Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
Vom Netzwerk:
einiges über sie.
    Sein Blick fixierte ihre bordeauxroten Pumps, und er entsann sich des kleinen Rings, den sie früher an einem ihrer Zehen getragen hatte. Welcher Zeh es gewesen war, wollte ihm nicht mehr einfallen. Wohl aber, dass der Ring ein Souvenir aus dem gemeinsamen Urlaub in Ägypten gewesen war. Merkwürdig, dass er gerade jetzt daran dachte.
    »Ich arbeite an dem Fall Lahnstein«, sagte er.
    »Dazu hat man mich gestern doch schon ausführlich befragt.«
    »Ich weiß. Aber dabei ist leider etwas Wichtiges übersehen worden.«
    Ihr Körper spannte sich an. »Und das wäre?«

59
    »Was weißt du über diesen Knochenmann?«, fragte Gesing.
    Er steuerte den Passat über die Bismarckallee. Herrschaftliche Villen säumten die Prachtstraße, die das Promiviertel Grunewald in zwei Filetstückchen teilte. Gesings Tempo war der Umgebung angemessen beschaulich, fast behäbig.
    Sera legte das dünne Büchlein mit dem Stadtplan beiseite, in dem sie seit ihrem Aufbruch vom Präsidium ziellos geblättert hatte. »Nicht mehr als das, was in der Konferenz über ihn gesagt wurde.«
    »Und woher weißt du überhaupt von ihm?«
    »Er kam gestern schon zur Sprache.«
    »Hältst du es für möglich? Könnte es in unserem Fall auch ein …?«
    Sera ließ ihn nicht ausreden. »Du hast gehört, was Dr. Babicz gesagt hat. Es gibt keine Hinweise darauf.«
    Gesing bog in die Richard-Strauss-Straße. In einem der prächtigen Häuser, Sera wusste nicht genau in welchem, hatte seinerzeit Harald Juhnke gewohnt. Als sie es erwähnte, staunte ihr Kollege. »Alle Achtung!«
    »Und die Brahmsstraße ist durch Hildegard Knef berühmt geworden.« Sera deutete auf das Straßenschild, an dem sie vorbeifuhren.
    Gesing gab ein anerkennendes Pfeifen von sich, das sich mit dem fröhlichen Zirpen von Seras Handy mischte. Weil ihre Rippen immer noch schmerzhaft brannten, brauchte sie eine Weile, bis sie das iPhone aus der Jackentasche gekramt hatte.
    Blundermann hatte einige Informationen über die Journalistin zusammengetragen. »Tania Herzberg, geborene Bolt, ist achtundzwanzig Jahre alt. Seit dreieinhalb Jahren mit Ralf Herzberg verheiratet.«
    »Irgendwelche Auffälligkeiten? Oder Vorstrafen?«
    »Nein, nichts dergleichen. Ich habe ihren Namen mal gegoogelt. Unter Tania Bolt findet man noch eine Menge Berichte in der Online-Ausgabe und dem Archiv vom Tagesspiegel , bei dem sie bis vor drei Jahren gearbeitet hat. Seitdem ist sie beim Kurier , auch auf dessen Internet-Präsenz gibt es jede Menge Artikel von ihr unter Tania Herzberg. Ansonsten verschiedene Schnipsel auf unterschiedlichen Seiten, mal zu einem Seminar, mal zu einer Podiumsdiskussion. Privates über sie ist im Netz so gut wie gar nicht zu finden. Nur eine spärliche Biografie, die zu einem Workshop veröffentlicht wurde, an dem sie teilgenommen hat: geboren in Charlottenburg, Abitur, Studium der Wirtschafts- und Gesellschaftskommunikation an der Hochschule der Künste, danach ein Stipendium in London.«
    Sie beendeten das Gespräch, weil die Villa des Innensenators in Sicht kam. Das Grundstück, vor dessen Einfahrt Journalisten campierten, lag am Ende einer langen Reihe mit stolzen Herrenhäusern in der Hagenstraße.
    »Das passt ja«, erklärte Sera.
    »Was?«
    »Heinrich Himmler hat auch in der Hagenstraße gewohnt.«
    »Also, wirklich, was du alles weißt – erstaunlich!«
    »Warum? Dürfen Türken so etwas nicht wissen?«
    »So war das doch nicht gemeint«, beschwichtigte Gesing.
    »Sondern?«
    »Ich wollte damit … also …«
    Grinsend warf ihm Sera das kleine Buch mit dem Stadtplan in den Schoß. Dessen Anhang enthielt Wissenswertes über die verschiedenen Berliner Stadtbezirke und ihre Straßen.
    Lahnsteins Haus duckte sich unter ausladenden Tannen. Eine Mauer umgab das Anwesen, Kameras beäugten die Flächen rings um das Grundstück. Von dieser Umgebung aus ließ sich freilich Politik betreiben, die fern von der Realität in Neukölln oder Kreuzberg lag.
    »Haben Sie eine Spur?«, war die erste Frage, die Dr. Lothar Lahnstein den beiden Beamten stellte.
    »Deswegen sind wir hier.«
    »Kommen Sie herein.«
    Unter verschnörkeltem Deckenstuck verloren sich eine Biedermeier-Couchgarnitur und ein massiver Mahagonisekretär in dem weitläufigen Wohnzimmer. Folianten schmückten die Regale. In einem großen, schweren Holzrahmen an der Wand strahlte die Sonne über einem idyllischen Flusstal. Wenn Sera die Signatur richtig deutete, war das Bild ein echter Renoir. In seiner

Weitere Kostenlose Bücher