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Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Titel: Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Touristenhotels im Amerika des mittleren 20. Jahrhunderts in einen Haufen Beton verwandelt hatte. Es erinnerte sie an das, was sie über das zerstörte Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg gelesen hatte – fast alles war für Erneuerungsmaßnahmen dem Erdboden gleichgemacht worden, um dem Einerlei von Tagungsstätten und Bettenbunkern Platz zu machen, das es heute war. Wenn man eine hübsche, stilvolle und moderne Stadt sehen wollte, musste man über die Rainbow Bridge auf die kanadische Seite fahren.
    Aber Arlene interessierte sich heute Nacht nicht sonderlich für moderne Stadtplanung. Sie fuhr die Niagara Street entlang zur Rainbow Centre Mall, nur einen Block entfernt von der doppelten Ödnis von Besucher- und Kongresszentrum, umgeben von ihren Burggräben aus leeren Parkplätzen. Das Einkaufszentrum besaß eigene Abstellmöglichkeiten, von denen in dieser Sonntagnacht nur wenige Fahrzeuge Gebrauch machten, die zweifellos dem Reinigungspersonal und den Wachleuten gehörten. Eine Schallschutzwand schirmte diesen Teil des Geländes von der Straße ab – und von der Sicht vorbeifahrender Streifenwagen am späten Sonntagabend, wie sie erkannte. Joes Instruktionen hatten gelautet, so lange zu warten, bis das Mädchen Aysha in der Nähe des Haupteingangs im Norden des Einkaufszentrums abgesetzt wurde.
    Arlene tätschelte ihre große Handtasche und vergewisserte sich zum fünften oder sechsten Mal, dass der große Magnum-Revolver darin steckte. Das tat er. Sie war sich etwas albern vorgekommen, als sie ihn aus dem Büro mitgenommen hatte, aber Joe schickte sie nur selten auf Botengänge wie diesen. Obwohl sie in groben Zügen die Verbindung des jemenitischen Mädchens zu den aktuellen Ereignissen kannte, war ihr nicht klar, welche Faktoren möglicherweise noch im Dunkeln lauerten. Arlene wusste nur, dass Joe heute Nacht etwas Wichtiges zu tun hatte, sonst hätte er sie nicht geschickt, um Aysha abzuholen.
    Und deshalb hatte Arlene, obwohl sie weder beunruhigt noch übermäßig nervös war, ihren geladenen Revolver in der Handtasche dabei. Außerdem noch eine Dose Pfefferspray, ihr Mobiltelefon, den illegalen, aber auf überzeugende Weise aktualisierten Ausweis, der sie als Mitarbeiterin des Büros des Bezirksstaatsanwalts von Erie County auswies – und den Waffenschein der Magnum.
    Als Notfallration kamen frisches Obst, zwei Flaschen Wasser, eine Packung Marlboro und ihr treues Bic-Feuerzeug dazu. Nicht zu vergessen das kleine Jemenitisch-Englisch-Wörterbuch, das sie gestern mit gewissen Schwierigkeiten beschafft hatte, eine Thermoskanne Kaffee und das bessere und kleinere der beiden Ferngläser aus der Zentrale.
    Arlene nahm sich Zeit, den Platz, an dem sie warten wollte, sorgfältig auszuwählen – um nicht bei einem Rundgang der Wachleute entdeckt und verscheucht zu werden. Sie entschied sich schließlich für eine abgelegene Stelle in der Nähe der Müllcontainer, zwischen zwei alten Autos, die hier offensichtlich die ganze Nacht parkten. Sie kurbelte das Fenster ein Stück herunter und zündete sich eine Zigarette an.
    Es war etwa 20 Minuten später, gegen 23 Uhr, als der Lieferwagen auf den Parkplatz fuhr, einen großen Kreis beschrieb – Arlene rutschte auf ihrem Sitz nach unten –, um in der Nähe der vier Fahrzeuge anzuhalten, die näher am Haupteingang des unbelebten Einkaufszentrums abgestellt waren. Da der Wagen im rechten Winkel zu Arlenes Buick stand, konnte sie ihn mit dem Fernglas ideal beobachten.
    Es handelte sich um den Lieferwagen einer Schädlingsbekämpfungsfirma. Auf der Seite war ein comicartiges Insekt mit langem Rüssel aufgemalt, das in einer Pestizidwolke keuchend umfiel. Der Fahrer stieg nicht aus. Sein Gesicht lag im Schatten, aber Arlene hielt das Fernglas auf seine Silhouette gerichtet, bis er sich über das Lenkrad vorbeugte, um das Einkaufszentrum zu betrachten. Für einen kurzen Moment schälten die Laternen auf dem Parkplatz die Einzelheiten deutlich aus der Dunkelheit heraus.
    Zuerst dachte Arlene, dass das Gesicht des Mannes wild tätowiert oder mit weißen Streifen und Wirbeln bemalt war. Doch dann erkannte sie, dass es sich um Brandnarben handeln musste. Er trug eine Baseballkappe, aber seine Augen fingen das Licht der Natriumdampflampen ein und schienen wie bei einer Katze gelblich zu funkeln.
    Während sie wie gelähmt dasaß, das Fernglas als Fixpunkt auf ihn gerichtet, drehte sich der Kopf des verbrannten Mannes geschmeidig in ihre Richtung und er starrte sie direkt

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