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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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sterben. Der Henker bat ihn um Vergebung, die ihm Bernardo leise und mit schwerer Zunge gewährte. Dann blinzelte Bernardo auf unsere kleine Versammlung herab und sagte: »Möge Gott auch Euch vergeben.«
    Er war zu schwach, aus eigener Kraft niederzuknien; ein Wächter half ihm, sein Kinn richtig in die dunkel befleckte Kerbe des Holzklotzes zu legen. »Mach einen ordentlichen Schnitt«, drängte er, als der Henker die Axt hob.
    Mir war einerlei, ob ich Francesco stolz machte; ich wandte das Gesicht ab und schloss die Augen, riss sie jedoch sofort wieder auf, erschreckt durch die warmen Spritzer und das einstimmige Keuchen der Menge. Aus den Augenwinkeln erhaschte ich einen kurzen Blick auf Bernardos knienden Körper, der zur Seite fiel, auf Blut, das zähflüssig in hohem Bogen aus seinem kopflosen Hals schoss, auf einen Wächter, der vortrat, um etwas Rotes, Rundes aus dem Stroh zu heben.
    Plötzlich fiel es mir ein. Ich erinnerte mich an einen Tag vor vielen Jahren in der Kirche San Marco, als meine Mutter mit starrem, entsetztem Blick zu Savonarola in seiner Kanzel aufgeschaut hatte. Und sie hatte geschrien:
    Flammen werden ihn verschlingen, bis seine Gliedmaßen einzeln abfallen, in die Hölle! Fünf Männer ohne Kopf werden ihn zu Fall bringen!
    Fünf Männer ohne Kopf.
    Ich machte einen Schritt zurück und trat einem Prior auf den Fuß. Francesco packte meinen Arm und hielt mich fest. »Die Nerven«, flüsterte er dem Betroffenen zu. »Verzeiht ihr. Es sind nur die Nerven. Sie ist noch jung und an so etwas nicht gewöhnt. Es geht schon wieder.«
    Wächter kamen und trugen die Leiche fort; Tornabuoni wurde nach vorn geschoben, musste seine Vergebung kundtun, sich hinknien und sterben. Zwei weitere folgten. Giovanni Cambi war der Letzte. Er brach vor Angst zusammen und musste zum Block geschleift werden; er starb schreiend.
    Am Ende war das Stroh von Blut durchtränkt. Der Geruch nach frischem Holz war verschwunden. Es roch nur noch nach Blut und Eisen.
    Als Francesco und ich nach Hause fuhren, hatte sich die Dunkelheit noch nicht gelichtet. Wir schwiegen, bis Francesco plötzlich das Wort ergriff.
    »So wird mit allen verfahren, die das Haus Medici unterstützen.« Er beobachtete mich neugierig. »Das geschieht mit Spionen.«
    Vielleicht kam ihm meine Blässe verdächtig vor; vielleicht redete er nur, weil er sich an seinem politischen Sieg weiden wollte. Wie auch immer, ich antwortete nicht. Ich dachte an die Worte meiner Mutter. Und ich dachte an meinen Vater, an das, was ihm zustoßen würde, wenn der Prophet zu Fall gebracht würde.

65
    Als es kühler wurde, entließ die Pest die Stadt aus ihrem eisernen Griff. Mein Vater kehrte in sein Haus zurück, Francesco nahm die Besuche bei seinen Prostituierten wieder auf, und ich ging so oft wie möglich auf den Markt und in die Kirche. Eines Morgens legte ich das Buch auf meinen Nachttisch, obwohl ich keinen neuen Brief in Francescos Schreibtisch gefunden hatte, und am nächsten Tag suchte ich die Kapelle Santissima Annunziata auf.
    Zu meiner großen Erleichterung war Leonardo wohlauf. Er hatte sogar an dem Gemälde gearbeitet. Die kühnen Umrisse und Schatten auf meinen Gesichtszügen waren durch das Auftragen von hellem cinabrese weicher geworden, ein durchscheinender Vorhang aus Fleisch. Ich fing an, menschlich auszusehen.
    Doch als ich ihm von der Warnung meines Vaters erzählte, die Bigi würden mit ihrem Blut bezahlen - von meiner Qual, dass ich ihn, Leonardo, nicht hatte warnen können -, sagte er: »Ihr tragt keine Schuld. Wir wussten schon lange von der Gefahr, bevor Euer Vater mit Euch darüber gesprochen hat. Wenn jemanden Schuld trifft, dann mich. Ich war nicht in der Lage, rechtzeitig Einfluss zu nehmen - es ging einfach nicht. Das Schreckliche daran ist, auch wenn wir eine Rettung hätten in die Wege leiten können ...« Er brachte es nicht über sich, fortzufahren.
    »Selbst wenn man sie hätte retten können - es hätte nicht sein sollen«, beendete ich den Satz.
    »Ja«, murmelte er. »Das ist das Entsetzliche daran. Es ist besser, dass sie gestorben sind.« Es stimmte; die Hinrich-tungen hatten ganz Florenz empört, auch die meisten piagnoni, die das Gefühl hatten, der Mönch hätte die gleiche Versöhnlichkeit an den Tag legen können, die er in der Zeit kurz nach Pieros Verbannung gezeigt hatte. Isabella, Elena, sogar die sonst so fromme Agrippina, die niemals gewagt hätte, den Unmut meines Gatten auf sich zu ziehen, übten nun offen Kritik

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