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Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Titel: Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fuhljahn
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klassischen Schlaftabletten oder zu den Benzodiazepinen, da sie nicht abhängig machen. Auch wirken sie im Gehirn wie eine Reizabschirmung. Bei Psychotikern, die überzeugt davon sind, durch die Wände Botschaften zu empfangen, halten Neuroleptika diese Gedanken fern. Depressiven helfen sie, aus einer endlosen Grübelschleife herauszukommen, sie zu durchbrechen. Oder nicht alles, was ihnen begegnet, zu persönlich zu nehmen. Neuroleptika dienen daher bei labilen und empfindsamen Depressiven zur Stabilisierung der Stimmungslage.
    Im Inneren eines Menschen bauen sie eine Art Schutzschild auf und verhindern die totale Reizüberflutung. Das führt bei mir dazu, dass ich abends im Bett nicht mehr wach liege, vor mich hin brüte und von der Panik in den Klauen gehalten werde. Ich kann abschalten und einschlafen. Tagsüber sorgen die Medikamente dafür, dass ich nicht jeden Moment an die Not der anderen denke, nicht in Angstgefühlen stecken bleibe, also mir wieder und wieder ausmale, was mir noch alles Schlimmes passieren könnte. Depressive glauben oft, dass es nie mehr besser, sondern auf jeden Fall immer schlimmer wird. Die Neuroleptika helfen dabei, diese Negativspirale der eigenen Gedanken zu begrenzen.
    Manche Mittel haben Nebenwirkungen, extrem unangenehme, wie die, dass man sehr viel an Gewicht zunimmt. Unabhängig davon aber sind sie ein Segen. Ohne diese Medikamente hätte ich es nie geschafft, heute noch am Leben zu sein. Denn das Entsetzen, das folgt, wenn ich über den Hauptbahnhof gehe und einen Obdachlosen sehe oder einen Rollstuhlfahrer im Supermarkt – und die Bedürftigkeit ist allgegenwärtig –, ist sehr intensiv. Unweigerlich führt die innere Vermischung dazu, dass ich lieber sterben will, als dieses ungewisse Leben mit all seinen Bedrohungen auszuhalten. Die Neuroleptika machen es mir möglich, nicht in Furcht und Suizidgedanken zu versinken, sondern einen halbwegs normalen Alltag zu haben.
    Stimmungsstabilisierer Lithium
    Lithium ist ein Leichtmetall, das in geringer Konzentration auch im menschlichen Körper vorkommt. Als Medikament ist es kein Antidepressivum, sondern gehört zur Gruppe der Phasenprophylaktika (Stimmungsstabilisierer): So können verschiedene Lithium-Salze vorsorglich bei manisch-depressiven Erkrankungen oder bei Depressionen gegeben werden, um erneute Krankheitsphasen zu verhindern. Außerdem können Lithium-Salze verordnet werden, wenn Antidepressiva allein bei einem Patienten nicht wirken (Lithiumaugmentation). Studien haben belegt, dass dieses Mittel die Gefahr eines Suizids deutlich reduziert. 29 Lithium wirkt an verschiedenen Stellen auf den Körper ein, unter anderem auf die Neurotransmitter im Gehirn. Man geht davon aus, dass dieses Medikament eine manische Episode (siehe Seite 34) verhindert, indem es den Überschuss von Noradrenalin senkt – und einer depressiven Phase entgegenwirkt, indem das Serotonin in der Synapse erhöht wird. Die richtige Dosierung zu finden, ist sehr aufwendig, der Spiegel des Lithiums im Blut muss regelmäßig kontrolliert werden, am Anfang jede Woche. Denn die Salze wirken schnell giftig, daher müssen Arzt und Patient bei der Behandlung vieles genau beachten, zum Beispiel muss der Patient immer ausreichend trinken. Typische Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme, Zittern, Müdigkeit, Erbrechen, übermäßiger Durst und Durchfall.
    Welche Medikamente helfen bei Depressionen?
    Die besten Mittel bei Depressionen sind Antidepressiva und Neuroleptika. Benzodiazepine sind immer noch Standardmedikamente, sie sollten jedoch nur unter den schon genannten Bedingungen – kurz, überwacht und nur zur Überbrückung – eingenommen werden. Zu empfehlen sind weitere Alternativen und Überlegungen:
    â€¢ Frauen mit leichten Depressionen sollten ihr Leben ändern, sich möglichst neue Hobbys suchen und psychosoziale Beratungsangebote nutzen – und darin von ihren Hausärzten unterstützt werden. Das setzt voraus, dass die Mediziner sich entsprechend informieren.
    â€¢ Frauen mit schweren Depressionen sollten unbedingt an einen Facharzt (für Psychiatrie, Psychosomatik oder Nervenheilkunde) überwiesen werden.
    â€¢ Benzodiazepine sollten schnellstmöglich ausgeschlichen werden, was heißt: auf andere Medikamente und Psychotherapie umsteigen. Sie sollten auch nur in kleinen Packungen verschrieben und verkauft werden. Bisher bieten nicht alle

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