Kalte Spur
mitzunehmen? Dann fiel der Groschen, und sofort wurde ihm vor Sorge beinahe übel.
»Alles in Ordnung?«
Doch Joe hatte sich bereits umgedreht und rannte das Ufer hoch zu seinem Pick-up. Als er die Tür aufriss, rief er zu Jack hinunter: »In welche Richtung sind sie gefahren?«
Der Angler wies nach Westen, in die Berge.
Joe sprang ins Führerhaus, riss das Steuer herum, wendete mit quietschenden Reifen und fuhr wieder auf die Brücke zurück, wobei er das Geländer um ein Haar mit der Stoßstange abrasierte.
Dreiunddreißigstes Kapitel
Joe beschleunigte auf der Bighorn Road und schnappte sich sein Funkgerät. »Cleve Garrett hat einen Mann namens George Easter alias Nicht-Ike Easter gekidnappt«, rief er ins Mikro, nachdem er auf die Notfallfrequenz geschaltet hatte. »Bitte alle nach einem Geländefahrzeug mit Airstream-Wohnwagen Ausschau halten …«
Dann beschrieb er Zugmaschine, Trailer und Nicht-Ike, so gut er konnte.
Es dauerte einen Moment, ehe hektischer Funkverkehr zwischen der Polizei von Saddlestring, den Hilfssheriffs und der Autobahnpolizei losbrach. Alle wollten wissen, was los war, und erbaten Details. Hilfssheriff McLanahan klagte, seine Schicht sei gerade zu Ende und er habe sich ein Abendessen im Schnellrestaurant gönnen wollen. Dann fragte er, wie man »ikonoklastisch« buchstabiert.
Wie erwartet, klingelte Joes Handy sofort.
Ein deutlich bestürzter Hersig war am Apparat. »Was ist los, Joe? Was machen Sie? Alle sind in Aufruhr wegen einer Sache, die Sie gerade durchgegeben haben.«
»Ein Mann, bei dem es sich um Cleve Garrett handeln dürfte, hat Nicht-Ike vom Fluss weggelockt und irgendwohin gebracht«, erklärte Joe. »Zuletzt wurde er auf dem Weg in die Berge gesichtet.«
»Cleve Garrett?«, rief Hersig. »Cleve Garrett? Was ist mit Eric Logue? Was den angeht, habe ich eine Nachricht von Portenson bekommen.«
»Keine Ahnung!«, rief Joe wütend zurück. »Vielleicht war Garrett es ja von Anfang an!«
»Mann«, erwiderte der Bezirksstaatsanwalt, »womöglich
hat er Nicht-Ike einfach nur an einen anderen Angelplatz mitgenommen.«
»Nein«, entgegnete Joe, »denn die Dinge nehmen langsam Gestalt an, und keine gute. Wegen seiner albernen Theorien hat niemand von uns Garrett ernst genommen, vor allem ich nicht. Tatsache ist aber, dass er sich in Montana aufhielt, als die ersten Rinderverstümmelungen gemeldet wurden. Und bei den toten Kühen in Saddlestring war er wieder in der Nähe. Dann hat er seine Zelte plötzlich abgebrochen und ist verschwunden, hat sich also offenkundig aus dem Staub gemacht. Bisher konnte ich nicht ermitteln, warum, und glaubte, es hätte mit Deena zu tun. Wahrscheinlich aber hat er angenommen, dass wir, nein, dass ich ihm auf die Spur gekommen bin.«
»Wieso sollte Garrett dann nach Saddlestring zurückkehren und seine Festnahme riskieren?«, fragte Robey. »Und warum hat er sich ausgerechnet Nicht-Ike gegriffen?«
»Der hat uns von zwei Männern in einer Gasse hinter dem Maklerbüro Logue erzählt und sie gruselig genannt. Erinnern Sie sich an diese Stelle in den Akten?«
»Dunkel. Ich hatte der Sache keinen Glauben geschenkt.«
»Ich auch nicht. Aber jetzt denke ich, dass Nicht-Ike der einzige Zeuge ist. Vielleicht kann er die Täter sogar identifizieren.«
Hersig hielt inne. »Wer außer uns weiß, was er gesagt hat?«
»Cam Logue.«
»Warum sollte ausgerechnet der davon wissen?«
»Weil ich es ihm in seinem Büro erzählt habe.«
»Oh nein …«
»Tja«, gab Joe zurück. »Es muss eine Verbindung zwischen Cam und Garrett geben. Ich weiß noch nicht, welche, aber für mich ist das die einzig denkbare Erklärung.
Nicht-Ike sagte, er habe zwei Leute in der Gasse hinter dem Maklerbüro gesehen. Garrett war der eine, Cam Logue vermutlich der andere. Nachdem ich Cam verließ, muss er bei Garrett angerufen und ihm davon erzählt haben.« Joe trat sich im Geiste dafür in den Hintern, so dumm gewesen zu sein. Falls Nicht-Ike deswegen etwas passierte, würde er sich das nie verzeihen.
»Beruhigen Sie sich, Joe«, erwiderte Robey. »Wir wissen nicht mal sicher, dass Cam daran beteiligt ist. Nicht-Ike hat sicher auch anderen davon erzählt. Heute Morgen haben Sie mir berichtet, Logue habe mit dem Ganzen nichts zu tun, und jetzt sind Sie plötzlich überzeugt, dass er mit Garrett unter einer Decke steckt?«
»Vergessen Sie, was ich da gesagt habe, Robey«, entgegnete Joe hitzig. »Ich mag mich täuschen, doch falls ich recht habe, ist Nicht-Ike in
Weitere Kostenlose Bücher