Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
begegnete, lächelte er kokett. Ich wurde rot, peinlich berührt von der aufwallenden Hitze zwischen uns, und schaute zur Seite. Doch mir wurde nun klar, wie er Isabella hereingelegt hatte.
    »So ist es richtig«, sagte er leise. »Gut, dass das Messer zweischneidig ist; dann müsst Ihr Euch weniger Gedanken machen. Und jetzt zeigt mir, wie Ihr angreift. Los, bringt jemanden um.«
    Ich trat einen Schritt vor und streckte den Arm mit dem Dolch aus. Salai kicherte.
    »Das ist schön und gut, wenn der andere vollkommen still hält und Ihr ihn nur ritzen und dann entkommen lassen wollt. Nein, seht her: So wird's gemacht.«
    Er stellte sich neben mich und holte blitzartig ein langes, schlankes Messer aus den Tiefen seiner Robe. Noch ehe ich vor Überraschung zusammenfahren konnte, trat er einen Schritt vor und stieß mit dem Messer von unten zu, um es dann mit einer wilden Geste nach oben zu reißen.
    »Versteht Ihr?« Er drehte sich zu mir um, das Messer noch hoch erhoben. »Trefft sie tief, in den Unterleib; das ist die verwundbarste Stelle. Und ein schwaches Mädchen kann dort am leichtesten eindringen. Das Herz, die Lungen
    - da gibt es zu viele Knochen, das ist zu mühsam. Zielt einfach auf den Unterleib, fast in die Lendengegend, und dann
    - um sicherzugehen, dass sie keine Chance haben, Euch noch Schwierigkeiten zu machen - zieht das Messer fest nach oben, bis die Rippen Euch Einhalt gebieten. Reißt die lebenswichtigen Organe entzwei. Das ist alles, was Ihr tun müsst, um jemanden zu töten. Er wird verbluten, fast so schnell, als hättet Ihr ihm die Kehle durchtrennt.« Lächelnd steckte er sein Messer wieder ein. »Und jetzt Ihr.«
    Er hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, da machte ich einen Satz nach vorn, so schnell, dass er erschrak. Ich hielt die Spitze leicht nach oben. Ich dachte daran, unten zuzustechen und den Dolch dann gerade, hart und brutal nach oben zu reißen.
    Salai schnalzte erstaunt und bewundernd mit der Zunge. »Und Ihr wollt eine Adlige aus guter Familie sein? Ihr seid eine gelehrige Schülerin, Monna Lisa. Ihr geht mit dem Dolch um, als wärt Ihr auf der Straße geboren.«
    An jenem Abend ging ich nach dem Essen allein auf den Balkon. Ich hielt die Waffe in der Hand, die Spitze leicht nach oben, und übte. Ich sprang mit einem Fuß vor, stieß mit dem Dolch zu; ich riss ihn nach oben und hörte, wie die Klinge durch die Luft pfiff.
    Immer wieder machte ich einen Satz nach vorn. Ich führte den Dolch. Ich verwundete und tötete. Immer aufs Neue rammte ich ihn in die Gedärme der Pazzi; in den Unterleib des dritten Mannes.
    Piero kam nie. Zwei Wochen nachdem ich Salai die Nachricht übermittelt hatte, trat Zalumma vollkommen niedergeschlagen in mein Zimmer. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Piero und seine Männer waren von Siena aus Richtung Süden gezogen und bis San Gaggio gekommen. Unterwegs aber hatte sich der Himmel aufgetan, und ein heftiger Regenguss hatte die Armee gezwungen, Unterschlupf zu suchen und den Sturm abzuwarten, was dazu führte, dass sie den Schutz der Nacht verloren. Die Verzögerung sorgte dafür, dass die Nachricht von ihrem Anmarsch die florentinischen Truppen erreichte, die nördlich in Pisa stationiert waren. Piero musste sich wohl oder übel zurückziehen, um nicht überwältigt zu werden.
    Savonarolas Anhänger behaupten natürlich, Gott habe gesprochen. Wir anderen waren bedrückt und hatten Angst zu reden.
    Ich war verbittert. Verbittert, weil ich wusste, dank meines Gemahls und der Pazzi würden wir nie die volle Wahrheit erfahren. Tagsüber hielt ich mein Kind in den Armen; nachts wiegte ich mich mit dem Messer in den Schlaf.
    Angesichts der fehlgeschlagenen Invasion durch die Medici hatte ich erwartet, dass Francesco gut gelaunt wäre - ich rechnete sogar damit, dass er sich diebisch freute. Am folgenden Abend jedoch war er auffällig in Gedanken versunken und äußerte kein Wort über Pieros kläglichen Versuch, die Stadt einzunehmen.
    »Wie ich hörte«, sagte mein Vater scheinbar gleichgültig, »besteht die neu gewählte Signoria ausschließlich aus arrabbiati. Fra Girolamo muss bitter enttäuscht sein.«
    Francesco wich seinem Blick aus und murmelte: »Das wisst Ihr besser als ich.« Dann riss er sich aus seinem Schweigen und sagte lauter: »Es spielt keine Rolle. Die Signoria hat immer Ebbe und Flut. Zwei Monate lang leiden wir unter den arrabbiati. Wer weiß? Schon die nächste Gruppe könnte nur aus piagnoni

Weitere Kostenlose Bücher