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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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an, als hätte er sie danach gefragt. »Sie haben all die alten Sachen wieder in ihm aufsteigen lassen. Ich glaube, er hat versucht, sich an seiner Vergangenheit zu rächen.«
    Joe nickte. »Könnte es sein, dass Eric ihm zu helfen versucht hat? Indem er die Grundstückspreise in den Keller gehen ließ, damit Cam die Ranch zurückkaufen konnte?«
    Marie sah zu Boden. »Das glaube ich nicht. Ich denke, er hat erst am letzten Morgen erfahren, dass Eric in der Gegend war. Wirklich.«
    Sie sah auf. »Etwas anderes will ich nicht denken.«

    Je länger die Ereignisse zurücklagen, desto mehr rückte Cam Logues Tod für Joe in den Vordergrund. Es tat ihm weh, sich an ihn zu erinnern. Er bedauerte ihn und den Gang der Dinge zunehmend. Cam war das Produkt grausamer, verdrehter und liebloser Eltern, die zwei Kinder gehabt hatten: einen ausgemachten Schurken und einen emotionalen Vollwaisen. Dennoch hatte Cam versucht, aus sich und seiner Familie etwas zu machen. Er war sehr fleißig und, soweit Joe wusste, bis zum Schluss ein guter Ehemann und Vater gewesen. Ähnlich wie Joe, dessen Eltern sich auf Alkohol und Vernachlässigung verlegt und ihren Kindern viel zu wenig Orientierung gegeben hatten, war Cam ohne Leitlinien unterwegs gewesen. Er brauchte den Halt von Marie wie Joe den von Marybeth. Unter
ihrer Führung hatte er am Gemeindeleben teilgenommen, Preise und Auszeichnungen gewonnen und die verdiente Anerkennung bekommen. Seine Zweifel, Enttäuschungen und offenen Ängste waren gut versteckt gewesen. Leider hatte er seine Ängste Marie, die ihm vielleicht hätte helfen können, wohl nicht anvertraut. Letztlich hatte er nicht so sehr sie betrogen, als vielmehr zugelassen, dass tief in ihm Vergrabenes wieder zum Vorschein kam.
    Cam hatte sich der Gier schuldig gemacht und zu verzweifelt für Frau und Tochter ein besseres Zuhause und ein besseres Leben schaffen wollen, als er selbst es gehabt hatte. Er war kein Verbrecher von Natur und kein hemmungs- und prinzipienloser Geschäftemacher, sondern seiner Sehnsucht erlegen, die Dinge in Ordnung zu bringen und seine Geschichte umzuschreiben. Doch dann war seine Vergangenheit wieder aufgetaucht, in Gestalt eines ramponierten alten Pick-ups aus South Dakota.
    Joe glaubte, den wahren Cam Logue an dem Tag, da er ihn im Maklerbüro zur Rede gestellt hatte, kurz erkannt zu haben. Was er da gesehen hatte, war nicht der selbstbewusste Geschäftsmann gewesen, sondern ein unsicherer, verbitterter Mensch, der tief in einen Plan verstrickt war, der ihm über den Kopf wuchs.

    Trey Crump hatte Joe am Telefon erschreckende und beunruhigende Neuigkeiten überbracht. »Kaum zu glauben«, sagte er, »aber Sie hatten recht mit dem Funkhalsband. Es war uralt und nach Auskunft der Bärenforscher schon seit dreißig Jahren ausgemustert. Wir haben nicht die leiseste Ahnung, wie es in den Schäferwagen kam.«
    Joe dachte darüber nach, und sein Verstand geriet ins
Schwimmen. »Das Band war dort, weil der Grizzly es verloren hat, Trey.«
    »Die Forscher sagen, das ist unmöglich, Joe. Ein Bär kann nicht dreißig Jahre lang mit einem Band herumlaufen, das nie ein Signal ausschickt, und in deinem Revier erwacht der Sender wieder zum Leben. Den Wissenschaftlern zufolge ist die einzig plausible Möglichkeit, dass der Schäfer das Halsband gefunden hat.«
    Joe dachte an den zerstörten Wagen und den Bärengeruch darin.
    »Auf keinen Fall«, stammelte er verwirrt.
    Trey räusperte sich. »Und jetzt wird es erst wirklich seltsam, Joe. Der bösartige Grizzly aus dem Yellowstone Park wurde nämlich schon letzten Monat bei Meeteetse von so einem Schießwütigen abgeknallt. Das Tier ist nie bis in die Bighorns gekommen.«
    »Was?«
    »Der Kerl hat ihn erschossen, ihm das Fell abgezogen und das Funkhalsband zerstört. Wir hätten nie davon erfahren, wenn er den Pelz nicht zu einem Tierpräparator in Cody gebracht hätte, um sich einen Kaminvorleger daraus machen zu lassen. Der Präparator rief mich an, und der Täter hat heute Nachmittag gestanden. Wir haben sogar den Kadaver und die Reste des Halsbands gefunden.«
    Joe war fassungslos.
    »Hier war ein Bär, Trey. Ich hab seine Spur entdeckt. Ich hab gesehen, wie er einen toten Cowboy zugerichtet hat.«
    »Das muss wohl ein anderer gewesen sein«, erwiderte sein Vorgesetzter wenig überzeugend.
    Es kostete Joe einiges an Beherrschung, Trey nicht von dem Bären zu erzählen, mit dem Nate »kommuniziert« hatte, doch das hätte Romanowski und ihm selbst eine

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