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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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ließ sie langsam los und schien in sich zusammenzusinken. Sie drehte sich zum Tisch um und berührte Monique am Knöchel. »Dieses Mädchen ist meine Nichte, Dr. Levitsky. Bitte helfen Sie uns, so gut Sie können.«
    »Scheiße! Meine Zähne!« brüllte Malloy.
    Hancock stand nur da und fuhr mit den Fingern sanft über Moniques Haut. Nach einer Weile wandte sie sich um, ging zu Malloy hinüber, faßte ihn unter den Achseln und zog ihn auf die Beine. »Ich brauche alle verfügbaren Leute«, sagte sie. »Also versuchen Sie bloß nicht, sich krank schreiben zu lassen. Gehen Sie zum Zahnarzt und kommen Sie dann zurück aufs Revier.« Sie ließ ihn wieder auf den Boden gleiten und sah mich an.
    »Vergessen Sie nicht. Sie kriegen alles, was Sie brauchen.«
    Ich verließ die Gerichtsmedizin gegen neun. Inzwischen hatte ich die Müdigkeit überwunden und fühlte mich wie in einem Nebel. Nachdem ich das Auto gewendet hatte, legte ich eine alte CD von Ray Charles ein. Ich wollte mir Moniques Wohnung ansehen, um am Tatort vielleicht etwas von der Handschrift des Mörders zu entdecken. Aber ich hatte das Bedürfnis, zuerst Kathy im Krankenhaus einen Besuch abzustatten. Warum, wußte ich nicht. Vielleicht hatte sie recht, und ich benutzte sie wirklich als Drogenersatz. Ich legte den Gang ein, um in Richtung Union Street zu fahren. Doch als ich einen kleinen, braunen Umschlag entdeckte, der mit Klebestreifen unten an meinem Handschuhfach befestigt war, bremste ich ruckartig. Ich riß den Umschlag auf – er sah aus wie die, in denen ich als Kind meine Briefmarkensammlung aufbewahrt hatte. Darin befanden sich ein wiederverschließbarer Plastikbeutel mit einem Pulver, das Kokain sein mußte, und eine kleine Karte. Ich holte die Karte zuerst heraus. Auf der einen Seite standen die Anfangszeiten der Messe in Sacred Heart, auf die andere hatte Hancock geschrieben: »Sie kriegen alles, was Sie brauchen.« Jetzt bekam ich sogar schon Drogen auf Bestellung. Ich warf die Karte auf die Fußmatte, zog den Beutel heraus und knetete ihn zwischen den Fingerspitzen. Er fühlte sich weich und einladend an. Wie ein Kissen, auf das ich meinen Kopf betten konnte. Ich schluckte und stellte mir vor, meine Kehle nicht mehr spüren zu können. Dann riß ich den Beutel auf, nahm eine Prise und rieb sie mir ins Zahnfleisch des Oberkiefers. Es wurde sofort taub.
Taub.
Doch noch während ich diesen Zustand der Gefühllosigkeit genoß, fing das Wort an, mich zu stören. Ich mußte daran denken, was Rachel gesagt hatte: Wenn ich mich erst einmal mit meiner Wut auseinandersetzte, würde ich das Koks nicht mehr brauchen. Ich wußte, daß sie absolut recht hatte, ja, ich war felsenfest davon überzeugt. Und dennoch nahm ich noch eine Prise, um meinen Unterkiefer zu betäuben, dann eine dritte für die Nase. Stumpf. Wieder ein Wort, das Stoff zum Nachdenken gab.
    Der Nebel lüftete sich, aber ich befürchtete, es könnte sich wieder um ein durch große Distanz hervorgerufenes Trugbild handeln, so wie meine romantischen Vorstellungen von der Schifffahrt im Hafen von Chelsea. Ich trat aufs Gas, raste die Union Street entlang und schlängelte mich durch den Verkehr auf der Boston Street. Vor dem Stonehill Hospital parkte ich auf einem der Plätze, die für die Ärzte reserviert waren. Am Ende der Reihe stand Trevor Lucas' roter Ferrari Mondial mit der Kühlerhaube zur Straße. Beim Anblick seines personalisierten Nummernschilds schüttelte ich den Kopf. So ein Angeber. Ich eilte die Stufen hinauf und durch die Vorhalle auf die Aufzüge zu.
    Kris Jerold, die Empfangssekretärin, sagte, Kathy mache gerade Visite. »Es dauert noch eine knappe Stunde«, meinte sie und fingerte an ihren goldenen Ohrringen herum. »Ich richte ihr aus, daß Sie da waren.«
    »Sie haben etwas an Ihren Haaren verändert.«
    »Das nennt man lachsfarben.«
    »Ist mir gleich aufgefallen. Es hat was.«
    »Danke.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Dr. Singleton?«
    »Ja. Oder sprechen wir von jemand anderem?«
    »Ganz gut.«
    »Gut?«
    Sie biß sich auf die Lippe. »Nun ja, vielleicht ist ›gut‹ nicht das richtige Wort. Sie ist ... aber ich habe im Moment zuviel zu tun, um mich zu unterhalten.«
    Trevor Lucas kam heraus. Er machte ein paar Schritte, erkannte mich und blieb stehen.
    Ich warf Kris einen Blick zu. »Offenbar geht es ihr doch nicht so gut.« Ich näherte mich dem Empfangstisch. »Ach, sieh mal einer an, der Messerstecher«, begrüßte mich Lucas. »Wußten Sie, daß das ein Anzug von

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