Kalt wie ein Brilliant
auch ein ganz
angesehener Mann. Du aber mußtest dich mit dem begnügen, was übrigblieb, Puppe.
Mit Jammerlappen wie diesem Byers, alten, ausgebrannten Wracks, die für jede
kleine Gunst dankbar waren.«
Sie legte die Hände über die
Ohren. »Ich will nichts mehr hören«, sagte sie erstickt. »Du kannst sagen, was
du willst.«
»Es ist mir ziemlich egal, ob
du mir noch zuhörst oder nicht«, sagte Estell scharf.
»Ich hab’ mir schon überlegt, warum du Louise so sehr haßtest .
Das ist also der Grund. Jetzt sehen wir klar, Boyd, nicht?«
»Ganz klar«, wiederholte ich.
In seinem Gesicht zuckte es
wieder. »Ich hab’ mit dir abzurechnen, Puppe!« In seiner Stimme war keine
besondere Bewegung zu entdecken. »Du hast Louise umgebracht, du hast mich um
das Diadem geprellt, du hast mich zum Mord an Byers angestiftet. Boyd hatte mit
allem recht, was er vorhin gesagt hat.«
Patty ließ die Hände in den
Schoß sinken und sah ihn starr an. »Marty«, sie schluckte mühsam, »du kannst
doch nicht...«
»Was kann ich nicht, Puppe?«
Wieder verzerrten sich seine Züge. »Die Rechnung ist hoch genug. Nach dem Mord
an Byers habe ich nichts mehr zu verlieren.«
»Danny!« Die entsetzten
schwarzen Augen hefteten sich mit einer kurz aufflammenden und ebenso jäh
erlöschenden Hoffnung auf mich.
»Auf den brauchst du nicht zu
setzen. Der hat doch dieses Gespräch hier inszeniert!«
Sie stand auf und stolzierte
mit gezierten Schritten auf ihn zu, wie eine Primaballerina, die die Bühne
betritt. »Marty«, flüsterte sie hingebungsvoll, »laß uns doch diesen dummen
Streit beenden! Wenn du willst, kann ich dir ebensoviel bedeuten wie Louise.
Vielleicht sogar mehr.«
»Grüß Louise von mir, ja?« gab
er gelassen zurück.
Der Revolver in seiner Hand
zuckte plötzlich. Das Zimmer wurde zu einer tobenden Hölle aus Lärm und
Flammen. Viermal hintereinander drückte er ab. Alle vier Schüsse trafen Patty
aus nächster Nähe. Die Wucht der Kugeln schleuderte sie zurück auf die Couch.
Als der Lärm verhallt war und der Pulverdampf sich verzogen hatte, sah ich sie
dort liegen, mit verzerrten Gliedern, wie eine achtlos beiseite geworfene
Flickenpuppe. Ihr Kopf hing herab. Der Mund stand weit offen. In den starren
Augen stand ein letztes, fassungsloses Erstaunen.
»Hör mal, Kumpel!« Martell sah
mich mit ausdruckslosem Gesicht an. »Du störst mich!«
»So?«
»Wie ich der Puppe schon sagte,
hast du die Sache eingefädelt. Du wußtest, daß ich mich im Schlafzimmer
versteckt hielt und jedes deiner Worte hören konnte, nicht?«
»Da hast du recht, Marty!«
»Und daß ich die Puppe
kaltmachen würde, hast du auch erwartet, was?«
»Vielleicht. Jedenfalls ist es
nun geschehen.«
»Bis jetzt ist also alles
planmäßig verlaufen — von deiner Warte aus gesehen. Und wie hast du dir nun den
Schluß gedacht?«
»Ich nehme dich mit, Marty«,
erwiderte ich gelassen.
Der Muskel in seinem Gesicht
zuckte. »Bist du verrückt? Ich knall’ dich nieder, bevor du auch nur Hand an
mich legen kannst.«
»So siehst du aus! Du
entwischst mir nicht, Marty, und weißt du, warum?«
»Na?«
»Erinnerst du dich, wie ich gestern abend in Byers’ Wohnung plötzlich meinen Revolver
zog?«
»Allerdings!«
»Da hast du dich ganz schnell
aus dem Staub gemacht, Marty.« Ich grinste. »Als du sahst, wie Pete ins Gras
beißen mußte, bist du gerannt, bevor die Reihe an dich kam.«
»Ich schmeiß’ doch nicht
freiwillig mein Leben weg«, knurrte er. »Für wie dämlich hältst du mich
eigentlich?«
»Nicht für dämlich«, höhnte
ich. »Nur für feige. Ich habe den .38er bei mir, Marty. Mag sein, daß du den
ersten Schuß hast. Aber lange brauchst du hinterher nicht zu warten, bis wir
gleichziehen.«
»Ich brauchte nur abzudrücken,
Boyd, und die Geschichte wäre ein für allemal erledigt«, sagte er mit enger
Kehle. »Aber ich höre dich ganz gern noch ein bißchen reden.«
»Marty, ich glaube, ich weiß
jetzt, wo das Diadem steckt. Aber ich habe nicht die Absicht, es dir zu
verraten.«
»Du weißt...« Seine Kiefer
spannten sich. »Na, das wird dir auf deiner letzten Reise nicht viel nützen,
Boyd.«
»Du hast auch keine Chance, an
den Schmuck heranzukommen, Marty. Willst du wissen, wo er ist? Du lachst dich
tot. Er ist...«
In diesem Augenblick hechtete
ich — langsam bekam ich Übung darin — mit einem Zweimetersprung zur Couch
hinüber. Marty reagierte, weil ich ihn abgelenkt hatte, eine Fünftelsekunde zu
langsam. Die Kugel,
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