Kalt kommt der Tod (German Edition)
der Experience I , als sie in Barentsburg auslief. Das wäre zumindest eine Erklärung dafür, weshalb er untertauchen konnte.«
»Seine Frau war ziemlich überrascht, als ich ihr erzählte, dass ihr Mann nicht in seinem Büro war«, sagte die Polizeichefin.
»Sie hat Theater gespielt«, bemerkte Packer. »Er war garantiert die ganze Nacht nicht zu Hause.«
»Außerdem lag eine zusammengestauchte Reisetasche im Flur – jetzt, wo ich darüber nachdenke.«
»Vielleicht will sie ihm nachreisen.«
Ingrid Yitterdal: »Daran habe ich auch schon gedacht und die Beamten am Flughafen angewiesen, die Augen auch nach der Frau des Sysselmanns offen zu halten.« Dann sagte sie, an den Professor gewandt: »Tut mir leid, Morton, war nicht persönlich gemeint. Ich habe nur meine Pflicht getan.«
»Dein Bügelbrett-Charme hat mich schon immer fasziniert«, meinte Paulsen. »Wie wär’s mit einem Rotweindinner zur Versöhnung? Bei mir zu Hause?«
Sie stand auf. »Nur mit meinem Kopf unter dem Arm.«
»Eine interessante Vorstellung, in jeder Beziehung«, erwiderte Paulsen grinsend.
Sie verabschiedeten sich und ließen ihn mit seinem Cognac allein.
Kaum dass sie im Wagen saßen, klingelte Ingrids Handy. Als sie das Gespräch beendete, lächelte sie zufrieden.
»Seine Frau wollte in die Maschine nach Oslo steigen, um Verwandte zu besuchen, das hat sie jedenfalls meinen Kollegen erzählt. Warum man dafür drei Koffer und eine Reisetasche braucht, konnte sie ihnen allerdings nicht erklären. Sie bringen Frau Elmgreen zur Polizeistation, da können wir uns in Ruhe mit ihr unterhalten.«
»Wie schnell kannst du mich nach Tromsö schaffen, ohne dass gleich die ganze Welt davon erfährt?«, fragte Packer.
»Dazu bin ich nicht befugt.«
»Wenn dein Chef in die Sache verwickelt ist, gibt es mit Sicherheit auch Mittelsmänner in der Regierung, bei der Polizei oder den Regionalbehörden. Ganz allein hätte er eine so große Nummer nicht durchziehen können.«
91
Als Packer und Kokina die Maschine der privaten Chartergesellschaft bestiegen, die auf Anweisung von Ingrid aus Tromsö herübergeflogen war, um sie an Bord zu nehmen, waren drei Stunden vergangen, in denen die Frau von Ingar Elmgreen ihnen mit tränenerstickter Stimme erzählt hatte, wie ihr Mann sie angerufen und aufgefordert habe, das nächste Flugzeug nach Oslo zu nehmen und im Clarion-Hotel am Flughafen auf ihn zu warten.
Sie zeigte ihnen ihren russischen Pass. Sie hatte nämlich auch einen. Es war ihr unangenehm, jedoch stellte sich schnell und glaubwürdig heraus, dass sie nichts von all dem wusste, weshalb die Polizei ihren Mann dringend verdächtigte. Von dem Pass, von ihrem Pass, hatte er ihr erst erzählt, als sie ihn benutzen musste, bis dahin hatte er monatelang wasserdicht verpackt in Plastikfolie unter den Kieseln in Elmgreens Aquarium gelegen.
In Begleitung einer Beamtin schickte Ingrid die Frau des Gouverneurs nach Hause, mit der Aufforderung, sie umgehend zu benachrichtigen, falls ihr Mann sich meldete.
Die Chartermaschine nach Tromsö hob bei klarem Wetter vom Spitzbergen-Flughafen Svalbard ab. Als das Flugzeug seine Reiseflughöhe erreicht und der Pilot die Motoren gedrosselt hatte, versank Kokina augenblicklich in Tiefschlaf.
Eine Reihe hinter ihm saßen Packer und Ingrid Yitterdal, die dabei sein wollte, um die Sache mit ihnen gemeinsam zu Ende zu bringen.
»Wenn wir gelandet sind, könnten wir eure Freundin im Krankenhaus besuchen«, sagte sie, »Zeit genug hätten wir. Die Experience I wird erst zwei Stunden nach uns in Tromsö eintreffen. Anderthalb Stunden sollten für einen Krankenbesuch reichen.«
»Du bist ja gar nicht so ein Biest«, sagte Packer.
»Muss man aber sein als Frau, vor allem wenn man Polizei auf Spitzbergen spielt. Bedeutet sie dir was, die Frau im Krankenhaus?«
Die Frage traf ihn unvorbereitet.
»Ich kenne sie kaum.«
»Das hab ich nicht gefragt.«
»Ich mag ihre Schlagfertigkeit.«
»Und was ist mit ihren Beinen?«
»Ein bisschen knubbelig.«
»Von meinen Beinen sagt mein Mann das auch. Also hast du sie gern.«
»Mindestens.«
Seit den Schüssen auf Jenna war kaum eine Stunde vergangen, in der er nicht an sie dachte. Irgendetwas hatte sie in ihm ausgelöst, etwas, das über Jahre verschüttet gewesen war.
»Durch das, was ich hier tue, könnte ich vielleicht meinen Job verlieren«, sagte Ingrid. »Ich hätte den Dienstweg einhalten und meine Kollegen in Tromsö über die Vorkommnisse informieren müssen. Von
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