Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
Vom Netzwerk:
auszukommen, das hatte ihn das Boot gelehrt. Vorausgesetzt, der Geist konzentrierte sich während dieser Zeit auf ein festes Ziel. Damals war es das eigene Überleben gewesen, das ihn in der Zeit, im Jetzt, gehalten hatte. Diesmal ging es um das Leben eines Menschen, der ihm einmal viel bedeutet hatte. Und es immer noch tat.
    Wie damals auf dem Meer, in den ersten Tagen, so fühlte er auch in diesem Augenblick eine Energie in sich aufsteigen, eine ungeheure Kraft, die alles möglich machte. Er fühlte sich bereit, alles Weitere so anzunehmen, wie es kommen würde.
    Und darauf zu reagieren.
    Ungefähr eine Stunde nach der vom Hafenamt berechneten Ankunftszeit lief die Riesenberg Experience I in den Hafen von Tromsö ein und machte am Ende des Kais fest, der weit in die Bucht hinausreichte, wo das Wasser tief genug für einen solchen Schiffsgiganten war. Hoher Wellengang, ausgelöst durch ein winterliches Orkantief über dem Nordatlantik, hatte die Überfahrt von Spitzbergen zum Festland verzögert.
    Nun lag das Schiff vertäut an eisernen Pollern und wartete auf neue Ladung. Am nächsten Morgen sollte sie wieder auslaufen. Jede Stunde im Frachtgeschäft bedeutete bares Geld, entweder auf der Haben- oder auf der Sollseite. Der alte Riesenberg bevorzugte die Habenseite und trieb seine Mitarbeiter an, das Soll zu erfüllen.
    Am besten mehr.
    Die Gangway wurde herabgelassen. Kaum berührten die stählernen Enden den Boden, sprangen Phong, Kokina, Ingrid und Lucas mit großen Sätzen hinauf und verteilten sich schnell und effektiv auf dem ganzen Schiff.
    An Bord trafen sie lediglich auf die Stammbesatzung: den Kapitän, drei Offiziere, zwei Ingenieure und achtzehn Männer – Matrosen, Köche und Maschinisten, bis auf vier Deutsche stammten alle von den Philippinen.
    Der Kapitän befand sich mit zwei Offizieren nach dem schwierigen Anlegemanöver in dem engen Hafenbecken noch auf der Brücke. Ingrid und Lucas zeigten ihnen ihre Dienstausweise und wiesen den Kapitän an, seine Leute im Mannschaftsraum zu versammeln. Sie begleiteten ihn und die Offiziere selbst dorthin, um ihnen keine Gelegenheit zu geben, Kontakt zur Reederei oder zur Hafenbehörde aufzunehmen.
    Während Lucas Langlo auf sie aufpasste, durchkämmten Packer, Kokina und Ingrid systematisch die Aufbauten des Schiffes, wo sich die Kajüten, die Aufenthaltsräume und die Kombüse befanden, hasteten bedrückend enge Flure entlang und schmale Aufgänge hinauf und hämmerten gegen alle Türen. Die meisten Türen waren unverschlossen, die anderen öffneten sie mit dem Generalschlüssel des Kapitäns.
    Immer wieder riefen sie die Namen von Carolin und Sarah Jones. Nichts, nirgendwo eine Spur von ihnen. Nach zwanzig Minuten fanden sie sich damit ab, dass die beiden Frauen nicht in diesem Teil des Schiffes festgehalten wurden.
    Die Riesenberg Experience I war ein verdammt großes Schiff. Sie brauchten eine weitere Stunde, um in jeden Winkel zu schauen, jedoch stießen sie in den tief liegenden Ladedecks, im Maschinenraum mit seinen vielen Nischen und Möglichkeiten ebenso wenig auf einen Hinweis auf die Geiseln wie auf dem Deck und in den fünf Rettungsbooten.
    Ingrid und Lucas Langlo schalteten die zuständigen Behörden ein und informierten sie über die Geschehnisse. Sie waren sich im Klaren darüber, dass ihr Alleingang ein Nachspiel haben würde.
    Nach dem Rundgang legte Ingrid dem Kapitän – sein Name war Harald Hustedt – Handschellen an. Hustedt stammte aus Bremen, der Heimatstadt der Riesenberg-Reederei; sein Schiff fuhr aus steuerlichen Gründen unter der Flagge von Panama.
    Die Experience I wurde beschlagnahmt. Hustedt und seine Offiziere wurden der Polizei von Trömso überstellt. Die Mannschaft fand vorläufig Unterkunft im Seemannsheim unweit des Hafens, das mit einem Mal überfüllt war. Bis zum Abschluss der Ermittlungen würde das auch so bleiben.
    Noch in der Nacht gingen eine Hundestaffel und mehrere Kriminaltechniker an Bord, um die Suche nach Carolin Riesenberg und Sarah Jones fortzusetzen.

94
    Unterdessen vernahmen Packer und Ingrid den Kapitän, was ihnen erst nach einigem Beamtenhickhack zwischen Tromsö und Oslo in Anbetracht der Umstände gewährt worden war.
    Sie saßen in einem typischen Vernehmungszimmer, eines von denen, wo der große Wandspiegel obligatorisch ist. Das Mikrofon auf dem Tisch zwischen ihnen war eingeschaltet und wurde von drei dunkelblauen Kaffeebechern eingekreist.
    Harald Hustedt hatte die Hände eines Straßenbauers,

Weitere Kostenlose Bücher