Kalte Schulter, Heißes Herz
brachte. Und Flavia wollte sich diese Frage auch gar nicht stellen. Lieber verdrängte sie alles bis auf das unerwartete Vergnügen, Leons Geliebte zu sein. Es war wunderbar, erregend und über alle Maße erfüllend.
Doch dann fielen ihr praktische Gründe ein, weswegen ein spontaner Urlaub schwierig werden könnte. Fragend sah sie ihn an. „Ich habe meinen Reisepass gar nicht dabei.“
Das schien für Leon keine Schwierigkeit darzustellen. „Ich werde einen Kurier schicken und ihn direkt zum Flughafen bringen lassen. Wollen wir nicht mal Spontaneität beweisen und gleich morgen früh aufbrechen?“
Ihre Augen wurden immer größer. Konnte alles tatsächlich so einfach und unproblematisch sein?
Es konnte. Ein Anruf vom Foyer des Hotels aus genügte. Flavia sprach persönlich mit dem Kurierdienst und beschrieb, wo genau in Harford der Pass abgeholt werden sollte. Inzwischen kontaktierte Leon seine Sekretärin wegen der Terminplanänderungen und der kurzfristigen Reisevorbereitung. Jetzt musste Flavia nur noch Mrs Stephens erklären, warum sie ihren Pflegedienst verlängern sollte.
„Ein Urlaub ist genau das, was Sie ganz dringend brauchen“, stimmte die freundliche Pflegerin zu. „Ich bleibe gern hier, solange Sie meine Dienste in Anspruch nehmen möchten. Machen Sie sich da mal nicht die geringsten Sorgen!“
Erleichtert legte Flavia auf, obwohl ein letzter Zweifel blieb, ob sie wirklich so selbstsüchtig sein und mit Leon durchbrennen durfte. Als er sie jedoch in seine Arme schloss, umgab sie wieder dieses magische Gefühl von absoluter Verbundenheit, und alle Skepsis war verflogen. Wenigstens für diesen kleinen gestohlenen Zeitraum wollte sie ihm, wohin auch immer, folgen!
Auf dem Weg nach Santera machten sie einen Zwischenstopp in Palma. Dort aßen sie zu Mittag, und Flavia blieben noch gute zwei Stunden, um sich in den Boutiquen mit Strandklamotten und Bikinis zu versorgen.
Jetzt aber war ihre Anreise beendet, und die pure Idylle erwartete das frischgebackene Liebespaar. Waren sie überhaupt ein Liebespaar? Das würde sich bestimmt zeigen. Erst einmal zählten weder die Vergangenheit noch die Zukunft. Flavia wollte sich einzig dem Augenblick hingeben, zumindest dieses eine Mal im Leben.
Sie wollte sich Leon hingeben.
Weder die Sorge um ihre pflegebedürftige Großmutter noch die Abneigung gegen den eigenen Vater durften dem in die Quere kommen – ansonsten war diese einmalige Chance verloren.
Nachdem Leon die Koffer geöffnet hatte, zog er die Bikinis hervor, die sich Flavia in Palma ausgesucht hat. „Ich kann mich gar nicht entscheiden, in welchem du verlockender aussiehst“, murmelte er.
Sie nahm ihm beide aus den Händen. „Ich werde dich überraschen!“ Lachend verschwand sie im Badezimmer, das direkt an den großen Schlafraum grenzte.
„Das hast du schon“, flüsterte er mehr zu sich selbst und sah ihr nach. Seine Augen bekamen einen warmen Ausdruck.
Es verwunderte Leon sehr, wie diese ungewöhnliche Frau es geschafft hatte, ihn so schnell um den Finger zu wickeln. In ihren Armen bekam er weiche Knie, und ihr Lächeln faszinierte ihn immer wieder aufs Neue. Kaum zu glauben, wie steif und abweisend sie sich anfangs gegeben hatte. Ständig hatte sie ihn auf Abstand gehalten oder ihn mit einem einzigen schlagfertigen Satz abgekanzelt. Aber die alte Flavia war verschwunden, und die neue war … eine echte Offenbarung!
Als sie wenige Minuten später im Bikini vor ihm stand, fehlten Leon die Worte. Zwar wusste er genau, wie perfekt ihre Figur war, ihr Anblick überraschte ihn dennoch: entzückend, anziehend und unendlich verführerisch.
Eilig zog er seine Badehose an, packte Handtücher, Sonnencreme und Sonnenbrillen zusammen, und nur Minuten später waren sie schon auf dem Weg zum Strand.
„Wettrennen bis zum Wasser!“, rief Flavia übermütig und rannte los, dicht gefolgt von Leon. Kurz darauf ließen sie sich in das seichte türkisfarbene Wasser fallen, und Flavia drehte sich auf den Rücken. Wellen umspülten ihr Gesicht und ihre Haare, und die Sonne wärmte ihre Haut. „Das ist der Himmel“, seufzte sie und grub ihre Füße tief in den weichen hellen Sandboden.
Diesen Satz sollte sie noch oft über die Lippen bringen. Er passte zu beinahe jeder Einzelheit ihrer entspannten Ferientage … ebenso wie zu den Nächten. Es war in der Tat himmlisch, durch das milde Meerwasser zu gleiten, auf der schattigen Veranda in weich gepolsterten Korbmöbeln herumzulümmeln oder den
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