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Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Titel: Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Dodger eine Rolle dickes transparentes Klebeband aus seinem Rucksack und klebte den kleinen Kreis, den er aus der Fensterscheibe geschnitten hatte, wieder zu. Es war zwar sowieso kalt in dem ehemaligen Hotel, aber dieser Kurtz würde möglicherweise den Luftzug spüren, wenn er unten hereinkam. Exknackis reagierten immer sehr empfindlich auf Veränderungen an ihren Käfigen.
    Mithilfe der Stiftlampe aus seinem Rucksack war der Dodger durch die kompletten drei Stockwerke und 17 Räume des schimmeligen alten Hotels gewandert. Er hatte natürlich Kurtz’ Schlafbereich und die merkwürdige kleine Bibliothek entdeckt, aber auch die subtilen Stolperdrähte und Markierungen in dem dreieckigen Raum im Erdgeschoss.
    Und dann waren da noch die beiden Waffenverstecke im ersten Stock – die leere Aushöhlung in der Türfüllung im Zimmer neben Kurtz’ Schlafraum und das noch raffiniertere Versteck unter dem Fußboden des kältesten und schäbigsten Hinterzimmers. Kurtz verbarg dort einen 9-Millimeter-Colt und Munition in Plastikfolie und Öllappen. Der Dodger steckte die Waffe ein, ging zurück in den vorderen Raum der ersten Etage – wo er sich außerhalb des Lichtkreises der flimmernden Schwarz-Weiß-Monitore hielt – und wartete.
    Und Kurtz kam nicht. Und Kurtz kam immer noch nicht. Der Dodger begann, sich alle möglichen Methoden auszumalen, wie der Major den Schnüffler und seine toplastige Freundin getötet haben könnte. Aber er hoffte, dass er sich irrte. Der Dodger wollte, dass Kurtz nach Hause kam. Aber er kam immer noch nicht.
    Es war irgendwann gegen halb elf, als das Handy des Dodgers an seinem Bein vibrierte. Er meldete sich mit einem geflüsterten »Ja«, die Augen weiter auf die Videomonitore gerichtet, die die regennassen Straßen und Wände draußen zeigten.
    »Wo bist du?« Es war der Boss.
    »Im Haus von dem Schnüffler.« Der Dodger versuchte nie, den Boss zu belügen. Der Boss merkte es immer, wenn der Dodger log.
    »Kurtz?«
    »Ja.«
    »Ist er da?«
    »Noch nicht.«
    Der Dodger hörte, wie der Boss verärgert die Luft ausstieß. Er hasste es, wenn der Boss sauer auf ihn war. »Vergiss den Privatdetektiv«, sagte der Boss. »Du musst zum Einkaufszentrum in Niagara Falls fahren. Wir wollen schließlich nicht, dass du unsere ausländische Freundin verpasst.«
    Der Dodger brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass der Boss von der Frau redete, die heute Nacht über die Grenze kam. »Zeit genug«, flüsterte der Dodger. Er musste sie erst um Mitternacht treffen. Und er wollte die Leiche nicht länger in seinem Lieferwagen liegen haben als nötig.
    »Nein, geh jetzt«, befahl der Boss. »Du kannst dort warten. Danach hast du einen Tag und eine Nacht frei.«
    »Ja.« Der Dodger lächelte, als er an morgen dachte.
    »Herzlichen Glückwunsch«, gratulierte der Boss. »Ich habe etwas Besonderes für dich, wenn wir uns am Dienstag treffen.«
    »Danke, Boss.« Der Dodger war immer gerührt von den Geschenken des Bosses. Jedes Jahr war es etwas ganz Besonderes. Etwas, das dem Dodger nie und nimmer eingefallen wäre, sich selbst zu besorgen.
    »Geh jetzt«, drängte der Boss. »Gib Gas.«
    »Okay, Boss.« Der Dodger unterbrach die Verbindung, nahm seinen Rucksack, steckte die Beretta und ihren Schalldämpfer in sein speziell zurechtgebasteltes Holster und verließ das Harbor Inn durch das Fenster und die Feuerleiter an der Nordseite, wo er Kurtz’ vergleichsweise primitive Alarmvorkehrungen abmontiert hatte.
    Etwa zehn Meilen entfernt, im überwiegend polnischen und italienischen Viertel des Vorortes Cheektowaga, machte sich Arlene Demarco auf den Weg zum Einkaufszentrum in Niagara Falls, um das Mädchen Aysha abzuholen. Es war erst 22:10 Uhr, aber Arlene glaubte fest daran, dass man bei wichtigen Terminen unbedingt pünktlich sein musste.
    Sie folgte der 190 nach Grand Island und über die Mautbrücke, dann fuhr sie nach links auf den Moses Expressway und am Nebelberg entlang, der die amerikanische Seite der Niagarafälle flankierte, dann rechts in die Stadt Niagara Falls hinein. Es herrschte so gut wie kein Verkehr in dieser vorletzten Oktobernacht. Es hatte aufgehört zu regnen, aber Arlene musste die Scheibenwischer ihres Buick anschalten, um den feinen Sprühnebel der Wasserfälle von der Windschutzscheibe zu verjagen.
    Da Arlene in Buffalo aufgewachsen war, hatte sie mitbekommen, wie sich Niagara Falls von einem gemütlichen, kitschigen alten Kaff mit den typischen Wirtshäusern und langweiligen

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