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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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Robert gestern Mittag in der Redaktion zurück. »Allerdings war er ziemlich durch den Wind.«
    Hagen biss in das Brötchen, kaute langsam und bedächtig. »Durch den Wind?«
    »Robert war äußerst überrascht über unsere Begegnung. Er schien mir irritiert und, ich glaube, sogar etwas enttäuscht.«
    »Als wenn er einen Grund dazu hätte.« Hagen schnaubte abfällig, und Krümel verstreuten sich rings um sein Frühstücksbrettchen.
    Tania betrachtete die kleinen braunen Krumen. Jetzt, mit dem Abstand eines Tages, schämte sie sich für ihre Reaktion auf Roberts unerwartetes Auftauchen. Sie war unbeherrscht und unfreundlich gewesen. Dabei hatte er nur seinen Job erledigen wollen. Den Mörder von Frank Lahnstein finden.
    Hagen warf das zweite Brötchen, das er aus der Tüte geholt hatte, auf seinen Teller, dann zog er die Zeitung zu sich und studierte den Artikel.
    »Du hast mich gestern gefragt«, sagte er schließlich, »ob ich etwas ändern wollen würde. Was ist mit dir? Würdest du?«
    »Was soll diese Frage denn jetzt?«
    »Nein, sag es mir: Wenn du könntest, würdest du die Uhr zurückdrehen?«
    »Das sind schon zwei Fragen.«
    »Die auf die gleiche Antwort hinauslaufen.«
    »Nein, ganz und gar nicht«, gab Tania zurück. »Es ist ein Unterschied, ob ich die Uhr zurückdrehe, um etwas ungeschehen machen zu können, oder ob ich an meiner Situation hier und heute etwas ändern möchte.«
    »Und? Was von beidem trifft auf dich zu?«
    Tania überlegte. Natürlich, stünde sie heute noch einmal vor der Wahl, würde sie vieles anders machen – oder ungeschehen. Die unselige Ehe mit Ralf zum Beispiel. Und die frustrierende Beziehung mit Robert, mit der überhaupt erst alles begonnen hatte. Ich habe Dummheiten gemacht.
    Aber ihre Situation heute? Hier und jetzt? Würde sie daran etwas ändern wollen? Ihr war klar, woher Hagens Fragen rührten, doch seine Sorge war unbegründet. Sie hätte nur zu gern einige Aspekte ihres Lebens geändert: keine missgünstigen Kollegen mehr, keine böswilligen Gerüchte, weniger Stress und keine Angst. Die Beziehung zu Hagen war jedoch das Beste, was ihr seit Langem passiert war.
    Im Wohnzimmer begann ihr Handy zu läuten. Sie holte das Telefon und ging ran. »Ja, bitte?«
    Niemand antwortete. Nur Atemzüge waren zu hören. Leise und regelmäßig.
    Eine Gänsehaut kroch über Tanias Körper. »Ralf? Bist du das?«

78
    Sera betrat das Präsidium. Der Beamte am Empfang schmunzelte. Die zwei Polizisten, die den Fahrstuhl verließen, lächelten. Als im zweiten Stock ein Vernehmungsbeamter zustieg, grinste er wie ein Honigkuchenpferd. Verwundert verließ Sera den Aufzug in der dritten Etage. War heute ein Virus spontan guter Laune ausgebrochen? Nein, wohl doch nicht. Im Konferenzraum hörte sie eine laute Stimme wüten, unverkennbar die von Dr. Salm. Blundermann antwortete leise und defensiv. Das sieht ihm gar nicht ähnlich.
    Im Vorzimmer hockte Gesing auf Ritas Platz und zog den Kopf ein. »Dicke Luft.«
    »Den Eindruck hatte ich bisher nicht.«
    »Kann ich mir denken.«
    »Wieso? Was ist los?«
    Nun griente auch Gesing. »Hängen die Bilder nicht mehr?«
    »Wo hängen welche Bilder?«
    »Unten, hinterm Eingang, am Schwarzen Brett.«
    »Darauf habe ich nicht geachtet.«
    Die Tür zum Konferenzzimmer flog krachend auf, und der Dezernatsleiter polterte heraus. »Wenn so etwas öffentlich wird – wie stehen wir als Polizei denn dann da? Ein Beamter als Nacktmodell!«
    Erst nachdem der Chef im Treppenhaus verschwunden war, traute sich Blundermann aus dem Konferenzraum. Schweiß tropfte ihm von der Stirn. Sera sah ihn fragend an.
    »Was ist?«, blaffte er sie an. »Haben wir nichts Wichtigeres zu tun?«
    Sera wechselte einen Blick mit Gesing. Der hob die Schultern und erklärte: »Die Wohnung von Ralf Herzberg wird seit gestern Abend observiert. Bisher ist er dort nicht aufgetaucht.«
    Blundermann wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß vom Gesicht.
    »Ich habe vorhin Beamte zur Befragung seiner Nachbarn rausgeschickt. Aber so, wie es bisher ausschaut, haben ihn nur die wenigsten näher kennengelernt.«
    Sera musterte ihren Kollegen. Ein Beamter als Nacktmodell? Aber wenn er nicht darüber reden mochte, wollte sie Blundermann nicht dazu zwingen. »Was ist mit seiner Schwester in Barcelona? Vielleicht weiß sie ja, wo ihr Bruder steckt.«
    »Ich kümmere mich darum.« Blundermann marschierte in sein Büro.
    Vier Zimmer weiter vorne kauerte Kriminalhauptkommissar Sebastian Berger

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