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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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vielleicht fünf Minuten pro Stück. Aber er wollte sie haben.«
    »Oder er wollte sie sich zurückholen.«
    »Wie bitte?«
    Levitsky gegenüber hatte ich keinerlei Bedenken, Lucas ins Spiel zu bringen. »Womöglich hat er ihr die Kissen einmal eingesetzt.«
    »Was soll das heißen?«
    »Vielleicht ist er der Arzt, der Sarah die Brust vergrößert hat.«
    »Du glaubst, unser Mörder ist ein Schönheitschirurg?«
    »Alles ist möglich.«
    »Du hast die Wunden doch selbst gesehen, Frank. Sie waren nicht sauber, sondern Metzgerarbeit. Dann muß er absichtlich gepfuscht haben.«
    »Außer, er hat sich bei seiner Tat in einen Rausch hineingesteigert. Überleg mal, wie mächtig er sich fühlen mußte: Erst erschafft er eine Frau, und dann zerstört er sie.«
    »Vielleicht ... Andererseits kann ein Chirurg sein handwerkliches Geschick nicht verleugnen. Im Gegenteil, unter Druck zeigt es sich nur noch deutlicher. Er ...«
    Ich hatte keine Lust, mir einen Vortrag anzuhören. »Schon klar, was du meinst.«
    »Bei Mike Tyson würdest du ja auch nicht annehmen, daß er einen Mann aus Versehen zu Tode prügelt, oder?«
    »Wir reden hier nicht von Mike Tyson «, entgegnete ich trocken. »Er setzt gezielte, präzise Schläge.«
    »Woher weißt du das, Paulson?«
    »Das Gesetz von Reiz und Reaktion. Wir können vorhersagen, wie Menschen sich verhalten, besonders wenn sie keine Zeit zum Nachdenken haben. Wir Menschen sind nämlich nicht anders als Vögel, die nach Futter picken.«
    »Psychopathen halten sich nicht an übliche Muster. Deshalb sind sie für uns ja auch so schwierig einzuschätzen.«
    »Und wie paßt Monique in deine Theorie?«
    »Sie hatte sich ebenfalls die Brust vergrößern lassen.«
    »Monique auch?« Er schwieg eine Weile. »Wenn der Mörder Arzt ist, brauche ich nicht länger nach dem Instrument zu suchen. Eigentlich hatte ich bei der Frage, was so kurze saubere Schnitte hinterläßt, etwas glatt Geschliffenes wie eine Rasierklinge im Auge.«
    »Aber ...«
    »Aber wenn ich genau darüber nachdenke, kommt ein Skalpell viel eher in Frage.«
    Ich reihte mich wieder in den Verkehr auf der Route 16 ein. In meinem Schädel pochte es. Meine Hände zitterten so sehr, daß mir die Zigarette aus den Fingern rutschte und ich sie mit der Ferse in die Fußmatte graben mußte. Ob meine Nerven nach Kokain fieberten oder mich die Neuigkeiten so aufgewühlt hatten, wußte ich nicht. Zumindest eins war klar: Lucas verkaufte Schönheitsoperationen für Sex, und zwar an männliche und weibliche Patienten. Offensichtlich war er gefährlicher, als ich gedacht hatte. Und wenn er auch Sarah operiert hatte, war er in beide Morde verwickelt. Allmählich fragte ich mich, ob Wut der einzige Affekt war, der ihn antrieb. Levitskys Bemerkungen über die Milliarden, die als Abfindung für Silikonimplantate gezahlt wurden, klangen mir noch deutlich im Ohr. Da Dow Corning, der größte Hersteller von Silikonkissen, Konkurs erklärt hatte, suchten auf derartige Fälle spezialisierte Winkeladvokaten weitere beteiligte Firmen, die sie um ein paar Dollar erleichtern konnten. Und natürlich würden sie sich auch auf die Ärzte stürzen. Nicht jeder Schönheitschirurg hatte eine Versicherung gegen Kunstfehler. Wollte Lucas mögliche Belastungszeuginnen verschwinden lassen? Hatten Sarah und Monique ihm mit Klage gedroht? Das kam mir zwar seltsam vor, doch ich mußte mir vor Augen halten, was ich schon Levitsky gesagt hatte: Psychopathen handeln nicht unbedingt nach den Gesetzen der Logik.
    Ich wechselte die Fahrspur und überholte einen Schulbus. Doch dann erinnerte ich mich an das Mißgeschick mit dem Mustang und drosselte das Tempo.
    Hatte Kathy vor den dunklen Seiten in Lucas' Persönlichkeit die Augen verschlossen? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Die Wahl eines Partners wird nicht vom Zufall bestimmt. Vielleicht war meine Theorie, daß sie noch immer unter dem Verlust ihrer kleinen Schwester litt, keinen Pfifferling wert. Vielleicht war es nur ein Lippenbekenntnis gewesen, als sie sagte, sie sehnte sich nach einem geordneten Leben. Schließlich haben viele Leute, die eine Tragödie überstanden haben, ein ambivalentes Verhältnis zur Gefahr – sie fürchten sie, fühlen sich zugleich aber magisch davon angezogen. Galt das auch für mich? Sicher spielte ich in dem psychologischen und sexuellen Beziehungsgeflecht zwischen Lucas, Kathy und mir eine entscheidende Rolle. Wenn einer von uns etwas tat, hatte das auch Auswirkungen auf die beiden

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