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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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Wohnzimmer entdeckte er auf dem Tisch die Sektflasche mit den zwei Gläsern vom vorigen Abend. »Erwartest du noch jemanden?«
    »Ich wüsste nicht wen.« Robert räumte die Überreste vom Vorabend in die Küche. Während er den Sekt in den Kühlschrank stellte, rief Max aus dem Wohnzimmer: »Hast du was zu essen da?«
    »Brot.«
    »Mit Wurst wäre toll.«
    Robert legte einige Scheiben Brot, Butter und Aufschnitt, Teller und Messer auf ein Tablett und brachte seinem Bruder das karge Abendmahl. Draußen ratterte eine Straßenbahn vorbei. Das Dröhnen ließ das Besteck auf dem Teller klirren. Robert schob eine CD in die Hi-Fi-Anlage, aus der wenig später eine leise, verträumte Stimme klang. Licht überm See , sang sie, ein fließender Glanz, schnell wie ein Vogel. Die Wipfel der Nacht von oben erhellt, eine Feuerhand will fassen nach mir.
    »Die Frau ohne Schatten?« Max’ Miene hellte sich auf. »Die spielen wir in der Oper. Magst du nicht zu einer Vorstellung kommen?«
    Das versuche ich seit Tagen. Robert ging in die Küche zurück, wo er zwei Gläser mit Orangensaft füllte, bis der Tetrapak fast leer war. Auf dem Weg ins Wohnzimmer hörte er ein Klopfen an der Tür. Mit dem Ellbogen drückte er die Klinke hinunter.
    »Hallo!«, lächelte Nadine.
    »Funktioniert die Klingel nicht?«
    »Doch, bestimmt. Aber ich dachte, falls du schon schläfst, wecke ich dich lieber nicht.«
    »Bin gerade nach Hause gekommen.«
    »Der Fall ist abgeschlossen?«
    »Schön wär’s.«
    »Dann hat sich …« Nadine bemerkte die zwei Gläser in seiner Hand, kurz darauf die Opernmusik. Ach! Schönheit ohnegleichen! Ein blitzendes Feuer! Oh! Oh! Meine Tochter, vor wem stehen wir?
    »Komme ich ungelegen?«
    »Nein, nein, mein Bruder ist da.«
    »Oh.« Sie trat einen Schritt zurück. »Das ist mir …« Ihre Stimme wurde zu einem Wispern. »Das ist mir unangenehm.«
    »Was?«
    Sie nestelte an ihrem Kleid. »Eigentlich wollte ich nicht stören.«
    »Das tust du nicht. Komm doch herein!«
    »Ich wollte nur eine Frage stellen. Aber das kann ich auch morgen früh noch.«
    »Morgen früh?«
    »Das Frühstück. Es bleibt doch dabei, oder?«
    »Ach so, natürlich«, beeilte er sich zu sagen. »Um zehn Uhr.«
    Sie lächelte erleichtert. »Bis dahin.«
    Er schaute ihr hinterher, wie sie die Stufen hoch zu ihrer Wohnung erklomm. Der Saum ihres schwarzen Sommerkleides umflatterte ihre Beine, die Absätze der Riemchensandaletten klackerten auf den Stufen. Sie sah hinreißend aus, und Robert freute sich auf das Frühstück. Auch wenn er es fast vergessen hätte. Du Hornochse!
    »Deine Nachbarin?«, fragte sein Bruder, als Robert sich endlich zu ihm ins Wohnzimmer gesellte. »Also hast du doch noch Besuch erwartet?«
    »Sie hatte nur eine Frage.«
    »Na klar«, lächelte Max. »Und da hast du dich gleich mit ihr zum Frühstück verabredet.«
    »Nein, das hatte ich bereits und … Ach, was erzähle ich dir eigentlich davon? Verrate du mir lieber, warum du abends in unserem Haus in Ruhleben herumschleichst.«
    »Wer? Ich?«
    »Von Deese hat dich gesehen.«
    »Der alte Kommisskopf? Auf dem Grundstück? Was sollte ich dort wollen?«
    »Das frage ich dich.«
    »Wen auch immer der Mann dort gesehen hat, ich war es jedenfalls nicht.« Verwundert schüttelte Max den Kopf. »Würde mich allerdings interessieren, wer sich dort herumtreibt.«
    »Mich nicht«, sagte Robert. »Mir reicht schon, dass ich Bo …« Halt bloß den Mund!
    »Du hast Bo getroffen?«, fragte Max vorwurfsvoll.
    Robert nahm einen Schluck vom Orangensaft. »Wegen meiner Arbeit.«
    »Was hat Bo mit deiner Arbeit zu tun?«
    »Die Polizei hat mich um Hilfe im Mordfall Lahnstein gebeten. Deshalb musste ich mit ihr reden.«
    Max überkreuzte die Arme. »Na, da bin ich aber mal gespannt.«
    »Du weißt, dass ich über meine Arbeit nicht reden darf.«
    »Jetzt sag schon!«
    Robert sank in die Couch. Sag’s ihm, sonst gibt er keine Ruhe. Außerdem war Max sein Bruder. Mein großer Bruder.
    Robert schilderte ihm die Ereignisse der letzten beiden Tage. Max lauschte, ohne ihn zu unterbrechen. Doch je mehr Robert erzählte, umso mehr verdüsterte sich die Miene seines Bruders. Robert beendete seine Ausführungen mit dem ergebnislosen Besuch vor Herzbergs Charlottenburger Wohnung.
    »Aber das allein ist es nicht, oder?«, stellte Max fest.
    Manchmal fand Robert es beängstigend, wie leicht sein Bruder ihn durchschaute. »Die Kommissarin glaubt, Tania lügt.«
    »Und du ärgerst dich jetzt, weil du

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