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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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mich.
    »Ich hab's gefunden!« sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Hallo?«
    »Ich hab's!«
    »Paulson, weißt du, daß es drei Uhr früh ist?«
    »Hast du verstanden. Ich hab's gefunden!«
    Er klang wie ein manischer Patient. »Beruhige dich erst mal. Was hast du denn gefunden?«
    »Bist du bereit?«
    »Im Moment habe ich zufällig gerade nichts anderes vor.«
    »Okay, dann hör mal gut zu. Bist du noch dran?«
    »Paulson ...«
    Er kicherte. »Es war so schwierig, weil es eigentlich ganz einfach ist. Was übrigens für alle bedeutenden Fragen der Wissenschaft gilt. Ich habe nur den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Hier ist die Antwort: Westmoreland hat sie nicht vergewaltigt und anschließend umgebracht, sondern sie erst umgebracht und dann vergewaltigt. Deswegen hat sie sich nicht gewehrt und sich nicht mal untenrum verkrampft. Das konnte sie nämlich nicht, weil sie nicht mehr lebte.« Das klang plausibel. Ich zog an meiner Zigarette.
    »Kann man das mit einemTest beweisen?«
    »Nicht definitiv, aber ich habe was entdeckt. Normalerweise ziehen unwillkürliche Kontraktionen der glatten Muskeln das Sperma hinauf und durch den Muttermund. Sogar bei einer Vergewaltigung. Bei Sarah befand sich das Sperma ausschließlich in der Vagina. Wahrscheinlich haben ihre Muskeln nicht mehr zucken können, als Westmoreland sie vergewaltigt hat.«
    »Das Problem ist nur, daß sich für Westmoreland dadurch nicht viel ändern dürfte«, meinte Levitsky. »Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
    »Als ich das letztemal nachgeschlagen habe, stand auf Vergewaltigung in Tateinheit mit Mord dieselbe Strafe wie auf Mord in Tateinheit mit Vergewaltigung.«
    Als ich mir die Nase abwischte, bemerkte ich Blut auf meinen Fingern. »Warum bist du so sicher, daß er sie ermordet hat?«
    »Ich bin überhaupt nicht sicher. Aber ich bin Realist. Wie Malloy und die Hancock an die Sache rangehen, spielt es wahrscheinlich sowieso keine Rolle. Besonders jetzt, nachdem Sam Fitzgerald eingeschaltet wurde.« Sam Fitzgerald war Gerichtspsychiater. Der Inhalt seiner Gutachten hing eindeutig davon ab, wer sein Honorar bezahlte. »Was soll das heißen?« fragte ich.
    »Ich dachte, du wüßtest es. Die Hancock hat ihn beauftragt. Als ich gestern abend meinen vorläufigen Bericht abgab, war Fitzgerald gerade auf dem Weg zu Westmoreland. Er sagte, er würde dich anrufen, sobald er fertig ist.«
    »Soviel zur katholischen Mädchenschule.«
    »Was?«
    »Nichts.« Ich blies einen Rauchring in die Luft und sah zu, wie er davon schwebte. »Inzwischen sollte ich gelernt haben, daß man viele Konkurrenten hat, wenn man den geraden Weg nimmt.«
    Eigentlich brauchte ich mehr Schlaf, aber ich hatte keine Zeit. Zum Glück war noch etwas von meinem Vorrat übrig. Ich hob die Jeans vom Boden auf, kramte eines der kleinen Zellophanpäckchen aus der Tasche und schnupfte den restlichen Stoff. Dann ging ich unter die Dusche.
    Das warme Wasser auf meinem Rücken wirkte entspannend. Ich lehnte mich in die Ecke und preßte mein Gesicht gegen die kühlen Marmorkacheln. Ich mußte an Rachel denken, wie sie auf dem Barhocker gesessen hatte, das Kleid geschlitzt bis fast zwischen die Beine. Ich stellte mir vor, sie hätte meine Hand auf ihrem Bein liegengelassen. Ich schob ihr die Knie auseinander und strich mit dem Finger die Innenseite ihres Schenkels entlang. »Bitte ... «, flüsterte sie. Sie keuchte. Ich streichelte ihre von Stoff umhüllte Haut, malte mir aus, wie sie sich auf die Unterlippe biß. Sie flehte mich an: »Bitte, bitte, bitte ...« Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich an die Wand, schließlich verscheuchte ich die Gedanken an Rachel. Dann stellte ich mich unter den Duschstrahl und spülte mir die Haare aus dem Gesicht. Inzwischen wirkte das Koks, und ich konnte klarer und schneller denken. Ich mußte in Westmorelands Verstand eindringen. Aber ich hatte keine fünf Jahre, um ihn zu analysieren und die Hintergründe seiner Psychose zu ergründen. Mir blieben nicht einmal die zwei Wochen, die es dauern würde, bis das Thorazin seine inneren Stimmen zum Schweigen brachte. Emma Hancock würde sich nie darauf einlassen, doch ich wußte, daß Amytal die einzige Antwort war.
    Amytal beseitigt die Schutzmechanismen des Verstandes und setzt traumatische Erinnerungen frei. Ich hatte das Medikament zum erstenmal als Assistenzarzt in der psychiatrischen Abteilung des Boston V. A. Medical Center angewendet. Wir waren eine von drei bundesweiten Spezialkliniken

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