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Kalte Herzen

Kalte Herzen

Titel: Kalte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Kopf klickte und surrte die Maschine. Sie versuchte nachzudenken, versuchte, sich an den Unfall zu erinnern.
    Sie wußte noch, daß sie in ihren Wagen gestiegen und auf die Mautstraße gefahren war. Von da an hatte ihre Erinnerung einen Riß. Der Unfall selbst war eine völlige Erinnerungslücke.
    Doch die Ereignisse, die dazu geführt hatten, kamen ihr langsam wieder zu Bewußtsein.
    Als die Computertomographie beendet war, hatte sie genug Erinnerungsbruchstücke zusammengesetzt, um zu wissen, was sie zu tun hatte, wenn sie am Leben bleiben wollte.
    Als der Techniker sie wieder auf die Liege hob, zeigte sie sich still und kooperativ – so kooperativ, daß er ihre Handgelenke nicht fixierte, sondern nur den Gurt über ihrer Brust festzog.
    Dann rollte er sie in den Vorraum des Röntgenzimmers.
    »Die von der Notaufnahme kommen Sie hier wieder abholen«, erklärte er. »Wenn Sie mich brauchen, rufen Sie einfach. Ich bin gleich nebenan.«
    Durch die offene Tür hörte sie ihn telefonieren. »Ja, CT hier.
    Wir sind soweit fertig. Dr. Blaise guckt sich die Aufnahmen gerade an. Kommen Sie sie abholen?«
    Lautlos löste Abby den Brustgurt. Als sie sich aufrichtete, fing der Raum an, sich zu drehen. Sie preßte die Hände gegen die Schläfen, bis ihre Sicht klar war.
    Die Infusion.
    Sie riß das Pflaster von ihrem Arm und zog mit schmerzverzerrtem Gesicht den Katheter heraus. Salzlösung tropfte aus dem Schlauch auf den Boden. Sie ignorierte die Salzlösung und konzentrierte sich statt dessen darauf, den Blutfluß aus ihrer Vene zu stoppen. Eine Sechzehner-Kanüle hinterläßt ein großes Loch. Obwohl sie es notdürftig verklebte, sickerte weiter Blut aus der Wunde. Doch darum konnte sie sich jetzt nicht kümmern. Sie waren schon unterwegs, um sie zu holen.
    Sie stieg von der Liege und landete mit den Füßen in einer Lache aus Salzlösung. Nebenan säuberte der Techniker den Untersuchungstisch. Sie konnte das Rascheln von Kreppapier und das Scheppern des Mülleimers hören.
    Abby nahm einen Laborkittel von einem Haken an der Tür und zog ihn über ihr Krankenhausnachthemd. Allein diese Anstrengung schien all ihre Kraft zu kosten. Sie versuchte nachzudenken, versuchte, durch den weißen Nebel aus Schmerzen zu sehen, als sie auf die Tür zuging. Ihre Beine fühlten sich schwer an, als ob sie durch Treibsand waten würde.
    Sie stieß die Tür auf.
    Der Flur war leer.
    Noch immer wie durch Treibsand watend, bewegte sie sich den Flur hinunter, wobei sie sich immer wieder an der Wand abstützen mußte. Sie bog um eine Ecke. Am Ende des Flures leuchtete ein Notausgang-Schild. Sie taumelte darauf zu und dachte: Wenn ich es bis zu dieser Tür schaffe, bin ich in Sicherheit.
    Irgendwo weit hinter sich, so kam es ihr vor, hörte sie Stimmen.
    Dann eilige Schritte.
    Sie stemmte sich gegen die Notausgangstür und trat in die Nacht. Der Alarm ging los. Abby rannte unvermittelt los, stürzte panisch in die Dunkelheit. Sie stolperte über die Bordsteinkante auf den Parkplatz. Glasscherben und kleine Steine schnitten in ihre nackten Füße. Sie hatte keinen Fluchtplan, kein Ziel; sie wußte nur, daß sie hier wegmußte.
    Sie hörte Stimmen in ihrem Rücken, die etwas riefen.
    Abby schaute sich um und sah drei Sicherheitsleute aus dem Eingang der Notaufnahme kommen.
    Sie duckte sich hinter einen Wagen – zu spät. Sie hatten sie schon entdeckt.
    Abby rappelte sich auf und rannte wieder los, doch ihre Beine wollten ihr nicht gehorchen. Sie taumelte geduckt zwischen den parkenden Wagen weiter.
    Die Schritte ihrer Verfolger näherten sich aus zwei Richtungen gleichzeitig.
    Sie wandte sich nach links und zwängte sich zwischen zwei geparkten Wagen hindurch.
    Doch dann hatten sie sie umzingelt. Ein Wachmann packte ihren linken Arm, der andere ihren rechten. Sie schlug und trat um sich, versuchte, sie zu beißen.
    Aber jetzt waren sie zu dritt und zerrten sie zurück in die Notaufnahme. Zurück zu Dr. Wettig.
    »Die werden mich umbringen!« schrie sie. »Lassen Sie mich los! Die bringen mich um!«
    »Niemand wird Ihnen etwas zuleide tun, meine Dame.«
    »Sie verstehen nicht. Sie verstehen nicht!«
    Die Türen der Notaufnahme glitten auf. Abby wurde in das Licht geschleift, auf eine Liege gedrückt und festgeschnallt, obwohl sie sich nach Kräften wehrte.
    Über ihr tauchte das weiße und angespannte Gesicht von Dr. Wettig auf. »Fünf Milligramm Haldol intramuskulär«, befahl er.
    »Nein!« kreischte Abby. »Nein!«
    »Kommen Sie, beeilen Sie

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