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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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fundierten Kenntnissen der Barockarchitektur mangelte, hätte er über den Bau an sich allerdings kaum mehr sagen können als ein Ägyptologe über eine neu entdeckte Pyramide, von der nur die oberste Spitze aus dem Sand der Sahara ragte.
    Nachdem Dylan die Kirche kurz in Augenschein genommen hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit dem etwa neunjährigen Mädchen mit Zöpfen zu, das dabei gewesen war, die dunkle hintere Ecke des riesigen Raums zu erforschen, in die Shepherd die drei Gefährten gefaltet hatte. Das Mädchen schnappte nach Luft, blinzelte und sperrte den Mund auf. Dann drehte es sich auf dem Absatz ihrer Lackschühchen um und rannte zu ihren Eltern in einer der Kirchenbänke zurück, zweifellos, um ihnen zu berichten, dass gerade entweder Heilige oder böse Zauberer eingetroffen seien.
    Die Luft roch zwar wie in Jillys Visionen nach Weihrauch, aber man hörte weder Musik noch hektisches Flügelschlagen. Die Anwesenden unterhielten sich nur murmelnd, und ihre Stimmen waberten so substanzlos zwischen den Säulen hindurch wie der Weihrauchduft.
    Die meisten Besucher saßen im vorderen Teil der Kirche vor dem Altar. Falls sich jemand auf seiner Bank umgedreht hatte, um mit einem Bekannten hinter ihm zu sprechen, dann hatte derjenige den Faltzauber jedenfalls nicht mitbekommen. Niemand stand auf, um einen besseren Blick zu haben, und niemand stieß einen erstaunten Schrei aus.
    Nicht weit von Jilly, Dylan und Shepherd entfernt führten junge Männer im Smoking späte Gäste den Mittelgang entlang zu ihren Plätzen. Die Burschen hatten zu viel zu tun, um die wundersame Materialisation in der dunklen Ecke wahrzunehmen, und die ankommenden Gäste waren zu sehr mit dem bevorstehenden Ereignis beschäftigt.
    » Eine Hochzeit «, flüsterte Jilly.
    » Ist das der Ort? «
    » Los Angeles «, sagte Jilly. » Meine Kirche. « Sie klang verblüfft.
    » Deine? «
    » Hier habe ich als Mädchen im Chor gesungen. «
    » Wann geschieht es? «
    » Bald «, sagte Jilly.
    » Und wie? «
    » Schüsse. «
    » Schon wieder irgendwelche verfluchten Waffen. «
    » Siebenundsechzig Menschen werden getroffen … vierzig davon tödlich. «
    » Siebenundsechzig? «, sagte Dylan über die große Zahl erstaunt. » Dann muss es mehr als einen Killer geben. «
    » Mehr als einen «, flüsterte Jilly. » Mehr als einen. «
    » Wie viele? «
    Jillys Blick suchte in den himmelwärts gebogenen Rippen des Gewölbes nach Antworten, glitt dann jedoch an den polierten Marmorsäulen hinab zu den lebensgroßen Heiligenskulpturen, die deren Sockel schmückten.
    » Mindestens zwei «, sagte sie, » vielleicht auch drei. «
    » Shep hat Angst. «
    » Wir haben alle Angst, Kleiner «, sagte Dylan tonlos. Mehr fiel ihm nicht ein, um seinen Bruder zu beruhigen.
    Jilly ließ prüfend den Blick über die Freunde und Verwandten des Brautpaars schweifen, als könnte sie durch irgendeinen sechsten Sinn aus deren Hinterköpfen schließen, ob einer von ihnen mit bösen Absichten hierher gekommen war.
    » Die Killer gehören doch bestimmt nicht zu den Hochzeitsgästen «, sagte Dylan.
    » Nein … ich glaube … nein … «
    Jilly ging einige Schritte auf die unbesetzten Bänke der letzten Reihe zu und hob den Blick von den versammelten Gästen zu dem Altar jenseits des fernen Chorgeländers.
    Eine mehrere Querbogen tragende Säulenreihe trennte den Hauptraum vom Chor. Jenseits der Säulen erhob sich der Hochaltar, in dem Monstranz und Tabernakel glänzten. Dahinter ragte ein monumentales, von oben beleuchtetes Kruzifix auf.
    Dylan trat an Jillys Seite. » Vielleicht kommen sie erst, wenn die Hochzeit schon begonnen hat, um dann gleich loszufeuern «, sagte er.
    » Nein «, entgegnete Jilly, » sie sind schon hier. «
    Bei ihren Worten lief es Dylan eiskalt über den Rücken.
    Langsam drehte Jilly sich suchend rundherum.
    Im Chor stand eine Orgel. Der Organist stimmte den ersten Choral an.
    Offenbar hatten die Handwerker, die mit der Restauration des bemalten Stuckfrieses beschäftigt waren, irgendwelche Fenster oder Türen offen gelassen. In die höchsten Etagen des Raums waren vorübergehend Mieter eingezogen. Aufgeschreckt von ihren Hockplätzen in den Rippen der Gewölbe und den kunstvoll gemeißelten Marmorkapitellen der Säulen, stießen Tauben in den Raum hinab, nicht die Unmenge, die Jilly in ihren Visionen gesehen hatte, sondern acht oder zehn, höchstens ein Dutzend. Sie kamen aus unterschiedlichen Richtungen, fanden sich jedoch sofort zu einem Schwarm

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