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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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Die Buchstaben des Textdokuments verschwammen zu einem chaotischen schwarz-weißen Muster, aus dem sich schließlich eine Frage formte. Du kennst diesen Dr. Babicz besser, oder? Die Antwort fiel ihr nicht leicht. Es gibt mehr als eine Antwort . Weshalb sie irgendwann aufgehört hatte, darüber nachzudenken.
    »Tania?« Eine Stimme drang in ihr Bewusstsein. Ihr Blick klärte sich. Bodkema stand neben ihr. Hinter ihm wartete Karrenbacher. »Alles in Ordnung?«
    »Natürlich.«
    »Du siehst fertig aus«, stellte der Chefredakteur fest.
    »Danke, sehr charmant von dir.«
    »Du solltest für heute Schluss machen. Und morgen bleibst du bitte auch zu Hause.«
    Sie schüttelte den Kopf, was ihr nicht nur die Strähne wieder ins Gesicht fallen ließ, sondern prompt den Kopfschmerz verstärkte. Sie kniff die Augen zusammen, aber das linderte die Pein nur mäßig.
    »Ruh dich aus«, sagte Bodkema.
    »Und wegen der S-Bahn-Sache«, meldete sich Karrenbacher, »mach dir mal keine Gedanken. Darum kümmere ich mich gerne.«
    Was Tania ihm aufs Wort glaubte. Spielte da nicht sogar ein Grinsen um seine Mundwinkel? Arschloch!
    »Komm, ich begleite dich nach unten«, schlug Bodkema vor.
    »Brauchst du nicht.« Tania klemmte die Haarsträhne wieder hinters Ohr und schulterte ihre Tasche.
    »Ich weiß, aber ich muss jetzt auch nach Hause.«
    »Ich dachte, du fliegst nach Monte Carlo?«, fragte Tania auf dem Weg zu den Aufzügen.
    »Der Flug geht erst um halb elf. Vorher bin ich mit meiner Tochter noch zum Abendessen verabredet.«
    Sie schwiegen, während der Fahrstuhl sie ins Erdgeschoss trug. Als Tania aussteigen wollte, griff Bodkema nach ihrem Arm. »Mach dir keinen Kopf wegen der Sache.«
    »Wieso sollte ich?«, gab sie süffisant lächelnd zurück. »Hans-Peter kümmert sich doch gerne um die S-Bahn-Story.« Und wird danach munter verbreiten, dass ich es vergeigt habe.
    »Ich meinte den Posten als Ressortleiterin«, sagte Bodkema. »Du bist für den Posten vorgesehen, weil ich glaube, dass du dafür geeignet bist. Und ich will, dass du weißt, dass ich meine Entscheidung nicht revidieren werde, nur weil du gerade eine schwierige Phase durchmachst.«
    »Das ist nett, aber ich möchte nicht, dass man denkt …«
    »Blödsinn, das geht auch wieder vorbei.«
    »Ja«, sagte Tania. Trotzdem wird man denken, dass ich …
    »Nimm die nächsten Tage frei, erhol dich, und dann starte mit neuer Kraft durch. Wie klingt das?«
    »Gut.«
    »Soll ich dich nach Hause fahren?«, erbot sich Bodkema.
    »Bis zur Französischen Straße? Quatsch, ich laufe. Außerdem wird mir ein bisschen frische Luft guttun.« Tania eilte davon.
    Draußen ging die Sonne langsam unter. Der lange Schatten des Fernsehturms fiel wie ein schwarzer Balken quer über den Alexanderplatz.
    Tania lief gen Westen, kreuzte die Karl-Liebknecht-Straße zur Marienkirche, wo sie den Anblick des dichten, frischen Grüns genoss, das rings um den Neptunbrunnen spross. Ein Kleinkind planschte mit seinen Füßen in der Wasserfontäne, während sich Touristen auf den Bänken ringsum von den Strapazen des Sightseeings erholten.
    Tania atmete tief ein, und die Verspannung in ihrem Nacken löste sich ein wenig. Sie kramte die Zigarettenschachtel aus ihrer Handtasche und entzündete eine Lucky Strike. Der herbe Geschmack brachte noch mehr Entspannung.
    Rauchend bog sie in die Rathausstraße. Junge Pärchen schlenderten ins Steakhaus an der Ecke zum Nikolaiviertel. An der Baustelle am Schlossplatz herrschte weniger Betrieb. Nur vereinzelt erklang ein helles Lachen – dann hörte sie Schritte hinter sich.
    Tania warf einen Blick über die Schulter, aber da war niemand. Du hast dich geirrt! Sie lief weiter. Das Staatsratsgebäude war ins Zwielicht des anbrechenden Abends getaucht, gegen das die Straßenlaternen, die hier weit voneinander entfernt standen, nur mühsam etwas ausrichten konnten. Die Schatten behagten ihr nicht. Die Schritte, die immer näher kamen, noch viel weniger.
    Abrupt warf Tania die Zigarette in den Rinnstein und drehte sich um. Natürlich war da kein Verfolger, nur Roberts Stimme in ihrem Kopf. Möglicherweise ist jemand wütend auf dich, weil du Berichte über ihn verfasst hast . Blödsinn! Sie rief sich zur Ordnung. Dreh jetzt nicht durch!
    Trotzdem beschleunigte sie ihre Schritte und eilte der Brücke am Kupfergraben entgegen. Als sie sie zur Hälfte überquert hatte, vernahm sie erneut das Klappern auf dem Asphalt, bedrohlich nahe diesmal.
    Im selben Moment erkannte sie

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