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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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herhalten.
    »Antonio«, flüsterte ich. Ich streckte die Hand aus und stützte mich am Nachttisch ab. Ich starrte den Brief an und las ihn immer wieder.
    Ich hatte ehrlich geglaubt, Francesco habe mich geheiratet, weil ich schön war.
    Wenn Antonio verzagt, verlasst Euch wie schon vor langer Zeit auf Domenico ...
    Ich dachte an meinen Vater, unglücklich und gebrechlich. Mir fiel der schreckliche Moment vor langer Zeit in der Sakristei von San Marco ein, als Fra Domenico neben meiner liegenden Mutter gestanden hatte; als er den Blick meines Vaters gefangen und vielsagend auf mich geschaut hatte.
    Eine Drohung.
    Mein Vater war eingeknickt. Er war an seiner Wut beinahe erstickt, aber er hatte nachgegeben.
    Mir fiel ein, wie er mich später angefleht hatte, ihn zu begleiten und Savonarolas Predigt anzuhören. Als ich mich weigerte, hatte er geweint. So wie er an jenem Tag weinte, als ich Giuliano heiratete und er mir wild gestikulierend zu verstehen gab, dass er nicht für meine Sicherheit garantieren könne.
    Ich musste daran denken, wie die Freundschaft meines Vaters zu Pico nach dem Tod meiner Mutter abgekühlt war. Und an Picos Tod und die derzeitige unglückliche Freundschaft zwischen meinem Vater und meinem Gemahl.
    ... bedient Euch der Tochter und des Enkels ...
    Ich konnte nicht weinen. Ich war zu entsetzt, zu verletzt, zu verängstigt.
    Ich richtete mich auf; schwer atmend starrte ich auf jedes einzelne Wort und prägte es mir ein. Als ich fertig war, ging ich wieder ins Arbeitszimmer meines Gemahls, legte den Brief in den Schreibtisch, den ich verschloss.
    Dann schlich ich in meine Gemächer, fand das Messer und ließ es unter meinen Gürtel gleiten. Sobald ich bewaffnet war, ging ich über den Flur ins Kinderzimmer. Matteo schlief in seinem Bettchen. Ich weckte ihn nicht, sondern setzte mich auf den Boden neben ihn, bis ich Francesco nach Hause kommen hörte, bis ich hörte, wie er zu Bett ging, bis das Haus wieder still wurde, bis schließlich der Morgen heraufdämmerte, bis zum Sonnenaufgang.

63
    An jenem Morgen schickte ich Zalumma früh zu Fuß in die Werkstatt meines Vaters, um ihn wissen zu lassen, dass ich ihn allein zu sprechen wünschte. Knapp zwei Stunden später kam sie zurück, um mir mitzuteilen, meinem Vater gehe es nicht gut, er werde sich sofort nach Hause begeben und hoffe, ich würde ihn dort besuchen.
    Natürlich fühlte er sich nicht wirklich unwohl; und als Zalumma - auf deren Knie Matteo schaukelte - und ich in der Kutsche saßen auf dem Weg zum Haus meines Vaters, schaute sie mich unverwandt an, bis ich schließlich sagte: »Mein Vater ist darin verwickelt.«
    Für mich hatte es keinen Sinn, der Wahrheit auszuweichen. Ich hatte ihr den Inhalt des ersten Briefs bereits mitgeteilt, den ich in Francescos Arbeitszimmer gefunden hatte; sie wusste, dass mein Gemahl gemeinsame Sache mit Savonarola machte, dass er irgendwie mit Picos Tod zu tun hatte. Sie hatte mich am Morgen schlafend neben Matteos Bettchen gefunden und war nicht dumm. Seit ich sie zu meinem Vater geschickt hatte, wartete sie auf eine Erklärung, was eigentlich vor sich ging.
    Meine Worte schienen sie nicht weiter zu überraschen. »Zusammen mit Francesco?«
    Ich nickte.
    Ihre Miene verhärtete sich. »Warum geht Ihr dann zu ihm?« Das Misstrauen in ihrer Stimme war deutlich. Ich schaute aus dem Fenster und gab keine Antwort.
    Mein Vater wartete in dem großen Salon auf mich, in dem er Giuliano an jenem Tag empfangen hatte, als dieser um meine Hand anhielt, in demselben Raum, in dem meine Mutter den Astrologen getroffen hatte. Es war kurz nach Mittag, und die Vorhänge waren aufgezogen, um die Sonne hereinzulassen; mein Vater saß in einem grellen Lichtstrahl. Er erhob sich, als ich eintrat. Kein Diener wartete ihm auf, und ich schickte Zalumma in ein anderes Zimmer, damit sie sich um Matteo kümmerte.
    Sein Gesicht war von Sorge gezeichnet. Ich wusste nicht genau, wie Zalumma meine Bitte vorgetragen hatte oder was mein Vater erwartete. Gewiss rechnete er nicht mit dem, was ich zur Sprache brachte.
    Sobald Zalumma die Tür hinter sich geschlossen hatte, richtete ich mich gerade auf und gab mir nicht einmal die Mühe, ihn zu begrüßen. »Ich weiß, dass du und Francesco damit beschäftigt seid, Savonarola zu manipulieren.« Meine Stimme klang erstaunlich ruhig. »Ich weiß über Pico Bescheid.«
    Sein Unterkiefer klappte herunter, der Mund blieb offen stehen. Er war auf mich zugekommen, um mich in den Arm zu nehmen; jetzt

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