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Kalte Freundschaft

Titel: Kalte Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
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bedenklich?«

    »Nicht unbedingt. Sie wird aufwachen, sobald sie körperlich dazu in der Lage ist. Offenbar ist das noch nicht der Fall. Das EEG hat jedenfalls keinen Hinweis auf irgendwelche Hirnverletzungen ergeben. Also gibt es keinen Grund anzunehmen, dass Ihre Tochter nicht bald zu sich kommt.«
    »Danke!« Nadine setzt sich auf einen Hocker neben dem Bett.
    Dr. Broekmans verabschiedet sich, aber sie hört es nicht, weil sie ganz auf Marielle konzentriert ist. Jemand hat sie angefahren und einfach auf der Straße liegen lassen - es ist nicht zu fassen!
    Lange sitzt Nadine am Bett ihrer Tochter - fest entschlossen zu bleiben, bis sie genau weiß, dass Marielle durchkommt.
    Irgendwann holt eine Schwester Marielle für eine neue Untersuchung ab.
    Nadine lässt den Blick durch den Raum schweifen, in dem jetzt das wichtigste Bett fehlt. Diese Leerstelle ängstigt sie so sehr, dass es ihr die Kehle zuschnürt.
    Marielle ist in guten Händen, sagt sie sich und beschließt, erst einmal in die Cafeteria zu gehen. Es ist schon Mittag, und sie hat bisher weder etwas gegessen noch getrunken. Ihr Mund fühlt sich trocken an, der Magen knurrt vernehmlich.
    An einem Tisch in der Ecke isst sie eine Tomatensuppe und ein Brötchen. Dann schaltet sie ihr Handy an, obwohl sie nicht weiß, ob das in der Klinik erlaubt ist. Aber sie muss ihre Eltern benachrichtigen.
Als sie die vertraute Nummer wählt, zögert sie. Vielleicht wartet sie doch besser noch ein wenig. Ihre Eltern würden umgehend kommen und sie mit Fragen, wenn nicht gar Vorwürfen, bestürmen, und solch einer Situation fühlt sie sich momentan noch nicht gewachsen. Ganz zu schweigen davon, dass sie dann auch erzählen müsste, was mit Eelco passiert ist, und dass die Polizei sie und Arnout verdächtigt.
    Zudem kann man sie leicht orten, wenn sie das Handy anhat. Sie wundert sich, dass ihre Eltern noch nicht selbst angerufen haben. Von Marielles Unfall können sie zwar nichts wissen, aber über den Mord an Eelco wird stündlich in den Nachrichten berichtet.
    Wer, um Himmels willen, mag ihn umgebracht haben? Arnout kann es nicht gewesen sein - oder vielleicht doch? Mit Schrecken wird ihr klar, dass damit der erste Zweifel gesät ist. Und schon misstraut man einem guten Freund …
    Fest steht jedenfalls, dass es jemand auf die Menschen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis abgesehen hat. Erst war Joella dran, die ihr etwas erzählen wollte. Dann Eelco, der vermutlich mehr wusste, als er ihr gesagt hat. Und vielleicht war es auch nicht wirklich ein Unfall, dem Marielle zum Opfer fiel? Um die Zeit, als ihre Tochter angefahren wurde, saß sie beim Essen in einem Restaurant am Leidseplein. Arnout hingegen kam erst später nach Amsterdam. Wesentlich später.
    Eine Lautsprecherstimme reißt sie aus ihren Grübeleien:
»Frau van Mourik wird gebeten, auf die Intensivstation zu kommen. Frau van Mourik wird gebeten …«
    Sie steht so hastig auf, dass sie gegen den Tisch stößt. Der Kaffee fällt um und ergießt sich über die ganze Platte. Ohne sich um die Bescherung zu kümmern, läuft Nadine zum Aufzug.

45
    Sie hat es so eilig, zu Marielle zu kommen, dass sie fast eine Frau im Rollstuhl umrennt, und am Lift drängt sie sich rücksichtslos vor.
    Während er nach oben fährt, trommelt sie ungeduldig mit den Fingern an die Wand und ignoriert geflissentlich die ärgerlichen Blicke der anderen Leute.
    Mit Marielle muss etwas passiert sein! O Gott, wenn sie nur rechtzeitig da ist!
    Im vierten Stock angekommen, quetscht sie sich durch die halb offene Lifttür und eilt zur Intensivstation. Schwester Lydia lässt sie sogleich ein.
    »Gut, dass Sie so schnell gekommen sind.«
    »Was ist passiert?«, keucht Nadine, völlig außer Atem.
    »Ihre Tochter ist bei Bewusstsein. Aber erschrecken Sie nicht, Marielle ist noch ein wenig verwirrt.«
    »Bei Bewusstsein … aber das ist doch gut, oder?«
    »Auf jeden Fall. Obwohl wir natürlich noch weitere Untersuchungen vornehmen müssen, um bleibende Schäden ausschließen zu können.«
    Als Nadine den Raum betritt, fällt alle Anspannung von ihr ab. Da liegt ihre Tochter, halb aufgerichtet,
und bemüht sich sogar, zu lächeln. Sie lebt! Sie kann sogar wieder lachen!
    Mit Tränen in den Augen setzt sie sich auf Marielles Bett und nimmt ihre Hand.
    »Na, mein Mädchen«, sagt sie leise. »Wie geht es dir?«
    Der Beatmungsschlauch ist weg, Gott sei Dank. Aber Marielle wirkt sehr schwach und erschöpft. Plötzlich bekommt sie einen Hustenanfall und

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