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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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wahrzunehmen. Sie merkte, dass sie plötzlich zitterte.
    Wo ist Joe?, überlegte sie. Er muss sich sofort beim Haus der Logues mit mir treffen.

Vierunddreißigstes Kapitel
    Als sie im Talgrund einen Bach kreuzten und in den Wald fuhren, schaltete Joe sein Handy aus und stellte das Funkgerät leise. Die Seitenfenster des Pick-ups waren unten, damit er und Nate ein besseres Gefühl für die Umgebung bekamen. Joe fuhr langsam und mit fast unhörbar schnurrendem Motor. Er wollte möglichst lautlos auf den Zeltplatz gelangen.
    Sie passierten ein braunes Schild der Forstverwaltung, das mit den Jahren durch gezielte Schüsse und Schrotflintensalven fast unleserlich geworden war. »Pick Pike Campground« war mit Mühe darauf zu entziffern.
    Zwischen den Bäumen war es dunkel und feucht, und es roch nach verrottendem Laub und Holz. Hellgelbe Pappelblätter bedeckten die weiche, schwarze Erde. Sonnenlicht stach in Schäften durch die Kronen und traf auf dem Boden zu Strahlenkränzen zusammen.
    Nate wies auf den Waldweg vor ihnen. »Frische Spuren.«
    Joe nickte. Auch er hatte sie bemerkt. Selbst die spitzen Eindrücke des Reifenprofils waren noch gut sichtbar.
    Romanowski hielt seine .454er Casull mit zu Boden gerichteter Mündung in der Rechten. Joe hatte seine .40er Beretta auf dem Sitz neben dem Oberschenkel bereitliegen. Seine Hände waren vor Aufregung eiskalt, sein Atem ging zitternd und flach, und er biss die Zähne so fest zusammen, dass sie schmerzten.
    Ehe der Weg zum Zeltplatz abbog, passierten sie den verrosteten Metalltisch, der zum Ausnehmen der Fische diente. Daneben befand sich eine Stelle, wo man Boote zu Wasser lassen konnte. Sie waren schon daran vorbei, als Joe vorsichtig hielt. Dieser Geruch gehört nicht hierher, dachte er.

    Möglichst leise öffnete er die Tür und näherte sich der Anlage. Auch Nate stieg aus, ging aber ans Ufer. Der Tisch zum Ausnehmen der Fische war alt und einfach; es handelte sich nur um eine metallene Arbeitsplatte auf Beinen aus Winkeleisen, die mit einem Hahn, aus dem Flusswasser kam, gereinigt werden konnte. Gewöhnlich stanken solche Tische nach den Eingeweiden und Köpfen von Fischen, ja nach verrottenden Skeletten, falls die Angler die Forellen filetierten und den Rest liegen ließen. Von diesem Tisch jedoch schlug Joe der stechende Geruch eines scharfen Reinigungsmittels entgegen.
    Tatsächlich war er geschrubbt worden; in der Mitte war ein Abfluss, dessen Rohr unterirdisch in den Fluss führte.
    Entweder haben hier ungewöhnlich reinliche Angler ihre Fische ausgenommen, überlegte Joe, oder der Tisch hat einem anderen Zweck gedient.
    Sein Magen krampfte sich zusammen.
    Er blickte auf und sah, dass Nate ihn energisch ans Ufer winkte.
    Auf dem Weg dorthin hatte er eine Übelkeit verursachende Ahnung, was er entdecken würde.
    Nate bückte sich und wies auf das Rohr, das gut zehn Zentimeter unter der Wasseroberfläche in den Fluss führte. Ein weißes Band hatte sich an einem Zweig verfangen und trieb in der Strömung. Nate machte das Band los und legte es auf seine Hände, damit sie es sich ansehen konnten.
    Es war Menschenhaut, weiße Menschenhaut. An der Unterkante war dunkelblaue Schablonenschrift zu erkennen, drei waagrechte Striche hintereinander. Trotz seines Horrors begriff Joe, worum es sich handelte.
    »Mein Gott«, flüsterte er. »Das ist der obere Teil dreier Buchstaben: T-E-E.«

    Er sah Nate an. »›ABDUCTEE‹. Das war auf Deenas Unterleib tätowiert. Dieser Saukerl hat ihr die Haut abgezogen!«

    Jetzt war Joe zornig. Ob Frust, Verwirrung oder nackte Angst, als sie ins Tal hinunterfuhren: Alles, was er bisher empfunden hatte, verwandelte sich in Wut.
    »Lass ihn uns aufspüren und umbringen«, knurrte er auf dem Weg zum Pick-up über die Schulter zu Nate, klappte den Fahrersitz nach vorn und zog seine Schrotflinte aus der Gewehrtasche. Sie war noch immer mit großkalibriger Munition geladen.
    Romanowski folgte ihm. »Beruhige dich, Joe.«
    »Ich bin ruhig.« Er presste die Lippen zusammen. Er dachte an Deena, Nicht-Ike, Tuff Montegue und Stuart Tanner. Cleve Garrett hatte nichts als Chaos in sein Tal gebracht.
    »Lass uns kurz darüber reden«, sagte Nate.
    Joe lud die Flinte durch.
    »Wir brauchen eine Strategie«, beharrte Romanowski. »Also mach mal Pause.«

    Cleve Garretts Airstream-Wohnwagen war noch an seinen Pick-up gekoppelt und stand auf dem fünften und letzten Stellplatz. Zwischen den dunklen Bäumen sah er aus wie ein dickes, poliertes

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