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Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Titel: Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fuhljahn
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nicht nur beim Autofahren gefährlich. Deshalb dürfen diese Mittel nur in Ausnahmefällen länger als vier Wochen gegeben werden, und das nur unter ärztlicher Kontrolle. Für jene, die nicht zu den Ausnahmen gehören, aber die Wirkung trotzdem länger brauchen, muss eine andere Lösung gefunden werden – beispielsweise durch Psychotherapie, Antidepressiva oder Neuroleptika (siehe Seite 131ff.).
    Gibt es noch weitere Gründe, warum zwei Drittel der Medikamentenabhängigen Frauen sind? Frauen gehen häufiger zum Arzt als Männer, so Gerd Glaeske, kümmern sich besser um ihre Vorsorge. Es fällt ihnen leichter, zu Symptomen wie Angst und innerer Unruhe zu stehen: »Frauen wollen, was ihre Gesundheit betrifft, alles richtig machen – was ihnen aber bei der Rezeptvergabe von ›Benzos‹ zum Nachteil geraten kann.« Das merken sie jedoch meist erst spät. Anfangs ist die »Benzo«-Lösung für alle gut. Die Patientin fühlt sich ernst genommen und bekommt etwas gegen ihre Beschwerden, das sofort wirkt. Der Arzt kann schnell und unkompliziert helfen. Die Risiken? Stehen im Beipackzettel.
    Frauen sind auch der Meinung, fügt Glaeske hinzu, von manchen männlichen Ärzten mit Beschwerden wie ständiger Anspannung oder Ängsten als schwach angesehen zu werden. Das kann Auswirkungen auf das Arzt-Patienten-Gespräch haben, Frauen können dadurch anrührend wirken – oder wehleidig. Oft ist da der unbewusste Gedanke: Der starke Mann muss der schwachen Frau helfen. Und er erfüllt die Erwartung der Patientin, dass der Arzt es schon richtet.
    Entscheidend sind weiterhin die schlechteren wirtschaftlichen Bedingungen der Frauen – die sie nicht von ihren inneren Ansprüchen abhalten, das ganze Leben möglichst allein und möglichst perfekt zu meistern. Wie stark eine solche Einstellung seelisch belastet, unterschätzen Frauen meist. Um im Alltag zu funktionieren, allen Widrigkeiten zum Trotz, ist der Griff zur Tablette ein schnelles Mittel. Wer über wenig seelische Kraft verfügt, mit derartigen Belastungen fertigzuwerden, greift eher auf Medikamente zurück – anscheinend trifft dies auf Frauen besonders zu.
    Patienten unterschätzen oft die Gefahr, der sie sich aussetzen, wenn sie immer wieder ein neues Rezept verlangen. Die Medikamente werden weiter und weiter genommen, schon allein, um Entzugssymptome zu vermeiden. Sperrt sich der Arzt gegen ein neues Rezept, gehen sie eben zu einem anderen: Doktor-Hopping nennt man das. Der Politik ist das Problem bekannt. Zur Aufklärung hat die Bundesärztekammer 2007 den »Leitfaden für die ärztliche Praxis« herausgegeben, an dem auch Gerd Glaeske mitgearbeitet hat. Doch verglichen mit den staatlichen Aufklärungskampagnen, die auf die Gefahren von Drogen und Alkohol hinweisen, hört und liest man wenig zum Thema Medikamentensucht. Das hat auch damit zu tun, dass dieser Bereich noch viel zu wenig erforscht ist und dass in die Medikamentenabhängigkeit letztlich Ärzte und Apotheker verstrickt sind.
    Schlafmittel
    Schlafstörungen sind eines der häufigsten Symptome bei Depressionen. Wenn sie die Patienten sehr belasten, kann der Arzt auch Schlaftabletten verschreiben: die sogenannten Z-Drugs. Als die Pharmaindustrie diese mit den Wirkstoffen Zopiclon und Zolpidem einführte, wurde anfangs werbewirksam suggeriert, dass Gewohnheit und Abhängigkeit nicht auftreten würden. Heute weiß man, dass sie nahezu genauso süchtig machen wie Beruhigungsmittel.
    Neuroleptika
    Depressive fühlen sich oft nicht einfach nur antriebsarm und leer oder wie erstarrt. Viele sind sehr empfindlich, was mit ihnen und um sie herum passiert. Ihnen geht alles sehr unter die Haut – besonders alles Schlechte, alles Traurige, alles Elend. Sie können dann das Negative kaum noch von sich fernhalten und verzweifeln an der Not der Welt. Wenn die innere »Ich-Grenze« verschwimmt, wie man es auch von extremer Übermüdung kennt – alles wirkt surreal und verzerrt, und man ist viel reizempfindlicher –, dann kommt es vor, dass einen die Nachricht über die Brustkrebserkrankung der amerikanischen Rocksängerin Sheryl Crow genauso stark trifft und verängstigt, als beträfe es eine Verwandte. Oder einen selbst. Gegen diese fehlende Abgrenzung helfen Neuroleptika.
    Eine solche mangelnde Distanz erlebte ich an einem Samstag im Juni 2011. Ich las einen

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