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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Hütte konnte er nicht zurück. Dort würden sie zuerst nach ihm suchen. Nahrungsmittel hatte er auch nicht mehr, die hatten die Kidnapper beschlagnahmt. Schlimmer konnte es wirklich nicht mehr werden, dachte Kalle, während er ängstlich und unentschlossen zwischen den Bäumen umherirrte. Jederzeit konnte Nicke hinter ihm her sein.
    Da hörte er durch den Wind laute Hilferufe aus Eva-Lottes Häuschen. Der kalte Angstschweiß legte sich auf seine Stirn.
    Bedeuteten die Rufe, daß Peters gerade jetzt auf irgendeine teu-flische Weise sich an den anderen für seine Flucht rächte? Der Gedanke daran machte ihn knieschwach. Er mußte herausbekommen, was dort oben geschah.
    Auf Schleichwegen kehrte er dorthin zurück, woher er eben gekommen war. Je mehr er sich dem Haus näherte, desto besser konnte er die Stimmen unterscheiden, und zu seinem Erstaunen hörte er, daß es Nicke war, der um Hilfe rief. Nicke und manchmal Rasmus. Was in aller Welt taten Anders und Eva-Lotte nur mit Nicke, daß er auf diese Weise schrie? Kalles Neugierde trieb ihn, das zu erfahren, selbst wenn es sehr riskant war. Zum Glück ging ja der Wald bis zum Haus. Mit etwas Geschick konnte man bis vor Eva-Lottes Fenster schleichen, ohne gesehen zu werden.
    Kalle schlängelte sich zwischen den Tannen vorwärts. Jetzt war er schon so dicht heran, daß er Nicke über irgend etwas im Haus toben und fluchen hören konnte. Er hörte auch die zufriedenen Stimmen der anderen. Nicke, das war klar, wurde nicht mehr mißhandelt – weshalb war er also so wild? Und warum blieb er in dem Haus, anstatt draußen nach Kalle zu suchen?
    Und was lag dort vor Kalles Nase und glänzte aus den Tannen-nadeln hervor? Es war ein Schlüssel. Kalle hob ihn auf und betrachtete ihn genau. Konnte es der Schlüssel zu Eva-Lottes Haus sein? Wie war er hierhergekommen? Ein neues Geschrei von Nicke beantwortete Kalles Fragen.
    »Peters, Hilfe!« schrie Nicke. »Die haben mich eingeschlossen. Kommen Sie, schließen Sie auf!«
    Kalle lachte leise. Nicke war mit seinen Gefangenen eingeschlossen. Das war ein Punkt für die Weiße Rose. Zufrieden steckte Kalle den Schlüssel in die Hosentasche.
    Da hörte er auch schon, wie Peters, Blom und Svanberg an gelaufen kamen. Er wurde steif vor Schreck. In einigen Minuten würden sie Wettjagen auf ihn machen, und sie würden ihn suchen wie nie zuvor. Denn das mußte Peters einen entsetzlichen Stich geben – daß Kalle wieder auf freiem Fuß war. Es würde ihm sofort klar sein, daß Kalle mit allen Mitteln versuchen würde, Hilfe herbeizuschaffen. Deshalb gab es für Peters nichts Wichtigeres, als um jeden Preis zu verhindern, daß Kalle die Insel verließ. Er würde diesmal vor nichts zurückschrecken, das wußte Kalle, und diese Gewißheit ließ ihn unter der Sonnenbräune blaß werden. Da lag er und horchte voller Angst auf die laufenden Männer, die sich näherten. Er mußte ein Versteck für sich finden, er mußte es sofort finden, innerhalb weniger kostbarer Sekunden.
    Da sah er es, gerade vor seinen Augen. Ein märchenhaftes Versteck. Dort würde man ihn vorerst nicht suchen. Unter dem Haussockel war eben so viel Platz, daß man einigermaßen bequem liegen konnte. Nur hier auf der Rückseite war der Haussockel so hoch, weil das Haus auf einem Abhang, gegen die See zu, lag. Am Sockel wuchs hohes Gras und große Mengen von rotem Phlox, die einen recht gut davor schützten, gesehen zu werden, falls doch jemand den Einfall bekam, auf der Rückseite des Hauses zu suchen. Flink wie ein Wiesel kroch Kalle, so weit er kommen konnte, unter den Sockel. Wenn sie hier nach mir suchen, sind sie nicht normal, dachte er. Wenn sie nur etwas Verstand im Kopf hatten, dann suchten sie doch wohl einen Flüchtling so weit wie möglich von seinem Gefängnis entfernt und nicht direkt unter seinem Gefängnisfußboden.
    Er lag da und hörte das Erdbeben, das losbrach, als Peters die Zusammenhänge begriffen hatte: daß Nicke eingeschlossen und Kalle verschwunden war.
    »Lauft!« schrie Peters wie ein Wahnsinniger. »Lauft und packt ihn! Kommt mir nicht ohne ihn zurück, oder ich übernehme keine Verantwortung für das, was ich tun werde!«
    Blom und Svanberg liefen los, und Kalle hörte, wie Peters fluchend einige Schlüssel probierte und dann mit einem die Tür zu den Gefangenen öffnete. Und dann gab es über seinem Kopf ein noch größeres Erdbeben. Der arme Nicke verteidigte sich standhaft, aber Peters war nicht zu halten. Eine Schimpfkano-nade von solchem

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