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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Eva-Lotte mußte sich doch in acht nehmen. Für einen gewalttätigen Menschen gab es sicher noch andere Wege, ihr zu schaden. Und deshalb hatte der Kommissar Eva-Lotte alles über die vergiftete Schokolade erzählt.
    Wenn er gefürchtet hatte, Eva-Lotte würde erneut einen Schock erleiden, so hatte er sich, Gott sei Dank, geirrt. Eva-Lotte erlitt nicht den geringsten Schock. Sie wurde nur wütend, so wütend, daß sie knisterte.
    »Beppo hätte ja sterben können«, schrie sie. »Eine Gemeinheit, beinahe einen unschuldigen Hund zu töten, der niemand etwas getan hat!« In Eva-Lottes Augen war das eine Freveltat, die alles übertraf.
    Eine armselige Woche lang waren die Sommerferien nur noch.
    Alle Ritter der Weißen und Roten Rose waren sich einig, die kurze Gnadenfrist mußte zu etwas Besserem verwendet werden, als über vergangene Dinge, die nicht zu ändern waren, nachzu-grübeln.
    Beppo war wieder ganz gesund. Und Sixtus, der bisher, wie festgeklebt, nicht von seiner Seite gewichen war, wurde wieder von seiner alten Betriebsamkeit ergriffen. Aufs neue rief er seine Truppen unter die Fahnen. Sie versammelten sich in seiner Garage und schmiedeten neue Pläne. Denn nun war die Zeit der Rache gekommen. Jetzt sollte abgerechnet werden für den Großmummrich im Globus und für ähnliche Bosheiten. Daß Anders beinahe Beppo vergiftet hatte, gehörte nicht dazu. Das hatte Sixtus ihm bereits von ganzem Herzen vergeben, und Anders hatte in ganz rührender Weise Anteil genommen an Beppos Krankheit.
    Lange vor der Ära des Großmummrich hatten schon Kriege zwischen Roten und Weißen Rosen getobt. Und wenn auch der Großmummrich mit all den magischen Eigenschaften, die man ihm zuschrieb, ein unübertroffenes Kriegsobjekt war, so gab es doch noch andere Kostbarkeiten, die man dem Gegner rauben konnte. Da hatten die Weißen zum Beispiel die Stahlkassette, angefüllt mit geheimen Dokumenten. Anders fand, daß man ohne große Gefahr diese Kassette in der Kommode auf dem Bäckereiboden aufbewahren konnte. Das konnte man sicher auch – zu normalen Zeiten. Jetzt aber, wo der Großmummrich auf einer Dienstreise war, kam Sixtus auf den Gedanken, daß die Kassette der Weißen Rosen eine ganz außerordentliche Kostbarkeit sei, die geraubt werden mußte, und wenn die Roten Rosen bis zum letzten Mann dafür kämpfen mußten. Benka und Jonte stimmten sofort zu, und selten waren sich zwei Jungen so einig, bis zum letzten Mann zu kämpfen. Nachdem der heroi-sche Entschluß durch heilige Eide bekräftigt worden war, ging Sixtus abends in aller Ruhe in das Hauptquartier der Weißen Rosen und nahm auf dem Bäckereiboden die Kassette an sich.
    Die erwarteten Entsetzensschreie der Weißen blieben allerdings aus, und zwar weil sie gar nicht bemerkten, daß die Kassette verschwunden war. Zum Schluß verlor Sixtus die Geduld, und er schickte Benka mit einem Handschreiben zu den Weißen, um sie zum Erwachen zu bringen.
    Das Schreiben hatte folgenden Wortlaut:
    »Wo ist wohl die Geheimkassette der Weißen Rosen?
    Ja, wo sind sie wohl, die geheimen Dokumente?
    Dort, wo die Prärie zu Ende geht, da steht ein Haus. In dem Haus ist ein Zimmer.
    In dem Zimmer ist eine Ecke. In der Ecke liegt ein Papier.
    Auf dem Papier ist eine Landkarte. Auf der Landkarte – – –
    Ja, genau so!
    O du Weiße Laus,
    such nur in dem Haus!«
    »Nie in meinem Leben gehe ich dorthin«, sagte Eva-Lotte zuerst. Bei näherem Überlegen aber sagte sie sich selbst, daß sie sich doch unmöglich ihr Leben lang von der Prärie, dem Spiel-platz aller Spielplätze, fernhalten konnte. Frühling oder Herbst, Sommer oder Winter, die Prärie behielt ihre Anziehungskraft, sie blieb voller Möglichkeiten. Durfte sie nicht mehr auf der Prärie spielen – ja, dann konnte sie ebensogut sofort in ein Klo-ster gehen.
    »Ich gehe mit«, sagte sie nach einem kurzen inneren Streit mit sich selbst. »Besser sofort, als daß es zur fixen Idee bei mir wird.«
    Und am Morgen danach standen die Weißen Rosen unnatürlich früh auf, um zu vermeiden, daß sie während ihres Suchens von den Feinden überrascht wurden. Der Sicherheit wegen erzählte Eva-Lotte zu Hause nicht, wohin sie ging. In aller Stille schlich sie aus dem Haus und vereinigte sich mit Anders und Kalle, die schon eine Weile am Zaun auf sie gewartet hatten.
    Die Prärie war gar nicht so erschreckend, wie Eva-Lotte gedacht hatte. Und der Herrenhof sah beinahe einladend aus, gar nicht, als wäre er ein armes, unbewohntes Haus, sondern

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