Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
in Helena kennengelernt, wusste nichts von seiner Vergangenheit und interessierte sich auch nicht dafür. Er hatte seinen Bruder nie erwähnt. Eines allerdings war ihr klar: dass er ihr genau zu dem Zeitpunkt gesandt worden war, da sie ihn am meisten brauchte. Er wusste Dinge, die sie zu lernen hoffte, und pflegte intimen Umgang mit anderen Wesen, deren Verbindung zu den Menschen er war. Das jedenfalls sagte er ihr, und sie sah keinen Grund, ihm zu misstrauen.
    Sollte Cleve tatsächlich der Verstümmler sein, dann habe er nur Befehle ausgeführt.
    Ja, sie habe ihm erlaubt, Experimente an ihr durchzuführen. Für sie sei das nicht anders als tätowiert oder gepierct zu werden. Allerdings sei sie ein bisschen sauer auf ihn gewesen, als er die Oberkante ihres »ABDUCTEE«-Tattoos weggeschnitten habe. Und ja, sie wisse, dass Cleve ihre Haut an dem Tisch entsorgt habe, auf dem die Angler ihre Fische ausnehmen. Das habe er ihr erzählt.
    Sie habe die Ereignisse im Wohnwagen am Tag der Erschießung von Sani Bob ganz überwiegend verschlafen. Cleve habe ihr ein Schmerzmittel gegeben, und das habe sie umgehauen. Die Schreie vom vorderen Ende des Wohnwagens seien auf jenseitige Weise schrecklich gewesen, doch sie habe gedacht, sie träume nur.
    Trotz allem liebe sie Cleve Garrett weiterhin. Und wichtiger noch: Sie glaube noch immer an ihn.
    Hersig berichtete all dies mit zittriger Stimme. Als er fertig war, meinte er: »Ich brauch jetzt ’ne Dusche.«

    Sheriff Barnum behauptete, nicht die leiseste Ahnung gehabt zu haben, was Cam hinsichtlich der Bodenrechte auf der Ranch im Schilde führte. Er gab allerdings zu, er habe das Anwesen als Alterssitz erwerben wollen. Joe glaubte ihm, wusste aber, dass Barnum sich bei den Ermittlungen aus allem herausgehalten und dem Verfall der Grundstückspreise zugesehen hatte, ohne den Mitgliedern der Arbeitsgruppe sein Immobilieninteresse zu offenbaren. Der Sheriff hatte also insgeheim von der öffentlichen Wahrnehmung profitiert, das Tal sei »verhext«. Das ließ Joe und Hersig annehmen, Barnum sei womöglich daran gelegen gewesen, die Verbrechen nicht so rasch aufzuklären, doch das konnten sie nicht beweisen.
    Dennoch sprach sich der Landverkauf, zu dem es nie gekommen war, ebenso in Saddlestring herum wie Barnums Interessen dabei. Die Kaffeetrinker im Schnellrestaurant überlegten sogar, ein Bürgerbegehren zur Abberufung des Sheriffs auf den Weg zu bringen. Soweit Joe wusste, wurde dieser Vorschlag allerdings nicht weiterverfolgt. Zweifellos allerdings hatte Barnums Ansehen gelitten, und er hatte kaum Chancen, erneut gewählt zu werden. Das mache ihm aber nicht viel aus, erklärte der Sheriff im Roundup, da er ohnehin geplant habe, sich zur Ruhe zu setzen. Es seien gute sechsundzwanzig Jahre gewesen.

    Zum zwanzigsten Mal seit den Ereignissen auf dem Pick-Pike-Zeltplatz saß Joe gedankenverloren in seinem Büro. Die Jagdsaison war so gut wie vorbei, und der Winter stand vor der Tür. In seinem Posteingangskorb türmten sich die Unterlagen. Bereits zum drittem Mal hintereinander hatte er versäumt, den Wochenbericht für Trey Crump zu schreiben. Die Verstümmelungen hatten natürlich aufgehört. Portenson war
wieder in Cheyenne und die Arbeitsgruppe Mord und Verstümmelungen war mangels Daseinszwecks aufgelöst worden.
    Doch für Joe war der Fall noch nicht erledigt, und zwar nicht nur, weil Eric Logue weiter auf freiem Fuß war. Es gab zu viele unbeantwortete Fragen.
    Nate Romanowski war so gut wie verschwunden und hatte lediglich eine knappe Nachricht auf Joes AB hinterlassen: »Joe, ich hatte recht. Es gibt einen Grund für das Auftauchen des Bären. Er ist nur ein Gefäß, ein Mittler. Er wird nur so lange hier sein, wie es nötig ist.«
    Als die Suche nach Dr. Eric Logue schließlich an Erfolgsaussichten und Dringlichkeit verlor, gab es nur noch ein glaubwürdiges Szenario:
    Als in den 1970er Jahren die erste Welle von Rinderverstümmelungen im Mittleren Westen durch die Nachrichten ging, war Eric ein Kind gewesen. Das Ganze war ihm also nicht fremd. Vielleicht hatte sich seine Faszination und Begeisterung für eine paranormale Erklärung dieser Verbrechen schon damals entwickelt.
    In seinem Wahn war Eric Logue zu der Überzeugung gelangt, es sei seine Aufgabe, Lebewesen zu töten, zu entstellen und Trophäen zu sammeln. Er glaubte, dazu von anderen aufgefordert worden zu sein, oder hatte sich irgendwie davon überzeugt, die Stimmen, die er hörte, durch diese Handlungen

Weitere Kostenlose Bücher