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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hatte.
    Erbarmen!, riefen die Unterstützer in der Gewissheit, dass die Urteile mild ausfielen und im Falle Bernardo del Nero ein Freispruch erginge. Alle Angeklagten waren geachtete, aufrechte Bürger; ihre Geständnisse - dass sie aktiv daran beteiligt gewesen seien, die Rückkehr von Piero de' Medici als selbsternanntem Regent der Stadt vorzubereiten - waren ihnen unter brutalster Folter abgepresst worden.
    Das Volk suchte Orientierung bei Savonarola. Bestimmt würde der Mönch wieder einmal zu Vergebung und Nachsicht aufrufen.
    Fra Girolamo aber war durch seine Bemühungen, einen wütenden Papst zu beschwichtigen, zu abgelenkt. Man könne ihn nicht mehr mit politischen Angelegenheiten belästigen, sagte er öffentlich. »Sollen sie doch alle sterben oder vertrieben werden. Was kümmert es mich.«
    Seine Worte wurden von Anhängern mit besorgtem Blick und gedämpfter Stimme tausendfach wiederholt.
    Drei Stunden vor Tagesanbruch, am siebenundzwanzigsten August, wurden Zalumma und ich durch heftiges Pochen an meiner Tür aus dem Schlaf gerissen. Zalumma rollte von ihrer Schlafstatt und öffnete. Draußen stand Isabella, völlig aufgelöst und im Schein der Kerze in ihrer Hand blinzelnd. Noch verwirrt vom Schlaf trat ich zu den beiden an die Tür und starrte sie an.
    »Euer Gemahl lässt Euch rufen«, teilte Isabella mir mit. »Er sagt: >Zieht Euch rasch für einen düsteren Anlass an und kommt herunter.<«
    Stirnrunzelnd rieb ich mir die Augen. »Und Zalumma?«
    Ich hörte sie hinter mir, wie sie nach Zündhölzern für die Laterne suchte.
    »Ihr sollt alleine kommen.«
    Während Zalumma mir ein bescheidenes Gewand aus grauer Seide anzog, bestickt mit schwarzem Garn, fing ich an, mir Sorgen zu machen. Welcher »düstere Anlass« mochte der Grund dafür sein, dass ich mitten in der Nacht geweckt wurde? Vielleicht war jemand gestorben; sogleich dachte ich an meinen Vater. Savonarolas Exkommunikation hatte ihn bei seinem Herrn in Ungnade fallen lassen. Hatten sie letzten Endes beschlossen, ihn loszuwerden?
    Die Luft war stickig und warm; wegen der Hitze hatte ich unruhig geschlafen. Bis ich vollständig angekleidet war, war ich schon unterhalb der Brüste und in den Achselhöhlen nassgeschwitzt.
    Ich ließ Zalumma im Zimmer und ging die Treppe hinunter. Ein Stockwerk tiefer machte ich Halt, um die Gästezimmer aufzusuchen, in denen mein Vater jetzt schlief. Vor der geschlossenen Tür blieb ich stehen, doch meine Verzweiflung überstieg jeglichen Gedanken an Höflichkeit. Ich öffnete die Tür gerade so lange, um an dem Vorzimmer vorbei in den Schlafraum zu spähen und mich zu vergewissern, dass mein Vater darin schlief.
    Dankbar schloss ich leise die Tür und ging hinunter zu Francesco.
    Er schritt vor der Eingangstür auf und ab, unruhig und äußerst wachsam. Ich hätte ihn nicht als glücklich beschreiben können, doch in seiner Miene und seinen Augen bemerkte ich nervösen Triumph, eine düstere Freude. Da erst fiel mir auf, dass wir auf Claudio warteten. Etwas so Wichtiges musste vor sich gehen, dass Francesco bereit war, sich und seine Frau selbst der Pest auszusetzen.
    »Ist jemand gestorben?«, fragte ich mit der leisen Besorgnis einer guten Gemahlin.
    »Es ist zwecklos, jetzt mit dir darüber zu reden; du würdest dich nur aufregen, wie es in solchen Angelegenheiten bei Frauen üblich ist. Du wirst schon früh genug sehen, wohin wir fahren. Ich bitte dich nur, dich zurückzuhalten und alle Tapferkeit aufzubringen, zu der du imstande bist. Ich bitte dich, mich mit Stolz zu erfüllen.«
    Mit aufkeimender Furcht schaute ich ihn an. »Ich werde mir Mühe geben.«
    Er lächelte finster und geleitete mich hinaus zur Kutsche, wo Claudio und die Pferde warteten. Die Luft draußen war erstickend, nicht ein kühles Lüftchen wehte. Auf der Fahrt sprachen wir nicht miteinander. Ich schaute hinaus auf die dunklen Straßen, meine Furcht nahm zu, während wir nach Osten auf den Duomo zufuhren und dann einen Schlenker nach Süden machten.
    Wir bogen in die Piazza della Signoria ein. In den Fenstern des Palasts der Prioren brannten alle Lampen - doch das war nicht unser Ziel. Vor dem angrenzenden Gebäude hielten wir rumpelnd an: Es war der Bargello, das Gefängnis, in dem man mich festgehalten hatte, in das Leonardo von den Offizieren der Nachtschicht gebracht worden war. Es war eine abstoßende, viereckige Festung, von gezackten Zinnen gekrönt. Zu beiden Seiten der massiven Eingangstüren brannten große Fackeln.
    Als

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