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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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die Leiche nur gefunden.«
    »Dann möchte ich mir den Fundort ansehen.«
    »Genau!« Der Dezernatsleiter klatschte in die Hände. »Deswegen haben wir uns ja auch hier getroffen.«
    In der Lagerhalle war das Licht der Scheinwerfer noch greller und unangenehmer. Babicz kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, während er die Nische hinter der Betonmauer begutachtete. Die Leiche war mittlerweile in die Gerichtsmedizin verfrachtet worden. Auf dem staubigen Boden trocknete zwischen den Kennzeichnungen und Nummerierungen der Spurensicherung das geronnene Blut.
    Sera beobachtete den Psychologen. Er schritt die Umgebung ab, verlor kein Wort. Zwei oder drei Mal blieb er stehen, gähnte, rieb sich die Augen, beugte sich hinab. Dann blickte er missmutig zu den Löchern im Dach hinauf. Draußen war es dunkel. Selbst das Licht des Mondes wirkte mürrisch.
    Sera hatte einiges über Profiler gelesen, nicht nur in Krimis, sondern auch in der Fachpresse. Angeblich konnten manche anhand des Tatorts oder der Leichenfundorte Rückschlüsse auf den Mörder, sein Profil, die Motive oder sonstige Umstände der Taten ziehen.
    Besaß auch Babicz diese Fähigkeiten? Wenn ja, was würde er in der Lagerhalle entdecken? Was, wenn er Spuren fand, die … Nein, daran darfst du nicht denken.
    Der Psychologe kam gähnend zu den Beamten zurück. »Jetzt würde ich mir gerne die Leiche ansehen.«

44
    Heutzutage glaubten die Leute, ein Profiler könne, indem er einen Tatort – oder auch nur den Fundort – einer Leiche betrachtet, den Hergang eines Verbrechens erklären. An dieser Vorstellung waren unsägliche Fernsehserien schuld. Natürlich war das völliger Unsinn. Wenn sogar schon die Kriminaltechniker mit ihrer Hightech-Ausrüstung Schwierigkeiten hatten, irgendwelche Spuren zu finden, wie sollte Robert dann mit bloßem Auge etwas erkennen?
    Missmutig verbrachte er die Fahrt auf dem Rücksitz des Passats. Auf den Straßen herrschte Chaos, weshalb Kriminalobermeister Gesing, der den Wagen lenkte, mehr als eine Stunde bis zum rechtsmedizinischen Institut der Charité brauchte.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte die Kommissarin, nachdem sie das Gebäude in Moabit unweit des Tiergartens betreten hatten.
    »Alles okay.«
    »Sie sehen blass aus.«
    »Muss an dem Licht liegen.« Robert nickte in Richtung der Neonröhren, die die weißen Fliesen im Gang erhellten.
    »Mhm«, machte Muth wenig überzeugt.
    »Nein, im Ernst«, korrigierte Robert mit einem dünnen Lächeln. »Der Jetlag macht mir zu schaffen. Seit meiner Rückkehr habe ich kaum geschlafen.«
    »Das kenne ich. Nach meinem Urlaub in Australien hat es auch drei Wochen gedauert, bis mein Körper sich wieder an die Zeitumstellung gewöhnt hatte.«
    »Drei Wochen?« Robert japste. »Jetzt machen Sie mir aber Hoffnung. Mein Bruder meinte, zwei Wochen wären üblich.« Er atmete aus. »Na ja, egal … Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, nach meiner Rückkehr etwas mehr Zeit bis zu meinem ersten Fall zu haben.«
    »Tut mir leid«, bedauerte Muth. Es klang aufrichtig.
    »Ist nicht Ihre Schuld.«
    »Ich weiß.« Die Kommissarin öffnete ihm die Tür zum Obduktionssaal. »Dr. Salm kann manchmal unerbittlich sein. Vor allem, wenn er mit seinem Schwager gesprochen hat.«
    »Seinem Schwager?«
    »Er ist der Polizeipräsident.«
    »Verstehe«, sagte Robert, dessen Unwohlsein sich beim Anblick der Metallbahren im Obduktionssaal verstärkte.
    Nur die Erschöpfung , beruhigte er sich. Und das schlechte Gewissen. Als er in den Streifenwagen gestiegen war, den Dr. Salm ihm zu seiner Wohnung geschickt hatte, war nicht einmal mehr genug Zeit geblieben, um das Gespräch mit Hagen zu einem ordentlichen Abschluss zu bringen. Was hatte sein Freund ihm mitteilen wollen?
    »Dr. Babicz!« Die Stimme von Dr. Wittpfuhl hallte durch den großen Raum. Der Gerichtsmediziner wusch sich gerade die Hände an einem Spülbecken. »Habe schon gehört, dass Sie wieder im Dienst sind. Wie war’s bei den Kollegen vom FBI?«
    »Lehrreich.«
    »Nun mal nicht so bescheiden. Meinen Glückwunsch zu dieser Sache mit dem Knochenmann.«
    »Sie wissen davon?«
    »Aber selbstverständlich.« Ein Strahlen erhellte Dr. Wittpfuhls gebräuntes Gesicht. »Ich war vor Kurzem beim Weltkongress der American Academy of Forensic Sciences in Seattle. Es gab kaum ein anderes Thema. Ihre Arbeit in diesem Fall wurde in den höchsten Tönen gelobt.«
    Robert bemerkte den Blick der Kommissarin. Sie wartete auf weitere Einzelheiten, doch er

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