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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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widersprochen. Aber warum konnte ich Rachels Gegenwart nur dann ertragen, wenn ich ihr Schmerzen zufügte? Es waren nur wenige Autos unterwegs, und die Straße war trocken. Trotzdem umrundete ich den Bell Circle in Revere sehr langsam. Ich hatte nicht das Geld, um noch jemandem die Autoreparatur zu bezahlen. Als ich an der Wonderland-Hunderennbahn vorbeikam, zündete ich mir eine Marlboro an. Zu meiner Bestürzung mußte ich mir eingestehen, daß ich Manny einen Besuch abgestattet hätte, wenn der Laden geöffnet gewesen wäre. Nur eine Wette – oder vielleicht zwei. Welche Erklärung gab es dafür? Warum fühlte ich mich nur lebendig, wenn ich kurz vor dem Abgrund stand?
    Als ich den Lynnway erreichte, hörte ich hinter mir eine Sirene. Im Rückspiegel sah ich in etwa hundert Metern Entfernung einen Streifenwagen. Ich warf einen Blick auf den Tacho, stellte fest, daß ich die Höchstgeschwindigkeit weit unterschritt, und fuhr nach rechts, um ihn vorbeizulassen. Die Sirene verstummte zwar, aber der Streifenwagen wechselte mit mir die Spur und kam immer näher. Ich spürte, daß mein Herz schneller schlug. Wie absurd, ausgerechnet an dem Tag festgenommen zu werden, an dem ich mich endlich zu einer Therapie durchgerungen hatte! Da Emma Hancock Videoaufnahmen von mir beim Drogenkauf vor dem Emerson besaß, konnte sie behaupten, ihre Leute hätten einen berechtigten Grund, mich zu durchsuchen. Und wenn sie das Kokain fanden, würde ich einige Monate im Kreisgefängnis von Essex verbringen. Vielleicht sogar noch länger. Mein verpfuschtes Leben würde dem
Evening Item
eine tolle Schlagzeile liefern: »Heil dich selbst, Doktor: Psychiater wegen Kokainbesitzes verhaftet.«
    Ich beschleunigte bis zur Höchstgeschwindigkeit und zog das Päckchen aus der Tasche. Hinter mir sprang wieder die Sirene an. Im Rückspiegel überprüfte ich, ob man mich auch nicht sehen konnte, öffnete das Päckchen und schnupfte den Rest. Dann steckte ich das Papier in den Mund, kaute es und schluckte es runter. Auf dem Seitenstreifen hielt ich an. Das Polizeiauto blieb hinter mir stehen.
    Angesichts meiner Pechsträhne hätte ich mir eigentlich gleich denken können, daß Kevin Malloy sich in diesem Wagen befand. Die Daumen in den Gürtel gehakt, näherte er sich meinem Auto. Ein älterer Polizist, den ich nicht kannte, blieb hinterm Steuer sitzen.
    Ich ließ den Motor laufen und schaltete den CD-Spieler an. Big Mama Thornton sang den Blues. Ich schob den Lautstärkeregler hoch.
    Malloy legte einen haarlosen Arm in mein Fenster. Er hielt mir ein paar Handschellen hin. »Wissen Sie, daß wir Ihnen seit der Hunderennbahn mit eingeschalteter Sirene folgen?«
    Ich lächelte.
    »Stimmt was nicht? Was ist denn so komisch?«
    Ich riß mich zusammen. »Big Mama Thornton.« Ich wies auf den CD-Spieler. »Sie singt ›Little Red Roosten‹. Mama war eine der ganz Großen. Und eine witzige Frau. Sie bringt mich zum Träumen.« Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn ein bißchen zu ärgern. »Tut mir leid, daß ich die Sirene nicht früher gehört habe. Ich finde sie echt gut, und das Blaulicht sieht auch cool aus.«
    Er schaute sich in meinem Auto um. »Schön, daß Ihnen das gefällt«, entgegnete er ruhig.
    »Wollen Sie ein Schwätzchen halten?« fragte ich.
    »Ich fürchte nein.«
    Meine Angst wuchs. »Was gibt's denn sonst noch für Möglichkeiten? Jetzt hab ich's: Sie haben mich mit jemandem verwechselt.« Er sah mich an und deutete mit dem Finger auf mich, als wolle er etwas sagen. Dann streckte er wortlos den Arm durchs Fenster und tippte mir auf die Brust.
    Ich blickte an mir herunter. Mein Jeanshemd war mit kleinen Kokainkristallen gesprenkelt. Malloy leckte sich eines von der Fingerspitze.
    »Sieht aus, als hätten wir ein Problem«, stellte er fest und klapperte mit den Handschellen wie mit Kastagnetten. Mir wurde flau im Magen. Ich spielte mit dem Gedanken, ihn auf die dreihundertfünfzig Dollar anzusprechen, die er jeden Monat von Willie Hightower als Schweigegeld kassierte. Aber dann beschloß ich, lieber abzuwarten, bis ich wußte, was er vorhatte.
    »Ich wette, wenn wir diese Kiste nach Koks durchsuchen, hätten wir eine Erklärung dafür, warum sie anderen Leuten das Auto zu Schrott fahren.«
    »Anderen Leuten das Auto zu Schrott fahren?«
    »Verschonen Sie mich damit. Der Bursche mit dem Mustang hat Sie gestern nacht bei der Polizei von Revere wegen Fahrerflucht angezeigt. Er hat gesagt, Sie hätten ihn angefahren und sich dann

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