, das ist dir doch wohl klar. Oder ein Kidnapper. Aber das ist dasselbe auf englisch.«
    Wieder sah Nicke so erstaunt und zugleich verletzt aus. Von dieser Seite hatte er das alles vorher sicher nicht angesehen, und er hatte auch jetzt nicht die Absicht, es zu tun.
    »Ich bin aber kein Kinderräuber für dich«, sagte er etwas unsicher. »Und übrigens hörst du jetzt auf, solchen Lärm zu machen«, schrie er los, plötzlich überwütend. Er packte Eva-Lotte an den Armen und schüttelte sie. »Hörst du, du hörst auf, solch einen Lärm zu machen, sonst bekommst du eine Tracht Prügel von mir, daß es nur so hagelt.«
    Eva-Lotte sah ihm schnurgerade in die Augen. Ihr schwebte unklar vor, so täte man, wenn man wilde Bestien zähmte.
    »Ich will etwas zu essen haben«, sagte sie bestimmt. »Bald wird es sich hier anhören, als fordere eine ganze Schulklasse ihr Essen, wenn

Weitere Kostenlose Bücher