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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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fuhr hundert Meter weiter und hielt an. Mein ganzer Körper stand unter Strom. Ich atmete tief und langsam durch. Als mein Herz sich beruhigt hatte, schnupfte ich eine ordentliche Prise von
    Messerklinge. Es war wirklich guter Stoff, und er ließ mich Kathy vergessen.
    Ich fuhr den Lynnway weg von Marblehead zur Route i, wo es einen Striptease-Schuppen namens Lynx Club gab. AIs ich hereinkam, plärrte Sade »Smooth Operator« aus vier Meter hohen Lautsprechern. Es roch nach einer Mischung aus Bier, Schweiß und Zigarettenrauch. Ich suchte mir einen Platz direkt am Laufsteg – in der sogenannten Spannerecke –, faltete einen Dollarschein in der Mitte und stellte ihn wie ein Zelt vor mich auf den Tresen. Die Tänzerin, eine hübsche geschmeidige Rothaarige mit der Art von Figur, die mich normalerweise alles vergessen läßt, schlenderte herbei und ging vor mir in die Hocke. Lächelnd schubste sie den Geldschein mit der Zehe auf den Laufsteg herunter, drehte sich um und beugte sich vor, damit ich ihr zwischen die Beine schauen konnte. Ich nickte ohne besonderen Grund und grinste wider Willen – vermutlich ein Verlegenheitsreflex, der mich jedesmal anwidert, wenn ich ihn bei Männern auf Herrenabenden beobachte. Ich faltete einen Fünfer zusammen und stellte ihn ebenfaIls auf den Tresen. Sie richtete sich auf, versetzte sich selbst drei heftige Klapse, zwinkerte mir zu und schubste dann den Fünfer mit dem Fuß herunter. Nacheinander tänzelte sie zu jedem Mann hinüber und zog für einen oder zwei Dollar ihre Show ab. Als ich bemerkte, daß sie einen Betrunkenen, der mindestens anderthalb Zentner wog, auf genau die gleiche Weise anlächelte und anblinzelte wie mich, ging ich aufs Klo und schnupfte noch eine Prise. Danach kehrte ich an die Bar zurück und bestellte einen Scotch.
    Mein Drink war noch nicht leer, als sie plötzlich in einem kurzen Satinkleidchen neben mir auftauchte. Wahrscheinlich hatte ich mir mit dem Fünfer ein wenig besondere Aufmerksamkeit erkauft.
    »Ich habe Durst.« Sie lächelte.
    »Dann fühl dich eingeladen.« Ich wies auf den Hocker neben meinem. Ohne die roten Lichter auf dem Laufsteg wirkte ihre Haut blaß, und man sah, daß sie Sommersprossen hatte. Doch ihre Lippen waren voll und ihre Augen tatsächlich goldbraun. Sie war etwa fünfundzwanzig. »Wie heißt du?«
    »Tiffany.«
    »Ist das dein richtiger Name?«
    Lachend warf sie ihr rotbraunes Haar zurück. »Den benutze ich hier nicht. Aus Sicherheitsgründen.«
    »Deine Sicherheit oder die der Gäste?«
    Bevor sie antworten konnte, näherte sich der Barkeeper, ein vierschrötiger Mann. »Wie wäre es mit einer hübschen Flasche Champagner für die Dame?« fragte er.
    »Ginger Ale ist in Ordnung«, antwortete Tiffany.
    »Tiffany, du stehst doch auf was Spritziges. Soll es nicht lieber ein Fläschchen Schampus sein?« bohrte er nach. »Nein danke, Max«, sagte sie.
    »Der Herr hier möchte dich wie eine Dame behandeln. Also bestell auch wie eine Dame.«
    »Max, du irrst dich«, unterbrach ich. »Vor nicht einmal zehn Minuten habe ich sie dafür bezahlt, daß sie sich vorbeugt und sich selbst eine runterhaut. Da ist Ginger Ale genau das richtige.«
    Er starrte mich wütend an. »Wer glaubst du, daß du bist? Willst du Ärger haben?«
    »Hör mal«, meinte Tiffany. »Ich hab vor einer Stunde genug Geld an der Bar gemacht. Also gib mir schon ein Ginger Ale.«
    »Du kannst mich mal.« Er streckte die Hand nach dem Zapfhahn aus. »Du denkst wohl, weil du einen hübschen Arsch hast, kannst du hier die feine Dame rauskehren. Hast du dir mal überlegt, daß ich auch was verdienen will?« Er schob ihr das Ginger Ale zu und watschelte davon.
    »Er kriegt fünf Prozent«, erklärte sie.
    »Und offenbar tut er was dafür.«
    Achselzuckend holte sie eine Schachtel Marlboro heraus und zündete sich eine Zigarette an. Sie hatte lange, schmale Finger. »Und du? Was machst du jobmäßig?«
    »Ich bin Psychiater.«
    »Du siehst gar nicht aus wie ein Psychiater – und du benimmst dich auch nicht so.«
    »Ich fühle mich geschmeichelt.« Ich legte ihr die Hand aufs Knie.
    Tiffany schob sie weg. »Du darfst mich nicht anfassen«, sagte sie. »Der Chef sieht alles.« Sie zeigte auf eine Reihe Spiegelfliesen hoch oben an der Wand. »Er läßt dich rausschmeißen.«
    »Dein Schutzengel?«
    »So in der Art.«
    »Besser spät als nie.«
    »Was soll denn das schon wieder heißen?«
    »Vielleicht hättest du früher einen gebraucht.«
    »Bitte tu mir einen Gefallen

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