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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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soll ja nicht schlecht über die Toten reden.« Er beugte sich vor und klopfte auf den hölzernen Türrahmen. »Bei dem Geschäft ging es um zwei Operationen, meine und ihre.«
    »Zwei? Was für eine Operation wollte sie vornehmen lassen?«
    »Das war schon erledigt. Vor der Brustvergrößerung hatte sie einen Minibusen.« Er sah an sich hinunter. »Und ich wäre schon zufrieden, wenn ich eine halb so schöne Brust gekriegt hätte. Bei ihr hat man nicht die kleinsten Narben gesehen.«
    »Dieser Arzt – heißt er Trevor Lucas?«
    »Doch wohl nicht etwa ein Freund von Ihnen?«
    »Nein.«
    »Aber Sie kennen ihn.«
    »Ich lerne ihn allmählich kennen.«
    »Können Sie nicht ein gutes Wort für mich einlegen? Damit er mich nicht hängen läßt?«
    Ich wollte mir nicht noch einmal vorwerfen müssen, daß ich einen Hinweis überhört hatte. »Sie sind doch nicht so verzweifelt, daß Sie sich etwas antun würden, Mercury? Das würden Sie mir doch sagen, oder?«
    »Wirke ich so auf Sie?«
    »Nein, aber wenn jemand das Wort ›hängen‹ benutzt ...«
    »Das war nur ein Scherz.« Er faßte sich zwischen die Beine. »Hängen, verstehen Sie nicht?«
    »Doch.« Ich schüttelte den Kopf. »Aber wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Halten Sie sich von Dr. Lucas fern. Es ist weitaus ungefährlicher, seine Meinung zu ändern als sein Geschlecht.«
    »Sie Großkotz haben gut reden. Sie sind schließlich nicht im falschen Körper gefangen.« Er stand auf und ging zum Spiegel. Ich sah ihm zu, wie er einen weiteren Hauch Rouge auflegte. Am liebsten wäre ich tiefer in seine Psyche eingedrungen, um herauszufinden, warum er seine Männlichkeit nicht annehmen konnte. Mir war sogar schon ein Einleitungssatz eingefallen: Den Schwanz hat man Ihnen schon vor langer Zeit abgeschnitten. Das würde ihn wahrscheinlich so in Wut versetzen, daß er sich ein paar seiner Probleme stellte. Doch was dann? Was sollte er in zehn Minuten tun, wenn er auf die Wahrheit zusteuerte und ich nicht mehr da war? Ich seufzte und sagte: »Da haben Sie recht. Ich würde lange Zeit brauchen, um zu verstehen, wie man sich in Ihrer Situation fühlt.«
    Er erstarrte mitten in der Bewegung und sah mein Spiegelbild an.
    »Wenn Sie darüber sprechen möchten – ich meine, herausfinden wollen, was dahintersteckt –, meine Praxis ist in Marblehead, und äh ...« Ich hielt inne. »Ich könnte vielleicht einen Therapeuten finden, der sich damit auskennt. Einen guten Therapeuten.«
    »Danke« erwiderte er zögernd.
    »Keine Ursache.« Ich tätschelte ihm beim Hinausgehen den Arm. »Viel Glück, Mercury.«
    Ich blieb neben Zangota vor der Schwelle stehen und sah zu, wie er das Klebeband erneuerte, das ich abgerissen hatte. Meine Gedanken überschlugen sich. Lucas war mit Monique in der Mordnacht zusammen gewesen. Er hatte ihr die Brust operiert, und ich war mir fast sicher, daß er ihr auch das Piercing verpaßt hatte. Vielleicht hatte sie ihm den Sex verweigert, den sie ihm schuldete, und so hatte er sich die von ihm verschönerten Körperteile zurückgeholt. Doch das war bisher nur eine Hypothese. »Keine Spur von der Mordwaffe?« fragte ich.
    »Wir haben jeden Zentimeter der Wohnung und den ganzen Garten durchkämmt.« Mit einem Nicken wies Zangota auf die Tür. »Was hat er – oder sie oder was auch immer – Ihnen im Bad erzählt?«
    Ich fand es zu früh, die offiziellen Ermittlungen auf Lucas zu lenken, denn ich fürchtete, Emma Hancock würde dann nicht mehr zu bremsen sein, ganz gleich, wie die Beweislage auch aussah. Und wenn wir Zeit verschwendeten, würden womöglich noch weitere Morde geschehen. »Nichts, was uns irgendwie weiterbringen könnte«, antwortete ich. Zangota blinzelte mich argwöhnisch an. »Dafür hat er aber ganz schön lange gebraucht.«
    »Also gut, er hat gestanden. Er hat Monique und Sarah umgebracht. Und John F. Kennedy und John Lennon.«
    »Er wollte doch von einer Abmachung erzählen.«
    »Ach so, die dumme Sache mit der rückständigen Miete. Mercurys Hauswirt hat die Augen zugedrückt, weil er gern ein hübsches junges Ding wie Monique im Haus wohnen hat. Jetzt, wo sie nicht mehr da ist, muß Mercury alles nachzahlen, wodurch seine Operation natürlich ...«
    Plötzlich drang aus der Wohnung im ersten Stock lautes Geschrei. »Weshalb, zum Teufel, streiten die eigentlich«, fragte ich Zangota.
    »Sie sagt: ›Laß ihn in Ruhe! Laß ihn in Ruhe!‹»
    Die Frau kreischte.
    Ich lief zur Treppe, gefolgt von Zangota. »Und was sagt der Mann?«

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