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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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schüttelte den Kopf. »Ich glaube, der Senator hätte nicht einmal ein Problem damit gehabt, wäre nicht die Presse dahintergekommen, dass Jasmin im Café Hermano getanzt hat. Kennen Sie den Laden?«
    Das Hermano war eine berüchtigte Schickimicki-Kneipe am Alexanderplatz, nur einen Steinwurf vom Präsidium entfernt. Der Szenetreffpunkt war vor Jahren bei einem Brand zerstört worden, aber inzwischen hatte der Besitzer, eine Berliner Milieugröße, den Laden längst wieder restauriert und neu eröffnet.
    »Die Medien haben das natürlich ausgeschlachtet: Lahnstein junior liebt Stripperin! Diese Sorte Presse, mitten im Wahlkampf, gefiel dem Senator natürlich überhaupt nicht. Eine Stripperin, ausgerechnet in seiner tugendhaften Familie, o Gott!« Gerlinde kramte in ihrer Handtasche. »Verstehen Sie, was ich meine?«
    Vermutlich besser, als Sie ahnen . Sera bejahte.
    »Es ist ständig zu Streit gekommen«, fuhr Jasmin fort.
    »Aber nicht nur wegen ihr!« Gerlinde schnippte eine Kippe aus einer Zigarettenschachtel und entzündete sie mit einem Feuerzeug. »Auch wegen Frank selbst. Er war DJ. Nicht eben das, was sich sein Vater vorgestellt hat. Aber Frank wollte sein eigenes Ding durchziehen. Hat er dann ja auch.«
    Seras Handy klingelte. Ein rascher Blick auf das iPhone: Es war ihre Mutter. Sera drückte das Gespräch weg. »Frau Peters, wusste Ihr Freund von den Morddrohungen gegen seinen Vater?«
    »Er hat es ihm gesagt.« Jasmin zog die Beine an den Körper und umklammerte sie mit den Armen. »Aber Frank wollte davon nichts hören. Er hat nur gesagt: ›Was habe ich damit zu tun? Bin ich der Politiker oder du?‹ Irgendwie hatte er ja auch recht.«
    »Wusste Frank von der Überwachung?«
    Jasmin riss ihre geröteten Augen auf. »Überwachung?«
    »Er hatte Polizeischutz.«
    »Nein, davon hatte er keine Ahnung.« Ihre Worte gewannen an Heftigkeit. »Was soll das auch für ein Schutz gewesen sein?« Sie schluchzte. Tränen rannen ihre Wangen hinab. Gerlinde legte den Arm um sie.
    Erneut läutete das Mobiltelefon. Abermals Annecim. Sera schaltete das Gerät ab. »Wo hat sich Ihr Freund gestern Abend aufgehalten?«
    »Am Anfang im Lovelite .« Das Lovelite war eine Diskothek, ebenfalls nicht weit von der Simplonstraße entfernt. Gerlinde zog an der Kippe, während sie ihre Freundin weiter im Arm hielt. Eine Qualmwolke nebelte die beiden Frauen ein. »Er hat dort als DJ aufgelegt.«
    »Haben Sie ihn begleitet?«
    »Ja, wir waren beide dabei.«
    »Hat er gestern Abend etwas gesagt?«, erkundigte sich Gesing.
    Durch den Zigarettenqualm sahen ihn die beiden Frauen verwirrt an.
    »Zum Beispiel, dass ihm etwas merkwürdig vorkam.«
    Sie verneinten.
    »Und was ist mit Ihnen? Ist Ihnen etwas aufgefallen? Vielleicht jemand, der Ihren Freund bedroht hat? Längere Zeit angestarrt? Oder verfolgt?«
    »Nein«, sagte Jasmin.
    »Nein«, bestätigte Gerlinde.
    »Überlegen Sie genau«, bat Gesing. »Jede Beobachtung könnte wichtig sein.«
    »Nein, wirklich, ich … ich …« Jasmin brach ab und setzte neu an. »Es war alles wie immer.«
    Gerlinde drückte ihre Freundin fester an sich. Auch ihr traten jetzt die Tränen in die Augen. »Du darfst dir keine Vorwürfe machen, Schatz. Wir können nichts dafür.«
    Sera schaute aus dem Fenster. Die Nachmittagssonne verschwand gerade hinter den Dächern und ließ dunkle Schatten zurück. Auf den neuen Bahnsteigen des Ostkreuzes gingen die Lichter an. Etwas weiter westlich lag der Beginn der Revaler Straße. Bis zu dem Fundort von Frank Lahnsteins Leiche waren es nur ein oder anderthalb Kilometer. Nicht viel weiter als bis zum Lovelite .
    »Sie sagten, Sie seien anfangs im Lovelite gewesen«, sagte Sera. »Wo sind Sie dann hin?«
    Jasmin setzte zur Antwort an, aber ihre Stimme versagte. Sie hustete.
    »Nachdem Frank mit seinem DJ-Set fertig war, sind wir ins Rosies gelaufen.« Eine weitere Diskothek im Kiez. Gerlinde drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus. Wieder stieg Sera der Geruch von Haschisch in die Nase. »Später sind wir in die Panoramabar gefahren. Gegen sechs heute Morgen sind wir nach Hause.«
    »Und Frank war nicht bei Ihnen?«
    »Doch, aber am Ostkreuz hat er sich verabschiedet. Er wollte noch einmal zum Lovelite , seinen Plattenkoffer abholen, und anschließend nach Hause kommen.«
    Jetzt erklang das Klingeln von Gesings Handy. Er warf einen Blick auf das Display und nahm dann stirnrunzelnd das Gespräch entgegen.
    Sera wartete, bis ihr Kollege das Zimmer verlassen

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