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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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einem halben Jahr? Nein, das ist zu lange her«, hielt Babicz entgegen. Der Schlüsselanhänger zwischen seinen Fingern blitzte im Licht der Scheinwerfer auf. »Es muss einen anderen Grund geben, warum er ausgerechnet diese Kneipe ausgewählt hat.«
    Sera spürte Gesings Blick auf sich.
    »Ich kenne den Betreiber«, gab sie zu.
    »Kennen Sie ihn gut?«, wollte der Psychologe wissen.
    Diese ganze Geheimniskrämerei … »Er ist ein guter Freund.«
    »Wie gut?«
    … die geht mir ganz schön auf die Nerven. »Eben sehr gut.« Babicz musterte sie. Keine Ahnung, was er ihrer Miene zu entnehmen glaubte, aber er nickte, als sähe er sich in seiner Einschätzung bestätigt. »Der Mörder spielt mit uns. Mit der Polizei. Den Ermittlern. Mit Ihnen, Frau Muth, weil Sie die leitende Beamtin der SOKO sind. Seine Botschaft ist eindeutig: Ich weiß etwas über euch! Und ich habe Macht über euch! «
    Seras Mund war auf einmal staubtrocken.
    »Der Mörder hat sich über Sie, Frau Muth, kundig gemacht, so wie er sich auch über Frau Herzberg und Herrn Schulze im Vorfeld seiner Taten informiert hat.«
    Ja, das hat er, aber … Was genau hatte der Mörder über Gerry und sie herausgefunden? Natürlich musste der Mörder wissen, dass das Ernie & Bert mehr für Sera war als nur eine Kneipe, in der sie gelegentlich verkehrte. Aber wusste er auch, dass Gerry und sie …?
    Der Psychologe unterbrach ihre Gedanken: »Und so, wie er den Journalisten Angebote machte, die sie nicht ablehnen konnten, legte er auch für Sie, Frau Muth, einen Köder aus, dem Sie nicht widerstehen konnten. Aber während Sie voller Sorge zu der Bar Ihres Freundes fuhren …«
    »… rief er erneut Frau Herzberg an und verriet ihr den tatsächlichen Fundort der Leiche«, schloss Blundermann den Satz.
    »Und dabei handelte es sich beileibe um keinen x-beliebigen Fundort! Damit treibt er das Spiel auf die Spitze. Wie vor nicht einmal drei Tagen hat er sein Opfer in dieser Lagerhalle entsorgt. Eine tollkühne Demonstration der Macht und Kontrolle, die er auszuüben glaubt – auch über uns, die Polizei.«
    »Das ist nicht tollkühn«, Dr. Salm schnappte nach Luft, »das ist krank!«
    Babicz schob nachdenklich die silberne Scheibe zurück in die Hosentasche. »Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass sich Genialität und eine fehlgeleitete Psyche nicht ausschließen.«
    »Mir ist völlig egal, ob Sie ihn für ein Genie halten«, mischte sich Staatsanwalt Heindl erbost ein. »Wenn ich Sie daran erinnern darf: Wir haben vor wenigen Minuten erfahren, dass wir es mit einem Serientäter zu tun haben, der ein perfides Spielchen mit uns treibt. Ansonsten haben wir nichts in der Hand. Keine Spuren. Können Sie sich vorstellen, was die Presse mit uns anstellen wird, wenn sie davon erfährt?«
    »Wir sollten eine Nachrichtensperre verhängen«, schlug der Dezernatsleiter vor. »Keine Videos von Entführungen mehr. Keine Berichterstattung über die Morde.«
    »Schauen Sie sich die Meute doch an!« Der Staatsanwalt sah angewidert nach draußen zu den Journalisten. »Glauben Sie etwa, die werden sich daran halten? Ausgerechnet jetzt, da es einen ihrer Kollegen erwischt hat? Die Schreiberlinge werden uns die Hölle heißmachen.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob die Presse unsere größte Sorge sein sollte«, wandte Sera ein.
    »Sie hat recht«, pflichtete ihr der Psychologe bei, während er sich die Hände rieb, als hätte er sich bei dem Spiel mit dem Schlüsselanhänger verletzt.
    »Sondern?«, fauchte Dr. Salm.
    » Wann wird er wieder töten? Und wen ?«
    »Gar nicht! Und niemanden!« Dr. Salms Halsschlagader drohte zu platzen. »Weil Sie nämlich diesen Irren vorher finden!«

92
    Robert sah zu, wie Staatsanwalt Heindl und Dezernatsleiter Dr. Salm im missmutigen Gleichschritt vom Grundstück marschierten. Wie hungrige Hyänen fielen die Reporter über sie her. Die erhitzten Stimmen erinnerten an ein Echo, das die Tage seit dem ersten Mord an dem jungen Lahnstein überdauert hatte.
    Die Kommissarin trat neben Robert und deutete auf die Kriminaltechniker, die ihrer Arbeit in dem Lagerhaus nachgingen.
    »Was meinen Sie? Werden sie Spuren finden?« Muth klang, als wüsste sie die Antwort auf ihre Frage bereits.
    Der Mörder spielt mit uns. Mit der Polizei. Den Ermittlern. »Nicht mehr als das«, sagte Robert, »was der Täter uns beim ersten Mal hinterlassen hat.«
    »Was uns auch nicht weitergeholfen hat.«
    War das eine Anspielung? Darauf, dass Robert bisher ebenfalls keine

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