Kalt, kaltes Herz
Sperma sichergestellt. Ich weiß allerdings nicht, ob es vom Täter oder von einem Liebhaber stammt.«
»Wirst du es mit den bei Sarah gefundenen Spermaspuren vergleichen?« erkundigte ich mich.
Levitsky zwinkerte mir zu. »Soll ich mir die Zeit nehmen oder es lieber auf sich beruhen lassen? Du weißt ja, daß die Polizei nicht begeistert ist, wenn ich mich in Details verzettele.«
»Sie bekommen so viel Zeit, wie Sie brauchen«, entgegnete Hancock ruhig.
»Da Jack the Ripper wieder zugeschlagen hat, besteht vermutlich keine Eile mehr, den Fall schnellstmöglich abzuschließen«, meinte Levitsky und warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Allerdings fürchte ich, daß die Früchte meiner Geduld Mr. Westmoreland nicht mehr viel nützen werden.«
Hancock hatte diese Spitze verdient – allerdings nicht, während ihre Nichte auf dem Seziertisch lag. »Machen wir weiter, Paulson«, forderte ich ihn deshalb auf.
»Okay. Dann also los. Aber zuerst würde ich gern alles erfahren, was du über sie weißt.«
»Über ihr Aussehen?« fragte ich, um Zeit zu gewinnen.
»Du bist nicht das erstemal hier, Frankie-Boy. Ich brauche sämtliche Informationen, die mir helfen, meine Untersuchungsergebnisse zu deuten.«
Unwillkürlich drehte ich mich zu Hancock um. »Ich glaube, sie ging auf den Strich«, sagte ich leise. »Was?« fragte Paulson. »Sprich lauter und ins Mikrophon.«
»Sie war eine Nutte«, wiederholte ich bedrückt. »Eine Prostituierte. Eine Freundin von ihr hat mir erzählt, daß sie es für Geld macht.« Ich spürte Hancocks Hand auf meiner Schulter.
»Verschweigen Sie uns nichts, was uns in diesem Fall weiterbringt, damit wir diesen Typen schnappen«, meinte sie. Ihre Stimme klang, als wäre sie mit ihren Gedanken weit weg.
Levitsky betrachtete uns beide prüfend.
»Sonst weiß ich nichts«, erwiderte ich.
»Okay, wenigstens kennen wir jetzt den Grund, falls ich Sperma von verschiedenen Männern in ihr finden sollte.« Er hatte Hancock immer noch auf dem Kieker. »Hoffentlich bringt meine Spermaanalyse nicht einige Ihrer großzügigen Spender in Verlegenheit. Schließlich haben wir Wahlkampf.«
Hancocks Stirn war gerötet. Sie holte tief Luft. »Ich bin an objektiven Resultaten interessiert, Herr Doktor.«
»Vielen Dank.« Levitsky verbeugte sich leicht. »Eine größere Freude könnten Sie mir gar nicht machen.« Er zupfte heftig an seinen Manschetten, um sie zu glätten.
»Hast du was gefunden, das mir bei der Erstellung eines Täterprofils hilft?« fragte ich ihn.
»Nur, daß unser Mann offenbar sehr sorgfältig vorgeht. Ich habe Dias von den Wundrändern an der Brust angefertigt. Die Veränderungen sind dieselben wie bei der ersten Leiche. Der Täter hat irgend etwas mit den Wunden angestellt. Vielleicht etwas Baraufgestreut. Ich bin noch immer nicht sicher.«
»Keine Nachricht vom FBI-Labor?« erkundigte ich mich. »FBI?« fragte Hancock spitz.
»Paulson hat einen Freund, der Pathologe in Hopkins ist. Er hat Gewebeproben von Sarahs Wunden nach Quantico ins Labor geschickt«, erklärte ich.
»Diese Sache wird bestimmt bald die
Inside Edition
interessieren«, sagte sie.
Ich war entsetzt. Hoffte sie noch immer auf Schadensbegrenzung vor der Wahl?
»Ich denke an die Mutter des Mädchens«, fuhr sie fort. »Es ist nicht leicht für sie.«
Die Tür zum Autopsielabor wurde aufgerissen, und Malloy platzte herein. Er schlenderte lässig zum Tisch, baute sich zwischen mir und Hancock auf und betrachtete die Leiche. »Wow«, lachte er. »Wußte schon immer, daß man vom Rasieren Ausschlag kriegen kann.« Keiner von uns lachte. »Wenn man zu viele Haare wegnimmt ...« Er blickte vom einen zum anderen und zuckte dann die Achseln. »Wann schneiden wir sie auf, Doc?«
»Es überrascht mich nicht, daß Sie gerade rechtzeitig kommen«, sagte Levitsky. »Officer Malloy blieb bei mir, bis ich das letzte von Ms. Johnstons Organen seziert hatte. Sein Interesse an Beweisen ist unersättlich.«
»Darauf können Sie einen lassen«, entgegnete Malloy. »Übrigens habe ich gerade die Schwuchtel vernommen, mit der diese Nutte zusammen gewohnt hat.«
Hancock schloß die Augen.
»Ein arbeitsloser Konditor. Wirklich ein Schätzchen. Aber wenn man mit so einer zu tun hat, kann man nicht erwarten ...« Ich stieß Malloy meinen Ellenbogen in den Mund. Mit einem dumpfen Aufprall landete er auf dem Boden und wand sich vor Schmerzen.
Hancock packte mich am Arm. Eine Hand an der Pistole, funkelte sie mich wütend an. Dann
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