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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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Tania konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen.
    Das Telefon kam Karrenbachers Erwiderung zuvor. Er nahm den Hörer ab und reichte ihn gleich darauf an Tania weiter. Es war Bodkema.
    »Die Polizei will dich sprechen«, sagte der Chefredakteur. »Es geht noch mal um gestern. Den jungen Lahnstein.«
    »Aber ich habe der Polizei doch schon alles gesagt.«
    »Das habe ich denen auch erklärt«, Bodkema schnaufte. »Es ist wohl auch nicht die Polizei selbst.«
    »Sondern?«
    Bodkema nannte ihr einen Namen.
    Im ersten Moment glaubte Tania, ihn nicht richtig verstanden zu haben. »Wer, sagtest du?«
    Er wiederholte den Namen. In Tanias Magen begann es zu brodeln. Auch das noch!
    Bodkema war ihre Reaktion nicht entgangen. »Soll ich ihm sagen, dass es dir nicht gut geht?«
    »Nein, kein Problem«, versicherte Tania.
    »Dann bring ich ihn zu dir.«
    Tania legte auf. Karrenbacher sah sie neugierig an. Schnell zupfte sie Fusseln von ihrem Blazer und strich ihn glatt. Schritte näherten sich. Sie legte sich einige Worte zur Begrüßung zurecht.
    Doch als sie sich umdrehte, war das Einzige, was sie über die Lippen brachte: »Du?«

57
    Mit wachsender Besorgnis verfolgte Sera den Schlagabtausch zwischen dem Staatsanwalt und Dr. Babicz. Sie musste an den … Wie hatte die amerikanische Presse den Killer getauft? Ja, sie musste an den Knochenmann denken. Plötzlich glaubte sie, das Pochen ihrer Prellung wieder bis hinauf in die Schläfen zu spüren.
    Der Psychologe stöberte in den Fotos des Gerichtsmediziners, bis er die richtigen Aufnahmen fand. »Werfen wir noch einmal einen Blick auf die Leiche. Dem Mann wurden die Füße zertrümmert. Das könnte ein Symbol sein für: Du kannst nicht wegrennen. Ihm wurden die Hände gebrochen: Du kannst dich nicht wehren. Diese Verletzungen sind grobschlächtig –und das höchstwahrscheinlich mit Absicht. Sie stehen stellvertretend für die Wut, die den Täter zur Tat antrieb. Nachdem er sein Opfer auf diese Weise hilflos gemacht hatte, häutete er es. Er hat den jungen Lahnstein quasi entblößt. Und warum entblößt man einen Menschen? Um ihm zu zeigen, dass man ihn kontrolliert. Dass man Macht über ihn besitzt.«
    »Macht über Frank Lahnstein?«, zweifelte Dr. Salm. »Einen jungen DJ?«
    »Vielleicht. Vielleicht aber auch über mehr als nur über seine eigene Person.«
    »Also über seine Familie, seinen Vater, den Innensenator«, zählte der Staatsanwalt auf. »Dann geht es also doch um Politik.«
    Babicz schüttelte den Kopf. »Finden Sie nicht auch, dass das alles viel zu groß und kompliziert für einen politischen Mord ist? Üblicherweise wird jemand, der aus politischen Beweggründen umgebracht wird, kurzerhand erstochen oder erschossen, meinetwegen auch in die Luft gesprengt, aber doch nicht auf diese Weise gefoltert. Und kein politischer Mörder verschleiert die Todesursache anschließend derart raffiniert. Sehen so gemeine politische Taten aus?«
    »Sie glauben also, es stecken andere Motive hinter diesem Verbrechen?« Dr. Salm stöhnte wehleidig.
    Sera lehnte sich zurück. Soll ich jetzt erleichtert sein? Mord bleibt Mord. Trotzdem war sie froh, mit niemandem über ihren Verdacht gesprochen zu haben. Nur ihre Brust bereitete ihr noch Schmerzen.
    »Ja und nein«, sagte der Psychologe. »Die Motive von Mördern, die derartige Taten begehen, entspringen nicht selten ebenfalls Wut oder Rachedurst. Allerdings meucheln sie nicht einfach drauflos, sondern folgen bei ihren Morden einem geschickt ausgearbeiteten Plan – so wie in diesem Fall.«
    »Oder wie beim Knochenmann«, fügte Dr. Wittpfuhl hinzu.
    »Wenn Sie so wollen.« Babicz stellte eine unglückliche Miene zur Schau, als würde ihm die Erwähnung des Namens nicht behagen.
    »Wer, zum Geier, ist denn nun schon wieder der Knochenmann?«, fragte Dr. Salm.
    Der Psychologe guckte noch gequälter. »In den USA war ich in die Ermittlungen an einem Fall von Häutungen involviert.«
    »Es war ein Serienkiller«, konkretisierte Dr. Wittpfuhl.
    »Ein Serienmörder?«, schnappten der Dezernatsleiter und der Staatsanwalt unisono entsetzt.
    »Er ist überführt worden und sitzt in Haft«, beschwichtigte Babicz.
    »Dennoch ist die Parallele erstaunlich – das waren Ihre Worte«, erinnerte Sera. »Handelt es sich also doch um einen Nachahmungstäter?«
    »Parallele? Nachahmungstäter? Halten Sie es etwa für möglich, dass dies der Auftakt zu einer Reihe von Morden ist?« Dr. Salm klang, als stünde er kurz vor einem

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