Kalle Blomquist
Stimme.
»Gott sei Dank!« sagte Peters. »Ich bin froh, hier wegzukommen. Hoffentlich wird das Wetter so, daß sie landen können.«
»Doch, sicher, das Wetter klärt sich weiter auf«,beruhigte Blom. »Die wollen einen neuen Bericht haben, bevor sie starten.«
»Gib ihn durch«, sagte Peters. »Hier in der Bucht wird das Wetter ja auf jeden Fall so sein, daß sie auf das Wasser runtergehen können. Und du, Nicke, sieh zu, daß du den Kleinen bis sieben Uhr fertig hast!«
Kleinen – damit war natürlich Rasmus gemeint! Kalle ballte die Fäuste. Aha, nun sollte alles beendet werden. Rasmus sollte fort von hier. Er würde weit weg sein, bevor es Kalle gelang, ir-gendwelche Hilfe herbeizuholen. Armer kleiner Rasmus, wo will man mit dir hin? Und was werden sie mit dir machen? Es war eine Schweinerei!
Man konnte denken, Nicke habe Kalles Gedanken gehört.
»Schweinerei!« sagte er. »Das ist eine Schweinerei. Ein armer kleiner Junge, der nichts Böses getan hat. Ich habe absolut keine Lust, dabei zu helfen. Den setzen Sie man selbst ins Flugzeug, Chef!«
»Nicke«, sagte Peters, und seine Stimme war beängstigend scharf und schneidend, »ich habe dich gewarnt, und jetzt warne ich dich zum letzten Mal. Sieh zu, daß der Junge morgen früh um sieben Uhr fertig ist!«
»Zum Teufel!« sagte Nicke. »Chef, Sie wissen ebenso gut wie ich, daß das Wurm dabei umkommen kann, und Sie wissen auch, daß der Professor vor die Hunde geht!«
»Oh, das weiß ich noch nicht so genau«, sagte Peters leichthin. »Wenn der Professor sich vernünftig benimmt … übrigens gehört das nicht hierher.«
»Zum Teufel!« sagte Nicke noch einmal.
Kalle hatte einen Kloß im Hals. Er war so traurig, alles war so ohne Hoffnung. Sie hatten versucht, wirklich versucht, mit all ihren Kräften versucht, Rasmus und dem Professor zu helfen.
Aber es hatte nichts genützt. Diese bösen Menschen gewannen das Spiel. Armer, armer Rasmus.
Kalle stolperte voller Verzweiflung durch die Dunkelheit. Er mußte versuchen, den Professor zu sprechen. Er mußte ihn auf das Flugzeug vorbereiten, das sich morgen früh wie ein großer Raubvogel auf die Insel stürzen wollte, um die Klauen in Rasmus zu schlagen. Das auf dem Wasser in der Bucht landen würde, sobald Blom durchgegeben hatte, daß sich das Wetter hin-reichend aufklärte.
Kalle blieb plötzlich stehen. Wie gab Blom das eigentlich weiter? Donnerwetter, wie tat er das nur? Kalle pfiff durch die Zähne. Natürlich! Es mußte hier irgendwo auf der Insel eine Sendestation geben! Alle Spione und Schurken, die mit dem Ausland in Verbindung standen, benutzten dazu den Äther.
Ein kleiner Gedanke begann in Kalles Gehirn zu arbeiten. Eine Radioanlage – ein Sender, das war genau das, was er selbst jetzt brauchte. Himmel, wo war dieser Sender? Er mußte ihn finden. Vielleicht, vielleicht gab es doch noch eine ganz winzig kleine Chance, etwas Hoffnung. Dort aus dem kleinen Haus war Blom gekommen! Dort lag es vor ihm. Ein schwaches Licht drang aus dem Fenster. Kalle zitterte vor Aufregung. Wie oft hatte diese Insel ihn nicht schon zum Zittern gebracht, dachte er,
schlich sich vor und sah durch das Fenster. Er sah keinen Menschen. Aber – größere Wunder waren auf dieser Welt nicht mehr möglich – die Sendestation sah er. Ja, sie war in dem Haus.
Kalle fühlte am Türgriff. Unverschlossen – danke sehr, lieber, guter Blom. Vielen Dank, auch wenn du ein Kidnapper bist. Mit einem Satz war Kalle am Sender und ergriff das Mikrophon. Gab es einen Menschen auf dieser großen, weiten, runden Welt, der ihn hören würde? Gab es einen, der sein verzweifeltes Rufen hörte?
»Hilfe! Hilfe!« bat er mit leiser, zitternder Stimme. »Hilfe!
Hier spricht Karl Blomquist. Wenn mich jemand hört, rufe er sofort Onkel Björk an – ich meine, sofort die Polizei von Kleinköping anrufen und dort sagen, daß sie zur Kalvö kommen und uns retten sollen. – Kalvö heißt die Insel, und sie liegt ungefähr fünfzig Kilometer südöstlich von Kleinköping – und es ist sehr dringend, denn wir sind gekidnappt worden. Beeilt euch und kommt hierher, sonst sind wir verloren. Kalvö heißt die Insel.
Anzurufen ist bei der Polizei von Kleinköping und …«
Gab es jemanden auf der weiten Welt, der gerade diesen Sender hörte? Jemanden, der gerade jetzt zuhörte und sich wunderte, warum alles im Äther plötzlich wieder still war?
Kalle selbst wunderte sich nur, woher die Lokomotive gekommen war, die ihn überfahren hatte. Er
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